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# taz.de -- Hessische Ausländerbehörden: Arbeit faktisch eingestellt
> Ausländerbehörden können seit März keine Sicherheitsprüfungen mehr
> durchführen – und so keine Aufenthaltstitel erteilen. Eine Recherche von
> FragDenStaat und taz.
Bild: Wegen technischer Probleme sind Hessens Ausländerbehörden kaum arbeitsf…
Frankfurt am Main taz | Seit über zwei Monaten können Hessens
Ausländerbehörden keine Aufenthaltstitel mehr erteilen. Betroffen sein
könnten mehrere tausend Menschen, die etwa ihr Studium oder ihre
Arbeitsstelle nicht antreten dürfen. Grund sind technische Probleme an den
Schnittstellen zwischen dem Bundesverwaltungsamt (BVA) und dem
Online-Sicherheitsprüfungssystem (OSiP) Hessen.
[1][Das geht aus einem Schriftverkehr aus dem hessischen Innenministerium]
hervor, der der Online-Plattform FragDenStaat und der taz exklusiv
vorliegt. Auf Anfrage der taz räumte das hessische Innenministerium ein,
dass neben Hessen auch Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Hamburg
betroffen seien.
Wenn bei einer Ausländerbehörde ein Antrag auf Erteilung oder Verlängerung
eines Aufenthaltstitels oder eine Duldung gestellt wird, muss die
Ausländerbehörde Daten zum Antragsteller an verschiedene
Sicherheitsbehörden wie das Bundesamt für Verfassungsschutz, das
Bundeskriminalamt, die Bundespolizei oder den Bundesnachrichtendienst
übermitteln. Diese überprüfen dann, ob gegen den Antragsteller
sicherheitsrelevante Bedenken bestehen. Wird ein Aufenthaltstitel erteilt
oder verlängert, müssen die Ausländerbehörden den Sicherheitsbehörden zudem
mitteilen, wie lange dieser gültig ist.
Doch genau dieser entscheidende Prozess kann laut dem Schriftverkehr,
[2][den FragDenStaat nun veröffentlicht], seit dem 12. März hessenweit
nicht mehr durchgeführt werden. Die Probleme bei der Schnittstelle seien
auf deren Modernisierung zurückzuführen, heißt es demnach. Seitdem seien
beispielsweise alle Entscheidungen über unbefristete Aufenthaltstitel, etwa
Niederlassungserlaubnisse, zwischen dem 12. und 18. März verloren gegangen.
Eine Liste dieser verlorenen Daten habe das Ministerium nicht, diese
Entscheidungen müssten erneut übersendet werden. Um weiteren Datenverlust
zu vermeiden, sei die Schnittstelle deshalb außer Betrieb genommen worden.
Laut hessischem Innenministerium musste „eine bisher nicht verifizierte
Anzahl von Sicherheitsabfragen“ für das gesamte Land Hessen erneut gestellt
werden.
Das hessische Innenministerium erinnerte in der vergangenen Woche alle
Ausländerbehörden in Hessen noch einmal daran, vor Ausgang der
Sicherheitsabfrage keine Aufenthaltstitel zu erteilen. Dass keine
Sicherheitsbedenken vorliegen, sei eine der Voraussetzungen für die
Erteilung.
## „Die Folgen sind erheblich“
Laut einer Mail aus dem Mai ist das Bundesverwaltungsamt dafür zuständig,
die Schnittstelle bald wieder zu aktivieren. Auf eine Anfrage der taz
antwortet das Amt jedoch bis zum Redaktionsschluss weder, bis wann das
Problem behoben sein wird, noch welche konkreten IT-Probleme vorliegen.
Das hessische Innenministerium berichtet der taz, dass „eine kurzfristige
Öffnung der Schnittstelle durch technische Sicherungsmaßnahmen in dieser
Woche erörtert“ werde. Danach würden aufgelaufene Fälle Schritt für Schri…
übermittelt und geklärt. Die Öffnung der Schnittstelle erfolge am heutigen
Dienstag, so eine Sprecherin auf Anfrage. Die technischen Experten aus
Hessen, Nordrhein-Westfalen und vom Bundesverwaltungsamt entwickelten mit
den Dienstleistern einen technischen Workaround, um eine „zeitnahe,
vorübergehende“ Lösung zu schaffen.
Die anhaltende Störung belastet offenbar auch die Ausländerbehörden sowie
auch die Antragsteller*innen. Ein Mitarbeiter einer Ausländerbehörde
berichtet der taz, dass die Schnittstelle weiterhin nicht funktioniere. Die
Ausländerbehörden ganz Hessens seien „überfordert und stark belastet“, so
der Mitarbeiter.
