# taz.de -- Handelskrieg zwischen USA und China: Überraschender Durchbruch | |
> So harmonisch haben die USA und China lange nicht mehr miteinander | |
> gesprochen. Nun haben sie einen vorläufigen Handelsdeal vereinbart. Nicht | |
> nur die Märkte feiern das. | |
Bild: Es bleibt spannend: Die neue Zoll-Regelung zwischen den USA und China gil… | |
Seoul taz | Man muss schon sehr tief im Archiv kramen, um die letzte | |
„gemeinsame Stellungnahme“ zu finden, die die zwei führenden Weltmächte zu | |
Wirtschaftsfragen veröffentlicht haben. Dementsprechend hoch waren die | |
Erwartungen am Montagmorgen, als [1][China und die USA zeitgleich ein | |
Communiqué zu den Zollverhandlungen] in Genf ankündigten. Doch letzlich | |
wurden selbst die optimistischsten Prognosen sogar noch übertroffen. | |
Im Überblick: Beide Staaten reduzieren ihre jeweiligen Importzölle kräftig. | |
[2][US-Zölle auf chinesische Importe sinken demnach von 145 Prozent] auf | |
nun 30 Prozent. Peking hingegen streicht die Aufschläge auf US-Einfuhren | |
von vormals 125 Prozent auf moderate 10 Prozent. Die einzige Crux: Vorerst | |
gilt die Regelung nur für die nächsten 90 Tage. Während dieser | |
Übergangszeit verhandeln Peking und Washington weiter über ein nachhaltiges | |
Handelsabkommen. | |
Das Aufatmen der Märkte war dennoch deutlich spürbar. Der Hongkonger Hang | |
Seng Index stieg umgehend um drei Prozent an, der Kurs der dänischen | |
Reederei Maersk gar um 10 Prozent. Auch die großen US-Werte waren allesamt | |
vorbörslich im grünen Bereich. Kein Wunder: Noch vor wenigen Tagen schien | |
ein Durchbruch im Handelskrieg zwischen den USA und China nahezu undenkbar. | |
Nun hat er gerade einmal zweitägige Verhandlungen in der Schweiz gebraucht. | |
„Das ist großartig!“, kommentierte Hu Xijin, Pekings führender politischer | |
Publizist, euphorisch. Die Resultate aus Genf hätten die Erwartungen der | |
meisten Leute übertroffen: „Bisher hat kein anderes Land außer China solch | |
gleichberechtigte Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten erzielt.“ Ein | |
Sieg nicht nur für China, sondern auch für sämtliche Verfechter des | |
internationalen Handels. | |
## Peking wünscht sich Augenhöhe | |
Bei dem ehemaligen Chefredakteur der nationalistischen Global Times ist | |
nicht nur der Stolz auf die Stärke des chinesischen Einparteienstaates | |
herauszuhören. Gleichzeitig wird auch deutlich, dass Pekings patriotische | |
Elite trotz all der anti-westlichen Rhetorik schlussendlich den Wunsch | |
hegt, von den USA akzeptiert und auf Augenhöhe wahrgenommen zu werden. | |
Tatsächlich haben die zwei Weltmächte lange nicht mehr so harmonisch | |
miteinander gesprochen wie während des letzten Wochenendes. Als | |
US-Finanzminister Scott Bessent am Montag vor die Presse trat, sprach er | |
glaubhaft vom positiven Eindruck, den Chinas Vize-Premier He Lifeng bei ihm | |
hinterlassen hatte. „Wir sind schnell zu dem Schluss gekommen, dass wir | |
gemeinsame Interessen haben“, sagte der Republikaner. Dazu gehöre auch, | |
dass keine der zwei Seiten eine wirtschaftliche Entkopplung anstrebe. | |
Interessant war vor allem auch Bessents Sichtweise auf [3][das globale | |
Handelsungleichgewicht]: Demnach hätten zwar etliche Staaten die Offenheit | |
der amerikanischen Volkswirtschaft zu ihrem eigenen Vorteil ausgenutzt, | |
sagte der Finanzminister. Aber wie Präsident Donald Trump deutlich gemacht | |
habe, sei jenen Ländern kaum ein Vorwurf zu machen. Stattdessen sei es die | |
Schuld vorangegangener US-Regierungen, das zugelassen zu haben. | |
## Vorsichtige Reaktionen | |
Von der chinesischen Internetgemeinde wurde der vorläufige „trade deal“ | |
