# taz.de -- Enthüllungen über AfD-Geheimtreffen: Entsetzen über Vertreibungs… | |
> AfDler planten, Deutsche mit Migrationshintergrund zu vertreiben. Kanzler | |
> Scholz sieht einen „Fall für unseren Verfassungsschutz und die Justiz“. | |
Bild: Dunkle Enthüllung: Geheimpläne der AfD erinnern an den Nationalsozialis… | |
BERLIN dpa | Das Treffen von Rechtsextremisten und [1][AfD-Funktionären], | |
bei dem über [2][die Vertreibung von Menschen mit Migrationshintergrund] | |
gesprochen wurde, hat unter den anderen Parteien für Entsetzen gesorgt. | |
Bundeskanzler Olaf Scholz mahnte Schutz und Einsatz für die Demokratie an. | |
„Wer sich gegen unsere freiheitliche demokratische Grundordnung richtet, | |
ist ein Fall für unseren Verfassungsschutz und die Justiz“, schrieb der | |
SPD-Politiker am Donnerstag auf der Plattform X (früher Twitter). „Dass wir | |
aus der Geschichte lernen, das ist kein bloßes Lippenbekenntnis. | |
Demokratinnen und Demokraten müssen zusammenstehen.“ | |
Über das Potsdamer Treffen im November hatte zuerst das Medienhaus | |
Correctiv berichtet. Zu den Teilnehmern zählten mehrere AfD-Politiker, | |
darunter Roland Hartwig, Berater von Partei- und Fraktionschefin Alice | |
Weidel. Auch CDU-Mitglied Ulrich Vosgerau war nach eigenen Angaben dabei. | |
Correctiv nannte zudem mehrere Mitglieder der Werteunion. | |
Thema war unter anderem ein Konzept zur sogenannten „Remigration“ also | |
Vertreibung beziehungsweise Deportation von Menschen mit | |
Migrationshintergrund. Martin Sellner, lange Kopf der rechtsextremen | |
Identitären Bewegung in Österreich sprach nach eigenen Angaben darüber, wie | |
erreicht werden könne, dass mehr Ausländer und Menschen mit deutschem Pass | |
Deutschland verlassen, und wie Menschen mit Einwanderungsgeschichte zur | |
Assimilation gedrängt werden könnten. | |
Scholz schrieb auf X: „Wir lassen nicht zu, dass jemand das „Wir“ in | |
unserem Land danach unterscheidet, ob jemand eine Einwanderungsgeschichte | |
hat oder nicht.“ Und er fügte hinzu: „Wir schützen alle – unabhängig v… | |
Herkunft, Hautfarbe oder wie unbequem jemand für Fanatiker mit | |
Assimilationsfantasien ist.“ | |
## „Rechter Sumpf“ | |
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sprach im Zusammenhang mit dem Potsdamer | |
Treffen von „rechtem Sumpf“ und sagte: „Ich hoffe, dass alle die, die für | |
diese Demokratie einstehen, auch in Zukunft alles dafür tun werden, gegen | |
solche Netzwerke vorzugehen, gegen solche Gedanken vorzugehen.“ Die | |
Zusammenkunft sei „auf einen Umsturz in Deutschland“ ausgerichtet gewesen. | |
Auch Grünen-Chef Omid Nouripour sagte: „Politisch müssen wir uns als | |
Demokraten gemeinschaftlich dagegenstellen und der AfD ein klares | |
Stoppschild zeigen.“ Nouripour meinte ebenfalls, es stelle sich die Frage | |
einer strafrechtlichen Verfolgung und fügte hinzu: „Umsturzpläne sind eine | |
gravierende Straftat und müssen mit der vollen Härte des Rechtsstaats | |
verfolgt und bestraft werden.“ | |
Die AfD hatte nach dem Correctiv-Report erklärt, das Treffen habe keine | |
Bedeutung für ihre Migrationspolitik. Die Berliner AfD-Fraktionsvorsitzende | |
Kristin Brinker sagte zudem, sie habe von dem Treffen erst aus den Medien | |
davon erfahren. Sellners „Positionen teilen wir nicht“, fügte Brinker | |
