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# taz.de -- Verzicht aufs Verreisen: Wieso man an den Brückentagen besser nich…
> Drei Feiertage, die auf einen Donnerstag fallen, ergeben drei Brückentage
> für Berlin im Mai. Wer sie nicht nutzt, hat oft die besseren Aussichten.
Bild: Manchmal muss man sich nach den Brückentagen ganz schön strecken
Drei Mai-Brückentage in Berlin! Deutschlands einzige Metropole, die ohnehin
im Ruf steht, sich von den anderen, fleißigeren Bundesländern aushalten zu
lassen, genießt gehäufelte freie Tage, sozusagen Brücken, die über die
schon mal abwertend als „Wasserkopf“ bezeichnete Hauptstadt geschlagen
werden, um im Bild zu bleiben.
In Wahrheit gehört das angeblich partywütige Berlin zu den mit gesetzlichen
Feiertagen unterversorgten Bundesländern. Wenn die Heiligen Drei Könige
Geschenke bringen, dürfen wir sie nicht abholen; an Fronleichnam können wir
der Monstranz nur vom Bürofenster oder vom Baugerüst hinterherschauen; und
auch am Reformationstag und an Allerheiligen malochen wir ganz altbacken
und profan durch.
Das Grimm’sche Wörterbuch kennt den Brückentag als Phänomen nicht, die
Brücke zwischen den Einträgen „Brückenstein“ und „Brückenthurm“ ist…
schlicht noch nicht da.
Der Brückentag darf somit als Phänomen der modernen Arbeitswelt gelten. Im
Netz finden sich Brückentagerechner, und als Betriebsdummchen gilt schnell,
wer diese Brücken nicht nutzt, um möglichst viel Urlaub herauszuschlagen,
so wie eben auch Brücken einst über reißende Ströme geschlagen wurden.
Ältere wie ich sangen in der Schule noch [1][das Lied dazu vom Prinzen
Eugen] und der Eroberung Belgrads: „Er ließ schlagen einen Brukken, daß man
kunt’ hinüber ruckken“. Im Zuge der Zeitenwende mag das wieder angesagt
werden.
## Schwänzt die Brückentagshysterie
Für Eltern, die sich nicht zu Jahresbeginn auf die Brückentage gestürzt
haben, ist die Sache anstrengend. Kitas und Schulen bleiben mit
unterschiedlichsten Begründungen an diesen Mai-Freitagen oft geschlossen,
was dem Personal unbedingt gegönnt ist, die arbeitsverpflichteten Eltern
aber coronazeitmäßig triggert.
Überhaupt scheinen die geballten Kurzferien oft eher zu Stress zu führen
als zu Erholung. Es sind ja nicht nur die Kinder, die was Schönes
unternehmen wollen, anstatt am auf der Tastatur tippenden Arm des
Elternteils zu zerren.
An den Mittwochen vor den langen Brückenwochenenden bilden sich in den
Berliner Biomärkten lange Schlangen von Menschen, deren brandenburgische
Datschen auf Befüllung mit oft nur in Berlin erhältlichen brandenburgischen
Premium-Lebensmitteln warten. Wer die Brückentagshysterie schwänzt, trifft
dann am Freitag auf noch von der Erschöpfung gezeichnete Kassierer:innen,
die aber dafür in den wunderbar leeren Geschäften Zeit für ein nettes
Schwätzchen haben.
Freiheit und Platz erlangt der Mensch eben durch Verzicht. Das steht schon
irgendwo bei Ernst Jünger, wo es noch für die Raucherwaggons galt, die
immer überfüllt waren, während es bei den wenigen Nichtrauchern leer war.
So ändern sich die Zeiten – zum Glück!
## Über viele Brücken musst du nicht gehen
Und dann, wenn alle weg sind, hat man die große Stadt für sich! Nur die
netten Touristen gondeln herum, auf der Suche nach Sehenswürdigkeiten und
Essbarem. Der Verkehr ist deutlich zurückgefahren, wer selber daran
individualmotorisiert teilnehmen will, findet problemlos einen Parkplatz.
Und wie merkwürdig war es, sich auf einem Bänkchen in einem leeren
Hauptstadtpark am 2. Mai [2][ein Video anzusehen vom Ansturm der
Brückentagstouristen auf das italienische Sirmione am Gardasee]
beziehungsweise davor: Denn 40 Minuten stand an, wer sich entschieden
hatte, „die Brücke zu machen“, „fare il ponte“, wie es auf Italienisch
heißt, um das Städtchen überhaupt betreten zu können.
Man muss eben nicht über jede Brücke gehen, die einem gebaut wird – und
schon gar nicht über drei in einem Monat.
9 May 2025
## LINKS
[1] https://www.google.com/search?client=firefox-b-e&channel=entpr&q=eu…
[2] https://video.corriere.it/cronaca/-bella-idea-andare-a-sirmione-il-video-de…
## AUTOREN
Ambros Waibel
## TAGS
Urlaub
Reisen
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Feiertage
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Schwerpunkt Stadtland
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Brücke
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