Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Fehlende Integrationskultur: Soziale Isolation vertreibt Zugewander…
> Ständig geht es um Einwanderung, aber viele Zugewanderte verlassen
> Deutschland auch wieder. Eine neue Studie hat die Gründe untersucht.
Bild: Zwischen 2015 und 2022 kamen über 12 Millionen Menschen nach Deutschland…
Berlin taz | Wie viele Menschen nach Deutschland einwandern, wird breit
diskutiert – wie viele wieder gehen, hingegen kaum. Dabei sind das nicht
wenige: Zwischen 2015 und 2022 kamen laut Friedrich-Ebert-Stiftung über
zwölf Millionen Menschen nach Deutschland, doch über sieben Millionen
kehrten dem Land auch wieder den Rücken. Die Gründe dafür hat die Stiftung
[1][in einer Studie untersucht], die am Mittwoch veröffentlicht wurde.
Der zentrale Befund: Deutschland wird selten aus rein wirtschaftlicher
Motivation verlassen. „Vielmehr sind es soziale Isolation, bürokratische
Hürden, Diskriminierungserfahrungen oder mangelnde Aufstiegsmöglichkeiten,
die dazu führen, dass Deutschland als nicht langfristig lebenswert
empfunden wird“, heißt es in der Studie. Häufigster sogenannter
Push-Faktor, der sie zum Wegzug bewog, war laut Befragten das Gefühl, sich
nicht zuhause zu fühlen. An zweiter Stelle stand die Unzufriedenheit mit
dem sozialen Leben, gefolgt vom Gefühl, nicht willkommen zu sein.
Die grundsätzliche Tendenz habe sie nicht überrascht, schreibt Franziska
Loschert, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Friedrich-Ebert-Stiftung, auf
Nachfrage der taz, „wohl aber die Deutlichkeit, mit der sich diese
bestätigt hat“. Soziale Isolation erweise sich als ein wesentlicher Faktor
für Abwanderung. Das stelle „grundlegende Fragen an die
[2][Integrationsfähigkeit] und gesellschaftliche Offenheit in Deutschland“,
so Loschert.
Bemerkenswert ist: Diese psychosozialen Aspekte spielten für die Befragten
bei der Entscheidung zur Einwanderung zunächst kaum eine Rolle.
Ausschlaggebend waren vielmehr berufliche oder bildungsbezogene Motive.
Befragt wurden für die Studie vorwiegend hochqualifizierte Fachkräfte, die
Stichprobe ist somit nicht repräsentativ.
Doch im Verlauf des Aufenthalts gewinnen psychosoziale Gründe offenbar
zunehmend an Gewicht – und das, obwohl laut Studie viele der Befragten
positive Erfahrungen im Arbeitsleben gemacht haben. „Das verdeutlicht, dass
auf eine erfolgreiche [3][Arbeitsmarktintegration] nicht automatisch
soziale Teilhabe folgt, wie oft angenommen wird“, schreiben die
Studienautor:innen. Nicht zuletzt sind es aber auch sogenannte
Pull-Faktoren in anderen Ländern, die für den Wegzug aus Deutschland
entscheidend sind, etwa Jobangebote im Ausland sowie familiäre Gründe.
## „Rückgewinnungsstrategie“ gefordert
Die Autor:innen zeigen auch zwei Handlungsfelder auf, um der Abwanderung
entgegenzuwirken und dem [4][Fachkräftemangel] zu begegnen. Einerseits soll
soziale Teilhabe von der Politik und Arbeitsmarktakteuren bei der
Einwanderung aktiv gefördert werden, konkret könnte hier die Erarbeitung
„eines umfassenden Willkommens- und Bleibekonzepts“ helfen.
Andererseits wird für eine „Rückgewinnungsstrategie“ plädiert, um die
Abgewanderten wieder gezielt zurückzuholen. Immerhin würden 40 Prozent der
Befragten über eine Rückkehr nach Deutschland nachdenken, heißt es in der
Studie. Solche rückgewanderten Fachkräfte, die bereits mit Deutschland
vertraut sind, würden ein wertvolles Potenzial darstellen, sagt Joana Marta
Sommer, Referentin für Migration und Integration bei der
Friedrich-Ebert-Stiftung, der taz. „Sie sollten gezielt angesprochen und
eingebunden werden.“
Für die Studie wurden insgesamt 416 Personen befragt, 67 Prozent davon
kommen aus Europa, davon etwa 40 Prozent aus Nicht-EU-Staaten. Die größte
Gruppe innerhalb der Stichprobe nannte die Türkei als Herkunftsland.
30 Apr 2025
## LINKS
[1] https://library.fes.de/pdf-files/a-p-b/22043.pdf
[2] /Kurzstudie-zu-Auswanderung-wegen-AfD/!6035089
[3] /Studie-zu-Gefluechteten-auf-Arbeitsmarkt/!6005361
[4] /Arbeitskraeftemangel-der-Landwirtschaft/!6066481
## AUTOREN
Kai Vogt
## TAGS
Arbeitsmarkt
Integration
Migration
Arbeitsmigration
Friedrich-Ebert-Stiftung
Migration
Migration
Fleischindustrie
Volkswirtschaft
Schwerpunkt Flucht
## ARTIKEL ZUM THEMA
Hessische Ausländerbehörden: Arbeit faktisch eingestellt
Ausländerbehörden können seit März keine Sicherheitsprüfungen mehr
durchführen – und so keine Aufenthaltstitel erteilen. Eine Recherche von
FragDenStaat und taz.
Aufnahmeprogramm Afghanistan: Gründlich durchleuchtet
Carsten Linnemann behauptet, schutzbedürftige Personen aus Afghanistan
seien nicht sicherheitsüberprüft. Eine Anfrage zeigt: So einfach ist es
nicht.
Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit: Weniger Ausbeutung in der Fleischindu…
Die neuen Regeln für die Branche, die für unzumutbare Bedingungen bekannt
ist, zeigen Wirkung. Alle Probleme sind aber noch nicht gelöst.
Kurzstudie zu Auswanderung wegen AfD: Goodbye (Ost-)Deutschland
Der Erfolg der AfD macht vielen Menschen mit Migrationshintergrund Angst
und sie überlegen, ab- oder auszuwandern. Was heißt das für Ostdeutschland?
Deutsche Asylpolitik: Geflüchtete lindern Fachkräftemangel
2015 flohen über eine Million Syrer nach Deutschland. Die Wirtschaft
stünde ohne sie viel schlechter da, sagt Andrea Nahles, Chefin der
Bundesagentur für Arbeit.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.