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# taz.de -- Tanzperformance in Berlin: „Lets keep playing, until we get it ri…
> In ihrem Solo „GRIT“ verbindet Milla Koistinen Tanz, Sport und
> gesellschaftliche Resilienz. Was trägt die konzentrierte Choreografie der
> Ausdauer?
Bild: Das gelbe Segel wird Partner und Gegner der performenden Choreografin
Konzentration, Körperspannung und Durchhalten. Ausholen, hinfallen und
aufstehen. Wie in Trance bewegt sich Milla Koistinen mit absolutem Fokus
durch den Raum, deutet mit fließenden Bewegungen eine Sportart nach der
anderen an. [1][Über Boxen, Speerwurf, Kugelstoßen und Hochsprung ist alles
dabei]. Wiederholen, andeuten, abbrechen. In diesem Tanz sind keine Härte,
keine Ecken, kein Rucken, trotzdem ist jede Bewegung voll Klarheit und
Stärke.
[2][In „GRIT (for what it’s worth)“ beschäftigt sich die finnische
Choreografin] mit Ausdauer und Resilienz. Daraus ist ein kraftvolles Solo
entstanden, in dem Milla Koistinen kunstvoll Sport und Performance-Kunst
miteinander verknüpft – denn Tanz ist schließlich beides.
Beides ist körperliche Arbeit und beides lässt sich vor dem Hintergrund von
Durchhaltevermögen auf unsere krisengeschüttelte Gesellschaft übertragen.
Berlinpremiere war am 16. Mai in den Uferstudios.
Ein riesiges gelbes Segel ist das einzige Requisit auf der ansonsten leeren
Bühne. Zunächst auf dem Boden rechteckig gefaltet, entwickelt es sich mit
der Zeit zum Partner wie auch Gegner der Künstlerin. [3][Mit bedachten und
hochkonzentrierten Bewegungen] faltet sie es erst auf, um es doch wieder
vor dem Körper zusammenzuraufen, bis es schließlich an zwei von der Decke
hängenden Haken befestigt und aufgezogen wird. Wie ein Lichtblick hängt
diese gelbe Fläche nun im Raum, neben dem Milla Koistinen ganz klein wirkt.
## Ein Duett zwischen Tänzerin und Segel
Es entfaltet sich nun ein Duett zwischen Tänzerin und Segel, in dem die
Rollen immer wieder verschwimmen. Milla Koistinen hängt sich in das
Material, wird so von ihm gehalten, schwingt sich herum, legt es um ihre
Schultern wie ein Superman-Cape. Das Segel hält, stützt und pusht sie,
leuchtet als Zielobjekt und Lichtblick am Ende des Tunnels.
Gleichzeitig leistet es Widerstand, ist somit auch Gegner. Es ist sichtbar,
wie viel körperliche Kraft nötig ist, um mit ihm so zu interagieren. Das
gelbe Segel ist eine starke Metapher für das Ziel wie auch den Weg dahin
und spiegelt im Zusammenspiel mit der Tänzerin zum einen die Ausdauer und
Entschlossenheit, zum anderen das Kämpfen und die Hürden wider.
Stimmungstechnisch gibt es nach der Hälfte etwa einen Bruch. Dieser wird
vor allem durch eine Veränderung des großartigen Sounds von Paul Valikoski
und Grégoire Simon deutlich, der bisher hypnotisch und antreibend, bis zum
heroisch-dramatischen, immer wieder gemischt mit Stadiongeräuschen, durch
die Performance getragen hat.
## Der Herzschlag untermalt das Kippen
Dieser kippt irgendwann in eher stressig-elektronische Sounds, untermalt
von einem Herzschlag. Damit ändern sich auch die Bewegungen von Milla
Koistinen: Sie werden härter, beinahe verzweifelt, ihr Blick geht dabei
direkt ins Publikum. Ihre Mimik ist über den ganzen Abend hinweg genauso
Bestandteil der Performance, die jede Bewegung noch intensiver macht und
ebenso viel Fokus zeigt.
In diesem Teil wird die Kehrseite sichtbar, die harte körperliche und
psychische Arbeit, die Ausdauer und Resilienz verlangt. Der Druck, dem man
standhalten muss. Das Zusammenspiel von Bewegungen, Mimik und Sound
entwickelt von Beginn an einen hypnotischen Sog. Die Performance wirkt so
wie ein Rennen, ein Wettkampf vielleicht, bei dem der Fokus nicht verloren
gehen darf.
Milla Koistinen gelingt es gekonnt einen Bogen von Sport zu Kunst zu
unserer Gesamtgesellschaft und damit den Krisen dieser Welt zu spannen. Die
Ausdauer und Resilienz, die nötig ist, um in einem Bereich zu bestehen,
Widerstand zu leisten und Hindernisse zu überwinden, lassen sich auf den
anderen direkt übertragen. Und welch harte Arbeit das ist, dürfte nach
diesem Performanceabend allen im Publikum bewusst geworden sein.
18 May 2025
## LINKS
[1] /Theaterstueck-ueber-weibliche-Wut/!6074652
[2] https://millakoistinen.com/
[3] /Ballett-Winterreise-in-Berlin/!6084581
## AUTOREN
Greta Haberer
## TAGS
Tanz
Tanzen
Berlin Kultur
Choreografie
Bühne
Theater
Staatsballett
Zeitgenössischer Tanz
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