# taz.de -- Protesttag für Menschen mit Behinderung: Auch Feiern ist voller Ba… | |
> Bei der Demonstration am Brandenburger Tor wird unter anderem mehr | |
> kulturelle Teilhabe gefordert. Clubs verweisen oft auf Denkmal- oder | |
> Brandschutz. | |
Bild: Selten läuft Feiern für Menschen mit Behinderung so rund wie die Platte… | |
Berlin taz | Über Lautsprecher ertönten am Montagmittag vor dem | |
Brandenburger Tor die Beastie Boys: „Fight For Your Right To Party“. | |
Anlässlich des Europäischen Protesttags zur Gleichstellung von Menschen mit | |
Behinderungen versammelten sich Vertreter:innen zahlreicher | |
Sozialverbände; rund 300 Menschen forderten mehr [1][Barrierefreiheit] im | |
Alltag. Mit dabei war auch die Initiative Barrierefrei Feiern, die sich für | |
kulturelle Teilhabe einsetzt. Denn auch in der Veranstaltungsbranche werden | |
Menschen mit Behinderungen noch immer ausgegrenzt. | |
„Der Zugang zu Konzerten, Festivals oder Clubs ist für Menschen mit | |
Behinderungen nach wie vor stark eingeschränkt“, sagte Drees Ringert, | |
Sprecher der Initiative. Oft scheitere es schon an grundlegender | |
Infrastruktur, etwa an fehlenden barrierefreien Toiletten oder nicht | |
vorhandenen ebenerdigen Eingängen, die Rollstuhlfahrer:innen den | |
Zutritt erschweren. Das verstößt gegen das in der | |
UN-Behindertenrechtskonvention verankerte Recht auf [2][kulturelle | |
Teilhabe]. | |
Forderungen der rund 50-köpfigen Initiative auf Einhaltung dieses | |
Grundrechts werden von Clubbetreiber:innen häufig mit Denkmal- oder | |
Brandschutzauflagen abgewehrt. Ringert sieht darin vorgeschobene Argumente. | |
„Diese Regelungen dienen leider viel zu oft als Ausrede, um keine | |
Investitionen tätigen zu müssen.“ Sicherheit müsse selbstverständlich | |
gewährleistet sein, aber das sei auch barrierefrei möglich. | |
Neben der politischen Arbeit unterstützt die Initiative Veranstaltende auch | |
praktisch. Die gemeinnützige Beratungsagentur Wir kümmern uns, der | |
organisatorische Arm der Initiative, begleitet Clubs und Festivals bei der | |
Umsetzung barrierefreier Infrastruktur, wobei der ganze Prozess von der | |
Ticketbeschaffung bis zur Abreise analysiert werden. Schon beim ersten | |
Schritt beginne die Ausgrenzung, wie Ringert erklärt. Viele Websites seien | |
nicht screenreaderfreundlich, spezielle Tickets für | |
Rollstuhlfahrer:innen oft nur über schwer erreichbare Hotlines | |
erhältlich. Gerade bei schnell ausverkauften Events sei das eine deutliche | |
Benachteiligung. | |
Die Initiative blickt auch aus der Perspektive von Künstler:innen mit | |
Behinderungen auf die Kulturlandschaft. „Bands mit behinderten Mitgliedern | |
haben oft gar nicht die gleichen Chancen, aufzutreten und dadurch bekannt | |
zu werden“, sagt Ringert. So fehle es etwa an barrierefreien Bühnen oder | |
Backstagebereichen – oder bereits an einer zugänglichen Anreise zum | |
Veranstaltungsort. Es brauche ein grundsätzliches Umdenken, auch auf | |
politischer Ebene. | |
## Kulturelle Inklusion fehlt im Koalitionsvertrag | |
Hierauf zielte auch der Europäische Protesttag am Montag. Dominik Peter, | |
Vorstand des [3][Paritätischen Wohlfahrtsverbands] Berlin und | |
Pressesprecher des Protests, sieht nun die neue Regierung in der Pflicht. | |
Sie müsse das angekündigte 500-Milliarden-Infrastrukturpaket „intelligent | |
für mehr Barrierefreiheit einsetzen“, sagte er auf Anfrage der taz. | |
In puncto Inklusion verspricht der [4][Koalitionsvertrag] einige | |
Verbesserungen. So möchte die Regierung etwa die Barrierefreiheit sowohl im | |
privaten als auch im öffentlichen Bereich angehen, sowie ein ein | |
Bundeskompetenzzentrum für Leichte Sprache und Gebärdensprache aufbauen. | |
Peter mahnt aber auch dazu, die Erwartungen nicht zu hoch zu schrauben. | |
„Bereits andere Koalitionsverträge blieben dem Wähler schlussendlich viele | |
Punkte schuldig“, so Peter. | |
Im Bereich kulturelle Inklusion fehlen im Vertrag konkrete Maßnahmen. | |
Ringert schlägt vor, dass Fördermittel für Kultureinrichtungen künftig an | |
Barrierefreiheitsstandards geknüpft werden. Diese Standards müssten | |
gemeinsam mit Menschen mit Behinderungen entwickelt werden. Denn: „Es darf | |
nicht sein, dass Menschen ohne Behinderung über Menschen mit Behinderung | |
entscheiden.“ | |
5 May 2025 | |
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## AUTOREN | |
Kai Vogt | |
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