Dies habe auch Folgen für die Antragsteller*innen: Für mehrere Tausend
Menschen verzögere sich etwa der Studienbeginn, der Arbeitsantritt oder die
Familienzusammenführung. „Das belastet auch die Menschen stark“, so der
Mitarbeiter. Die Behörde könne den Antragsteller*innen kaum
erfreuliche Nachrichten geben, da die Wartezeit ohnehin schon „mehrere
Monate bis zu einem Jahr“ betrage.
## Stetig steigende Beschwerden
Auch im Schriftverkehr äußern Mitarbeiter*innen der hessischen
Ausländerbehörden gegenüber dem Innenministerium Kritik: Ein Mitarbeiter
einer Ausländerbehörde schreibt beispielsweise, dass der Umgang mit der
Schnittstelle „einen zwischenzeitlich nicht mehr darstellbaren
Kommunikations- und Koordinationsaufwand“ verursache. Die Ausländerbehörde
sei nicht mehr in der Lage, „ihre gesetzliche Aufgabe wahrzunehmen“. Man
bitte daher um Übergangslösungen, um trotzdem handlungsfähig zu bleiben.
Auch die Marburger Ausländerbehörde fordert „eine zügige Lösung“. Seit …
sei es nicht möglich, bestimmte aufenthaltsrechtliche Anträge abschließend
zu bearbeiten. Die Folgen seien erheblich: Antragsteller*innen
warteten seit Wochen auf eine Entscheidung über ihren Aufenthaltstitel. Die
Zahl der Beschwerden und Nachfragen nehme stetig zu und führe zu einer
erheblichen Zusatzbelastung des Personals. Um Betroffenen dennoch eine
rechtlich abgesicherte Aufenthaltsgrundlage zu bieten, stelle die Behörde
„vermehrt Fiktionsbescheinigungen“ aus – vorläufige Aufenthaltstitel.
„Während das BVA selbst von den Auswirkungen kaum direkt betroffen ist,
tragen die Ausländerbehörden vor Ort und insbesondere die ausländischen
Antragstellerinnen und Antragsteller die Hauptlast dieser Situation“, so
ein Mitarbeiter der Ausländerbehörde.
## Probleme seit langem bekannt
Das Bundesinnenministerium (BMI) äußerte sich auf Anfrage nicht dazu, ob
unterlassene Sicherheitsmaßnahmen zu einer potenziellen Gefährdungslage
führen könnten.
Das hessische Innenministerium stuft die Gefahr auf Anfrage „als gering“
ein. Polizei und Justiz haben Mitteilungspflichten an die
Ausländerbehörden, „sodass in jedem Einzelfall Mitteilungen über
Strafermittlungen und Ausgang eines Verfahrens an die Ausländerbehörden zu
übermitteln sind“.
Keine Angaben kann das Ministerium dazu machen, wie viele Anträge derzeit
hessenweit nicht bearbeitet werden können.
Probleme bei den hessischen Ausländerbehörden sind seit langem bekannt. So
reichte die [3][Commerzbank beispielsweise Ende 2022] eine
Dienstaufsichtsbeschwerde wegen Untätigkeit gegen die Frankfurter
Ausländerbehörde ein, nachdem ein Mitarbeiter freigestellt werden musste.
Dieser hatte acht Monate lang vergeblich auf die Verlängerung seines
Aufenthaltstitels gewartet.
Das zentrale Problem ist die unzureichende personelle Ausstattung bei
gleichzeitig hoher Zahl an Antragsteller*innen: Im vergangenen Jahr meldete
die Frankfurter Ausländerbehörde über 14.000 unbearbeitete Anträge bei
insgesamt rund 100.000 eingereichten Anträgen. Ende 2024 stellte die
Behörde sieben zusätzliche Mitarbeitende ein, um die rund 160 Beschäftigten
zu entlasten. In Hessen gibt es insgesamt 31 Ausländerbehörden. Laut
Ausländerzentralregister leben in Hessen rund 1,3 Millionen
Ausländer*innen.
27 May 2025
## LINKS
[1] https://fragdenstaat.de/dokumente/271387-e-mails-zu-technischer-stoerung-be…
[2] https://fragdenstaat.de/dokumente/271387-e-mails-zu-technischer-stoerung-be…
[3] https://www.fr.de/frankfurt/commerzbank-beschwert-sich-ueber-frankfurter-au…
## AUTOREN
Yağmur Ekim Çay
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