| # taz.de -- Berliner Olympia-Bewerbung: Fünf Ringer ringen um fünf Ringe | |
| > Berlin präsentiert mit vier anderen Bundesländern ein gemeinsames | |
| > Bewerbungskonzept für die Olympischen Spiele. Gegner des Projekts | |
| > machen bereits mobil. | |
| Bild: Traumhafte Bilder: Sportsenatorin (3. v. r.) und Regierender (2. v. r.) i… | |
| Berlin taz | Berlin bewirbt sich um die Olympischen Spiele 2036. Oder 2040. | |
| Oder 2044. So genau wollen sich Senatschef Kai Wegner (CDU) und die | |
| Regierungsvertreter:innen aus Brandenburg, Sachsen, | |
| Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein am Dienstag bei der | |
| Vorstellung des gemeinsamen Bewerbungskonzepts „Berlin+“ nicht festlegen. | |
| Und auch ansonsten bleibt vieles vage beim gemeinschaftlichen Auftritt im | |
| Olympiastadion. | |
| Olympia nach Berlin zu holen, sei eine Chance, glaubt Wegner: „Für den | |
| Sport, für Berlin, für Deutschland.“ Denn die Spiele könnten etwas | |
| „Besonderes“ auslösen, das habe er auch in Paris gesehen. Von Olympia in | |
| Paris will das Fünf-Länder-Bündnis im geplanten Hauptaustragungsort Berlin | |
| deshalb lernen. | |
| Denn, so Wegner, die Spiele hätten dort eines geschaffen: Zusammenhalt | |
| „trotz kritischer Stimmen am Anfang“. [1][Auch Innen- und Sportsenatorin | |
| Iris Spranger (SPD) glaubt das.] „Es gab in Paris bis zum letzten Tag viel | |
| Skepsis. Als es dann losging, wollte keiner mehr skeptisch sein.“ | |
| Die möglicherweise schwerwiegenden sozialen und ökologischen Folgen der | |
| Großveranstaltung blieben am Dienstag unerwähnt. Vielmehr ging es um die | |
| vermeintliche Nachhaltigkeit. Denn nachhaltig solle Olympia in Berlin auf | |
| jeden Fall werden, sagt Wegner: „Wenn das Olympische Feuer erloschen ist, | |
| müssen die Folgen mindestens 20 Jahre nachhalten.“ | |
| ## Kletteranlage auf dem Tempelhofer Feld | |
| Ein großer Teil der benötigten Sportstätten bestehe bereits, so Iris | |
| Spranger. Beim Konzept „Berlin+“ gehe Sanierung vor Neubau. Und: Viele | |
| Sportstätten sollen nur temporär aufgebaut werden. Zusammen mit diesen | |
| Pop-up-Plätzen und den bestehenden Sportanlagen komme man auf 90 Prozent | |
| der benötigten Sportstätten, sagt Spranger. So solle vorhandener Platz | |
| sinnvoll und eben „nachhaltig“ genutzt werden. Auf dem Tempelhofer Feld | |
| etwa will sie eine Kletteranlage sehen. | |
| Ein Schlüsselprojekt wäre demnach das Olympische Dorf an der Messe Berlin | |
| im Westen der Stadt. Nach den Spielen sollen dort 2.500 Wohneinheiten für | |
| bezahlbares Wohnen zur Verfügung stehen. „Ökologisch, sozial, ökonomisch�… | |
| Das soll das inoffizielle Motto sein. | |
| Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) singt unterdessen das Loblied | |
| auf die Investitionen. „Jeder in den Sport investierte Euro hat einen | |
| riesigen sozialen Return, wie ich es aus keinem anderen Politikfeld kenne“, | |
| sagt Schuster. Und was kostet die Welt? Im Berliner Haushalt stehen derzeit | |
| 500.000 zur Verfügung, um für die Hauptstadt als Austragungsort zu werben, | |
| freut sich Spranger. „Wir müssen die Menschen für Olympia begeistern“, | |
| fordert Wegner. | |
| Der Regierende spricht sich bei der Gelegenheit auch noch einmal explizit | |
| [2][für eine Olympia-Austragung 2036] aus – 100 Jahre nach den Berliner | |
| Nazispielen. Auf Jahreszahlen, beteuert Wegner, komme es ihm aber nicht an: | |
