# taz.de -- Kurzstudie zu Auswanderung wegen AfD: Goodbye (Ost-)Deutschland | |
> Der Erfolg der AfD macht vielen Menschen mit Migrationshintergrund Angst | |
> und sie überlegen, ab- oder auszuwandern. Was heißt das für | |
> Ostdeutschland? | |
Bild: Fast ein Viertel der Befragten mit Migrationshintergrund denkt darüber n… | |
Berlin taz | Nach den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen denken | |
Menschen in Ostdeutschland darüber nach, Deutschland oder das Bundesland zu | |
verlassen. Grund dafür ist der Aufstieg der AfD. Das hat das Deutsche | |
Institut für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) in einer | |
Kurzstudie herausgefunden. Für die Studie mit dem Titel „Angst, Ablehnung | |
und Abwanderungspläne: Die gesellschaftlichen Folgen des Aufstiegs der AfD“ | |
wurden rund 3.000 Menschen befragt. | |
„Die Studie zeigt, dass die AfD keine breite ideologische Unterstützung | |
hat“, sagte die DeZIM-Forscherin und Leiterin des Bereichs Konsens und | |
Konflikt, Sabrina Zajak, bei der Vorstellung der Ergebnisse am Freitag in | |
Berlin. | |
Der Bielefelder Konfliktforscher Andreas Zick ergänzte, die Studie zeige | |
aber auch eine Spaltung in der Gesellschaft. AfD-Sympathisant:innen | |
stimmten dem [1][rechtsradikalen Konzept einer Massenumsiedlung] im klaren | |
Gegensatz zu allen anderen Gruppen mehrheitlich zu. Diese Stimmung erzeuge | |
Angst. | |
Fast ein Viertel der Befragten mit Migrationshintergrund denkt darüber | |
nach, Deutschland zu verlassen. Zehn Prozent haben sogar konkrete Pläne. | |
Mehr als ein Drittel der Befragten gab an, das Bundesland zu verlassen, | |
wenn die AfD in Regierungsverantwortung kommt. 12,5 Prozent von ihnen haben | |
dazu auch konkrete Pläne. Diese Entwicklung zeigt sich auch bei Befragten | |
ohne Migrationshintergrund. Die Zahlen sind zwar geringer, aber auch unter | |
ihnen denken Menschen über Aus- oder Abwanderung nach. | |
## Ostdeutschland wird unter der Abwanderung leiden | |
Fast alle Befragten lehnen die Remigrationspläne der AfD ab und 60 Prozent | |
geben an, Angst davor zu haben – unabhängig vom eigenen Herkunftsland. Die | |
meisten schätzen die Partei als extremistisch, demokratiefeindlich und | |
rassistisch ein. | |
Eter Hachmann vom Dachverband der Migrant:innenorganisationen in | |
Ostdeutschland (DaMost e.V.) wies auch auf die wirtschaftlichen Folgen hin. | |
[2][„Was wir erleben werden, ist, dass der Osten weiter schrumpft.] Und die | |
Kosten dafür tragen die Älteren und Schwächeren, die nicht weg können. Das | |
erwähnt die AfD nie“, sagte Hachmann. | |
Keine Forschungseinrichtung und kein Krankenhaus funktioniere ohne | |
ausländische Fachkräfte, aber gerade diese gut gebildeten und | |
mehrsprachigen Migrant:innen würden abwandern. | |
Um diesem Abwanderungstrend entgegen zu wirken, forderte Hachmann unter | |
anderem ein Wahlrecht für alle: „Das thematisieren migrantische Communities | |
seit Jahren. 12 Millionen Menschen in Deutschland dürfen nicht wählen.“ | |
Außerdem wirbt sie für das Ende der Schuldenbremse. Sparpolitik kürze | |
zuerst bei Sozialem, Bildung und Kultur. Aber das sei, was Migrant:innen | |
eine Stimme gebe und wichtig für sie sei. | |
Mit dieser Einschätzung ist Hachmann nicht allein. Auch der Chef des | |
Deutschen Instituts für Wirtschaft (DIW), Marcel Fratzscher, warnte vor | |
Kurzem vor den wirtschaftlichen Folgen in Ostdeutschland durch den Erfolg | |
der AfD. [3][In einem Interview sagte er der taz:] „Nicht nur ausländische | |
Fachkräfte und Unternehmen meiden diese Regionen, auch viele gut | |
ausgebildete Deutsche wollen dort nicht leben und arbeiten, weil ihnen die | |
Stimmung zu intolerant und rassistisch ist.“ | |
Elisa Calzolari vom Migranetz Thüringen drängte zudem auf ein | |
Demokratiefördergesetz. Es brauche „Ressourcen, um migrantische Strukturen | |
zu stärken.“ Eigentlich hatten sich SPD, Grüne und FDP in ihrem | |
Koalitionsvertrag auf ein Demokratieförderungsgesetz geeinigt. Es soll dem | |
Bund ermöglichen, zivilgesellschaftliche Initiativen längerfristig zu | |
fördern und nicht nur kurzfristig und projektbezogen. Doch [4][dieses | |
Gesetzesvorhaben wird seit Monaten von der FDP im Bundestag blockiert.] | |
6 Sep 2024 | |
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[1] /Enthuellungen-ueber-AfD-Geheimtreffen/!5984997 | |
[2] /Statistisches-Bundesamt/!5963221 | |
[3] /Chef-des-DIW-warnt-vor-AfD-Politik/!6031432 | |
[4] /Demokratiefoerdergesetz-gefordert/!6006075 | |
## AUTOREN | |
Louise Ringel | |
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