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# taz.de -- Reiseplanung im digitalen Zeitalter: Wenn die Vorfreude fast verfli…
> Unsere Kolumnistin packt die Vorfreude auf eine Reise – bis sie bei der
> Planung wieder verpufft. Manchmal ist weniger einfach mehr.
Bild: Ein Brief wäre vielleicht angekommen in der Einöde Finnlands – wir ab…
Reiseplanung ist wie zwei Tage früher sterben, sagt A., und ich stimme ihm
zu. Nach unzähligen Stunden, die wir nach der perfekten Unterkunft gesucht
haben, stehen wir mit nichts da. Literally nichts. Keinem Ticket, keinem
Apartment. Nichts! Dafür mit drei bis vier abgebrochenen Telefonaten. Und
ja, ein gut gemeinter Vortrag über [1][das Reisen im Spätkapitalismus] und
ein paar Tränen waren auch im Spiel – sowie diverse Schulter- und
Nackenverspannungen auf beiden Seiten der Fernbeziehung, die vom langen
Starren in die Bildschirme herrühren. Aber von vorn.
Alles beginnt – so wie es immer beginnt – mit einer guten Portion
Vorfreude. Man füllt den [2][Urlaubsschein] aus, und schon scheint das
süßeste Haus inmitten der Einöde von Finnland zum Greifen nahe. Das Problem
ist nur: Der Vermieter weiß nichts von unseren Plänen, und so ist es
natürlich schon weg. Wobei: Wie wären wir da überhaupt hingekommen? Mit dem
Flieger bis Helsinki, aber dann?
Ein Kollege schlägt stattdessen die Stockholmer [3][Schärengärten] vor, die
man einfacher erreichen kann. Ich bin sofort begeistert, denn wer will in
Zeiten wie diesen nicht Ferien machen wie auf „Saltkrokan“, der fiktiven
Insel aus Astrid Lindgrens Kinderbuchklassiker, wo die Welt ja immer sehr
in Ordnung gewesen ist. Doch A. ist ein bisschen genervt von meiner
Planänderung. „Jetzt habe ich extra zwei Reiseführer über Finnland
gekauft“, schmollt er, aber weil er mich liebt, lässt er sich noch mal
umstimmen. Aber nun geht das Gesuche, das früher jedes x-beliebige
Reisebüro für einen erledigt hätte, erst so richtig los. Soll es die
Blockhütte auf der Insel Stora Timrarö werden, wo eine Akustikgitarre über
der Bobo-Chaiselongue hängt? Oder die Hütte auf Södra Stavsudda mit den
verführerischen Sonnenuntergangsbildern?
Ungefähr 30.000 Inseln gibt es vor Stockholm, lese ich, und auf denen
befinden sich so viele Holzhäuschen, dass wir schnell den Überblick
verlieren. „Ich kann diese Scheißhäuser langsam nicht mehr sehen“, sagt A.
genervt. Überhaupt sei so eine Schäre ja nicht viel besser als ein
Schrebergarten. „Da sitzen wir dann auf so einer blöden Miniinsel fest –
und was wollen wir da machen?!“ – „Lesen, kuscheln, baden …“, zähle …
auf.
„Hast du mal geguckt, wie kalt es dort noch ist?“, fragt A. „Nicht kälter
als in Finnland“, kontere ich, obwohl mir der Gedanke an eine zugige Hütte
bei frühlingshaften Temperaturen jetzt auch nicht mehr so attraktiv
vorkommt. Noch dazu: Will man in diesem klapprigen Bett wirklich schlafen?
Unter diesem Psychoclowngemälde? Denn es ist ja so: A. und ich haben zwar
keine Kohle, aber dafür hohe Ansprüche, die nicht immer in dieselbe
Richtung gehen.
## Drohszenario Uckermark
Ist das anstrengend, denke ich, dabei sind wir bloß zu zweit. Wie
kompliziert wäre es da erst mit Kindern – oder noch schlimmer: Haustieren.
„Lass uns einfach in die Uckermark fahren“, schlägt A. vor, der ein
unerklärliches Faible für Ostdeutschland hat. „Auf keinen Fall“, schreie
ich. Dann schon lieber Tirol, weil ich gern gut esse. „In diesen
Alpenkitsch?“, schreit A. Und plötzlich geht es ganz schnell. Wir buchen.
Na ja, semischnell. Denn meine Face-ID erkennt mich im Liegen nicht und so
crashe ich den Zugang zu meinem Konto, also muss A. aushelfen.
Unsere erste Etappe: Hamburg. Die Unterkunft: ein billiges Hostel direkt
neben dem Bahnhof. Wie es von dort aus weitergeht? Unklar. Dafür hat sich
das Suchen doch gelohnt.
27 May 2025
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## AUTOREN
Anna Fastabend
## TAGS
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