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# taz.de -- Pressefreiheit in Österreich: FPÖ ohne jeden Standard
> Die Wiener FPÖ schießt gegen den „Standard“. Die Zeitung hatte die
> rechtsradikalen Umtriebe eines Kandidaten bei der Landtagswahl
> offengelegt.
Bild: Wahlauftakt der FPÖ in Wien: Bundesparteiobmann Herbert Kickl (r.), Land…
Die Wiener Landtagswahl ist [1][mit erwartetem Ergebnis] zu Ende gegangen:
Die Koalition zwischen SPÖ und Neos wird fortgesetzt. Die rechtsradikale
FPÖ, bundesweit im Aufwind, gewann zwar deutlich dazu, blieb aber hinter
früheren Erfolgen deutlich zurück. Vielleicht ist das der Grund, warum sie
nun gar so dünnhäutig auf kritische Berichterstattung reagiert. Die Wiener
Tageszeitung Standard hatte kurz vor der Wahl über die bekannt gewordene
NS-Wiederbetätigung eines FPÖ-Kandidaten berichtet.
Die Wiener Landespartei schoss jetzt gegen die Zeitung: „Man nutzt ja jeden
Fehler aus um gegen die FPÖ zu punkten“, schreibt der Wiener FPÖ-Chef
Dominik Nepp in einem Posting. „Die letzten Wochen eines Lebens noch
zusätzlich mutwillig zu ruinieren und sich dabei moralisch überlegen zu
fühlen – das schaffen wirklich nur Vertreter der selbsternannten linken
Anstandselite.“ Die Standard-Journalistin, die die Vorwürfe aufgedeckt hat,
nannte er darin beim Namen und kritisierte sie vehement. Hintergrund des
Postings: der FPÖ-Kandidat ist laut Parteiangaben am 6. Mai nach schwerer
Krankheit verstorben.
Die Rede ist vom FPÖ-Bezirkspolitiker Robert Podany, der letzten Dezember
wegen NS-Wiederbetätigung verurteilt wurde. Podany war bis 2020 Bezirksrat
in Donaustadt, einem der größten Wiener Bezirke, schaffte den Einzug dann
aber nicht mehr. Nun war er wieder angetreten, obwohl er im Dezember
rechtskräftig verurteilt worden war.
Wie der Standard berichtete, hatten Ermittler [2][bei einer
Hausdurchsuchung] mehrere NS-Devotionalien gefunden: unter anderem eine
Weinflasche mit Aufschrift „Ein Volk, ein Reich, ein Führer“, eine Tasse
mit dem Nazi-Kürzel „88“ sowie eine Jacke der einschlägigen Marke Thor
Steinar. Entsprechende Vorwürfe wurden bereits 2020 bekannt.
## 89 Delikte
Zudem gab es Chatverbindungen zu dem Neonazi Gottfried Küssel und den
Identitären. Wie die Plattform „Stoppt die Rechten“ berichtet, schrieb
Podany menschenverachtende Witze über den Holocaust, die hier nicht
wiedergegeben werden sollen. Hakenkreuze und Hitlerfotos verschickte er
ebenso wie Zustimmungsbekundungen zu rechtsextremen Überfällen, etwa auf
das Ernst-Kirchweger-Haus in Wien. Angeklagt waren, auch im Zuge von
Handyauswertungen, [3][nicht weniger als 89 Delikte]. Im Dezember
schließlich wurde Podany in Wien rechtskräftig zu 17 Monaten bedingter Haft
verurteilt.
Mit einer solchen Strafe hätte er, gemäß Wiener Wahlordnung, nicht bei der
Landtagswahl vor wenigen Wochen kandidieren dürfen. Podany war dennoch
gelistet und blieb wählbar. Die FPÖ Wien will von den Vorwürfen und der
Verurteilung nichts gewusst haben: „Die FPÖ war über diesen Umstand nicht
informiert. Leider wurden wir von der zuständigen Magistratsabteilung auch
nicht rechtzeitig in Kenntnis gesetzt“, heißt es. Dass niemand von Podanys
Geisteshaltung gewusst haben will, halten politische Mitstreiter für
ausgeschlossen.
Zuletzt war Podany laut FPÖ-Angaben kein Parteimitglied mehr. Beim Prozess
Anfang Dezember hat er sich Berichten zufolge geständig und reuig gezeigt –
wiewohl „Stoppt die Rechten“ an der Einsicht zweifeln, da kurz danach die
Urteilsschrift in einem Neonazi-Kanal aufgetaucht war, mutmaßlich von ihm
veröffentlicht. Auf den Stimmzetteln für die Wien-Wahl blieb Podany trotz
des Urteils gelistet, für einen Einzug in die Bezirksvertretung hat das
Ergebnis jedoch nicht gereicht.
Über all das berichtete der Standard – und muss sich nun die Vorwürfe von
Nepp anhören. Die FPÖ versucht offenbar gar nicht mehr, auf Distanz zu
offen zur Schau gestelltem Rechtsextremismus zu gehen. Das belegen auch die
rund 150 von „Stoppt die Rechten“ dokumentierten [4][rechtsextremen
„Einzelfälle“] allein in den letzten vier Jahren – die taz hat vielfach
berichtet.
Der Wiener FPÖ-Chef Nepp hatte erst im Januar den Standard [5][als
„Scheißblatt“ titulier]t und ihm eine Kürzung der Medienförderung
angedroht. Auch damals hatte die Zeitung über rassistische Aussagen von
FPÖ-Mandataren berichtet, die vom Sender France Télévisions mit versteckter
Kamera aufgenommen worden waren.
Der Standard lässt sich von der Kritik nicht unterkriegen: „Wir weisen die
Angriffe der FPÖ Wien auf eine Standard-Journalistin, die nichts weiter als
ihren Job gemacht hat, entschieden zurück“, heißt es [6][in einer
Stellungnahme der Chefredaktion]. Dass ein wegen NS-Wiederbetätigung
verurteilter FPÖ-Kandidat bei der Wahl angetreten ist, sei „im öffentlichen
Interesse selbstverständlich berichtenswert“.
8 May 2025
## LINKS
[1] /Landtagswahl-in-Wien/!6084990
[2] https://www.derstandard.at/story/3000000265491/fpoe-kandidat-in-wien-donaus…
[3] https://www.stopptdierechten.at/2025/01/06/der-braun-blaue-ex-bezirksrat-au…
[4] https://www.stopptdierechten.at/fpoe-einzelfaelle/
[5] /Bedrohte-Pressefreiheit-in-Oesterreich/!6058813
[6] https://www.derstandard.at/story/3000000268620/stellungnahme-zu-angriff-des…
## AUTOREN
Florian Bayer
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