einerseits als Beweis gedeutet, dass China erfolgreich den Bluff einer im | |
Kern schwachen US-Regierung durchschaut hatte. „Die USA sind nur ein | |
Papiertiger“, kommentierte etwa ein User auf der chinesischen | |
Online-Plattform Weibo. Doch gleichzeitig meldeten sich auch moderate | |
Stimmen, die betonten, wie wichtig harmonische Beziehungen zwischen den | |
beiden größten Volkswirtschaften der Welt seien. | |
Dass ausgerechnet jetzt beide Staaten eingelenkt haben, hat wohl auch mit | |
den ökonomischen Realitäten zu tun. Trump hat offensichtlich realisiert, | |
dass [4][ein Handelskrieg mit den Chinesen nicht nur zu flächendeckend | |
höheren Preisen für US-Verbraucher] führen würde, sondern dass die | |
Vereinigten Staaten mittlerweile bei einer ganzen Reihe an essenziellen | |
Produkten von der Volksrepublik abhängig ist – allen voran in der | |
Pharmaindustrie. | |
Im Reich der Mitte hingegen hat Staatschef Xi Jinping zwar zuletzt die | |
stählerne Leidensfähigkeit der eigenen Bevölkerung angepriesen. Aber auch | |
Peking will sich keinen handfesten Wirtschaftskonflikt mit den USA leisten: | |
Zu sehr wird die [5][Volksrepublik derzeit von Jugendarbeitslosigkeit, | |
Immobilienflaute und schwachem Binnenkonsum] geplagt. | |
Zudem zeigt sich auch, dass Chinas Parteiführung wohl doch ganz gut mit der | |
Mentalität der neuen US-Regierung klarkommt. Vor dessen Amtseinführung | |
herrschte ein in Grundzügen wertschätzender Eindruck gegenüber Donald Trump | |
vor: Der einstige Immobilien-Tycoon wurde vor allem als knallharter | |
Geschäftsmann wahrgenommen, der gerne poltert und hoch pokert, doch mit dem | |
man am Verhandlungstisch zusammen käme. Die Unberechenbarkeit, die Trump | |
verkörpert, bereitet den risikoaversen Parteikadern in Peking zwar | |
Unbehagen. Doch dass da jemand machtpolitisch auftritt, ist eine Sprache, | |
die in der Volksrepublik nur allzu gut verstanden wird. | |
## Chinas Importe sind um 16 Prozent eingebrochen | |
Die europäische Handelskammer in Peking hat dagegen vergleichsweise | |
verhalten auf die Verhandlungsergebnisse reagiert. „Die Kammer begrüßt zwar | |
die Entscheidung, jedoch bleiben weiterhin Unsicherheiten“, heißt es in | |
einer ersten Stellungnahme. Kritisch sei vor allem, dass bestimmte Zölle | |
nur für 90 Tage ausgesetzt wurden: „Die Unternehmen brauchen | |
Vorhersehbarkeit, um ihren normalen Betrieb aufrechtzuerhalten und | |
Investitionsentscheidungen zu treffen.“ | |
Diese Haltung ist durchaus begründet. Aus Sicht der EU hat sich der Handel | |
mit China zuletzt katastrophal entwickelt. Im April sind Chinas Importe aus | |
der EU um über 16 Prozent eingebrochen, während gleichzeitig die | |
chinesischen Exporte um mehr als 8 Prozent gestiegen sind. Ganz | |
offensichtlich ist geschehen, was viele Experten prophezeit hatten: Dass | |
[6][Chinas Unternehmen, sobald die USA ihre Pforten schließen, ihre | |
günstigen Produkte in Europa abladen]. | |
Dementsprechend hält sich auch Jorge Toledo, europäischer Botschafter in | |
Peking, mit seiner Kritik derzeit nicht zurück. „Wir sind der festen | |
Überzeugung, dass für unsere Unternehmen in China nicht nur keine gleichen | |
Wettbewerbsbedingungen herrschen, sondern dass sich die Situation auch | |
nicht verbessert. Es muss endlich etwas getan werden“, sagte Toledo Ende | |
vergangener Woche. „Die Marktzugangsschranken werden nicht abgebaut. Sie | |
werden immer höher.“ | |
12 May 2025 | |
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## AUTOREN | |
Fabian Kretschmer | |
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