| „Wir wollen Olympische Spiele, ich mache das nicht an Zeitfenstern fest.“ | |
| Welche Sportstätten die Politiker:innen für mögliche Olympische und | |
| Paralympische Spiele im Sinn haben, ließen sie bei dem Jubeltermin offen. | |
| „Berlin+“ bleibt damit vorerst nur ein Zeichen des Haben-Wollens. | |
| Der regionale Wirtschaftsspitzenverband UVB ist trotzdem schon jetzt ganz | |
| aus dem Häuschen und schwärmt von zu erwartenden „traumhaften Bildern“. | |
| Berlin dürfe sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen. „Entscheidend | |
| wird sein, auch die Berlinerinnen und Berliner für diesen Traum zu | |
| gewinnen“, sagt UVB-Chef Alexander Schirp. | |
| ## Nolympia kündigt Volksbegehren an | |
| Doch wie sich das gehört für Berlin: Die Gegner:innen der Träume stehen | |
| längst bereit. Pünktlich zum länderübergreifenden Statement im | |
| Olympiastadion erklärte das Bündnis Nolympia Berlin, ein Volksbegehren | |
| gegen die Austragung der Spiele zu starten. Mit dabei: die Grünen, die | |
| Linke, der SPD-Nachwuchs Jusos, der Naturschutzbund, die Naturfreunde | |
| Berlin. | |
| Für einen erfolgreichen Antrag auf ein Volksbegehren müssen 20.000 gültige | |
| Unterschriften nachgewiesen werden. In einem zweiten Schritt müssten dann | |
| etwa 170.000 Berliner:innen gegen das Vorhaben abstimmen. Dann kommt es | |
| zum Grande finale – einem Volksentscheid. | |
| Das Nolympia-Bündnis kritisiert nicht zuletzt die mit der Ausrichtung | |
| verbundene „finanzielle Gigantonomie“. Berlin stehe beim Schul- und | |
| Nachwuchssport schlecht da, schaffe es nicht mal, seine maroden | |
| Sportanlagen für den Breitensport in Schuss zu bringen – meint aber | |
| zugleich, „schuldenträchtige Großevents“ an Land ziehen zu müssen. | |
| Dem IOC mit seinem „undurchsichtigen Geschäftsgebaren“ geben die | |
| Bündnispartner in einer gemeinsamen Erklärung noch einen Gruß aus der Küche | |
| mit: „Wir wollen das IOC nicht in unserer Stadt.“ | |
| ## Albtraum Olympia – schon in den 90ern | |
| Name und Sound des Bündnisses erinnern nicht von ungefähr an die breite | |
| Bewegung gegen die Bewerbung Berlins für Olympia 2000 in den 90er Jahren. | |
| Auch damals träumte sich ein schwarz-roter Senat die Stadt richtig groß, | |
| auch damals begriffen viele Berliner:innen die Aussicht auf Olympia vor | |
| allem als Albtraum. | |
| Zur offiziellen Übergabe der Berliner Unterlagen im Januar 1993 im | |
| schweizerischen Lausanne hatten die Gegner:innen eine Videobotschaft | |
| vorbereitet: [3][An deren Ende warnte ein Punk mit einem Pflasterstein vor | |
| den Folgen einer IOC-Entscheidung für Berlin mit den Worten: „We will wait | |
| for you.“] Die Spiele gingen dann nach Sydney. Berlin war bereits in der | |
| ersten Runde ausgeschieden. | |
| „Unser Steuergeld ist bei Sportvereinen besser aufgehoben als beim IOC“, | |
| sagt [4][Klara Schedlich, die sportpolitische Sprecherin der | |
| Grünen-Fraktion]. Zugleich widerspricht sie dem immer wieder | |
| heruntergebeteten Argument von der unglaublichen „Stadtrendite“, die mit | |
| sportlichen Großereignissen verbunden sei. Dass die „nicht automatisch | |
| positive Effekte“ bringen, habe die Fußball-EM 2024 gezeigt: „Der | |
| versprochene Kunstrasen wurde zur Hälfte weggeworfen, die Hotelauslastung | |
| war schwach.“ | |
| 27 May 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Marco Fründt | |
| Rainer Rutz | |
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