hinzu. AfD-Politiker fordern allerdings immer wieder auch öffentlich | |
„Remigration“. | |
CDU-Mitglied Vosgerau sagte zu seiner Teilnahme an dem Potsdamer Treffen: | |
„Ich hatte gehört, dass der Martin Sellner persönlich ein angenehmer Typ | |
sein soll, der nicht fanatisch wirkt. Also habe ich gerne die Gelegenheit | |
wahrgenommen, ihn persönlich kennenzulernen.“ Es müsse möglich sein, „in | |
einem privaten Kreis auch mit Menschen einmal zu sprechen, die im | |
Verfassungsschutzbericht auftauchen“. | |
## Umfragehoch der AfD | |
Trotz der Debatte über mögliche radikale Ziele der AfD kommt diese auf | |
starke Umfragewerte. Eine am Donnerstag veröffentlichte Umfrage von YouGov | |
unter 2007 Wahlberechtigten sieht die AfD bundesweit bei 24 Prozent. Nach | |
einer Forsa-Umfrage für RTL/ntv liegt die AfD in Thüringen sogar bei 36 | |
Prozent, in Brandenburg bei 34 Prozent und Sachsen bei 32 Prozent. In allen | |
drei Ländern stehen im September Landtagswahlen an. | |
Für ein Verbotsverfahren gegen die AfD sprachen sich in einer Umfrage des | |
Instituts Ipsos 42 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus. Ebenso | |
viele plädierten dagegen. Alle Umfragewerte wurden in den ersten | |
Januartagen erhoben. | |
Schon am Donnerstagmorgen hatten sich viele demokratische | |
Politiker*innen entsetzt über die Enthüllungen geäußert. Der | |
FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr sieht Parallelen zum | |
Nationalsozialismus. „Die Pläne zur Vertreibung von Millionen Menschen | |
erinnern an das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte“, schrieb er auf der | |
Internet-Plattform X. Die vom Medienhaus Correctiv angeführte Recherche | |
„zeigt, dass die AfD die Demokratie und unsere freiheitliche Grundordnung | |
zutiefst ablehnt“. | |
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert und Grünen-Fraktionschefin Britta | |
Haßelmann riefen Bürgerinnen und Bürger zum Engagement gegen die AfD auf. | |
„An alle gerichtet, die nicht wollen, dass sich Geschichte wiederholt, | |
appelliere ich: Bekennen Sie Farbe, und überlassen Sie das Feld nicht den | |
Menschenfeinden“, sagte Kühnert den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. | |
Haßelmann mahnte auf X: „Unsere Demokratie, unsere Freiheit, unser | |
Grundgesetz und die Errungenschaften unserer vielfältigen Gesellschaft | |
müssen wir verteidigen gegen die Feinde der Demokratie. Das ist hoffentlich | |
spätestens jetzt vielen Menschen klar.“ | |
## Auch CDU und Linke hatten sich bereits besorgt geäußert. | |
Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) warb dafür, trotz | |
aller Risiken ein Verbotsverfahren gegen die AfD zu prüfen. „Die AfD | |
organisiert sich mit Demokratiefeinden und Umstürzlern. Das ist | |
hochdramatisch“, sagte er dem Berliner Tagesspiegel. | |
Wenn der Verfassungsschutz die AfD als eine in weiten Teilen rechtsextreme | |
Partei definiere, „muss der Staat sie genauestens beobachten und ein | |
mögliches Verbot prüfen“. Zwar gab er zu bedenken: „Ein Parteiverbot hat | |
hohe Hürden und jedes Verfahren dazu würde von der AfD propagandistisch | |
ausgeschlachtet. Das Damoklesschwert eines Verbotes sollte aber über der | |
AfD hängen bleiben.“ | |
Aktualisiert am 11.01.2024 um 16:50 Uhr. d. R. | |
11 Jan 2024 | |
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