| # taz.de -- Debatte um Schacht Konrad: Strahlende Zukunft oder Milliardengrab | |
| > Ab 2030 soll das alte Erzbergwerk Konrad als erstes Endlager radioaktive | |
| > Abfälle aufnehmen. Doch nun gibt es Zweifel. | |
| Bild: Ein mit Atommüll gefülltes Fass könnte hier nicht liegen bleiben, es m… | |
| Göttingen taz | Das geplante [1][Atommüllendlager Schacht Konrad] in | |
| Salzgitter steht wieder auf der Kippe. Die zuletzt für Anfang der 2030er | |
| Jahre anvisierte Inbetriebnahme verzögert sich zumindest deutlich – sie | |
| könnte sogar ganz scheitern. [2][Das berichteten der Bayerische Rundfunk | |
| (BR) und der Norddeutsche Rundfunk (NDR)] am Mittwoch. Unter den | |
| derzeitigen behördlichen Auflagen könne dort kein Atommüll eingelagert | |
| werden. Die Sender beriefen sich auf ihnen exklusiv vorliegende | |
| vertrauliche Dokumente. | |
| Schacht Konrad ist ein ehemaliges Eisenerzbergwerk. Das Land Niedersachsen | |
| hatte 2002 die [3][Genehmigung] erteilt, die Grube zum nationalen Endlager | |
| für schwach- und mittelradioaktive Abfälle umzurüsten. Sie gilt für bis zu | |
| 303.000 Kubikmeter Atommüll. Dieser stammt aus dem Betrieb und dem Abriss | |
| von Atomkraftwerken, zum kleineren Teil auch aus Forschung und Medizin. Die | |
| Kosten für den Umbau hat die zuständige Bundesgesellschaft für Endlagerung | |
| (BGE) mit rund 5,5 Milliarden Euro beziffert. | |
| Grund für die drohende Verzögerung ist den Recherchen zufolge die | |
| sogenannte Gehobene wasserrechtliche Erlaubnis, die 2002 im Rahmen der | |
| Baugenehmigung erteilt wurde. Sie soll sicherstellen, dass von den Abfällen | |
| im Endlager keine Gefahr für das oberflächennahe Grundwasser ausgeht – das | |
| gilt auch für die mit den radioaktiven Stoffen verbundenen Metalle wie | |
| Platin, Quecksilber, Eisen oder Aluminium. | |
| Der gesamte Atommüll, der hier eingelagert werden soll, darf demnach zum | |
| Beispiel nur 43 Kilogramm Quecksilber oder nur 11 Gramm Platin enthalten. | |
| Um das einzuhalten, könnte aber nur ein Bruchteil des geplanten | |
| Abfallvolumens untergebracht werden. 2010 hätten sich die Verantwortlichen | |
| des Endlagers deshalb eine „eigene Berechnungsgrundlage“ geschaffen, so BR | |
| und NDR. | |
| ## Neue Berechnungsgrundlage | |
| Als Kronzeugen zitieren sie einen langjährigen Lieblingsgegner der | |
| Anti-Atom-Bewegung, den Physiker Bruno Thomauske. Er war früher in | |
| leitender Funktion für das Bundesamt für Strahlenschutz tätig. Aktuell hat | |
| er einen Lehrstuhl an der RWTH Aachen inne. Der Wissenschaftler kommt in | |
| einer Analyse zu dem Schluss, dass Konrad „nicht in Betrieb gehen“ kann. | |
| Die neue Berechnungsgrundlage sei eine „wesentliche Veränderung“ der | |
| Gehobenen wasserrechtlichen Erlaubnis: „Dazu braucht man in der Regel | |
| Genehmigungsverfahren, in denen man begründet, weswegen höhere Mengen | |
| eingelagert werden.“ | |
| Ein solches sei aber nicht angestrengt worden. Die BGE habe sich das | |
| Vorgehen zwar von einer wasserrechtlichen Aufsichtsbehörde abnicken lassen, | |
| jedoch nicht beim niedersächsischen Umweltministerium genehmigen lassen. | |
| Ein namentlich nicht genannter Berater des Bundesumweltministeriums sieht | |
| das ähnlich: „Konrad wird nicht in Betrieb gehen. Entweder wegen | |
| Genehmigungsproblemen oder weil alle paar Jahre neue wasserrechtliche | |
| Verordnungen und Gesetze erlassen werden, sodass eine Freigabe von Abfällen | |
| zur Einlagerung in Konrad nicht erfolgen kann“, zitieren ihn die Sender. | |
| Ein Scheitern des Endlagers sei daher das wahrscheinlichste Szenario. | |
| ## Alles wie geplant | |
| Die BGE indes geht weiterhin davon aus, dass das Endlager Konrad zu Beginn | |
| der 2030er in Betrieb gehen kann, wie Geschäftsführerin Iris Graffunder auf | |
| taz-Anfrage erklärte. Dies sei „unabhängig von der Gehobenen | |
| wasserrechtlichen Erlaubnis für die Abfälle“. Man sei „überzeugt, dass | |
| durch die Einlagerung der radioaktiven Abfälle keine unzulässige Belastung | |
| des nutzbaren Grundwassers entsteht, so dass die Schutzziele zu jeder Zeit | |
| eingehalten werden“. Die Abfälle sollten in etwa 850 Metern Tiefe versenkt | |
| werden, das nutzbare Grundwasser liege höher, es gebe keine direkte | |
| Verbindung von Tiefen- und Trinkwasser. | |
| Unklar ist, inwieweit die Recherchen die laufende juristische | |
| Auseinandersetzung um das Endlager beeinflussen. Die niedersächsischen | |
| Landesverbände von BUND und NABU hatten im Oktober beim | |
| Oberverwaltungsgericht Lüneburg Klage gegen eine Entscheidung des grünen | |
| Landesumweltministers Christian Meyer eingereicht, nachdem dieser einen | |
| Antrag auf Widerruf der Genehmigung für Schacht Konrad abgelehnt hatte. | |
| „Wir haben mit unserem Antrag gestützt auf wissenschaftliche und | |
| juristische Expertise belegt, dass Schacht Konrad den Anforderungen an ein | |
| Endlager für radioaktive Abfälle nicht entspricht“, sagt die | |
| BUND-Landesvorsitzende Susanne Gerstner. Strahlende Abfälle in eine | |
| Eisenerzgrube zu bringen, ohne Rückholbarkeit zu gewährleisten und ohne | |
| genaue Kenntnis der geologischen Verhältnisse, sei unverantwortlich | |
| gegenüber künftigen Generationen. | |
| 16 Apr 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Schacht-Konrad/!t5028362 | |
| [2] https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr/atommuell-endlager-salzgitter-sc… | |
| [3] /Genehmigung-fuer-Endlager-bleibt/!5977907 | |
| ## AUTOREN | |
| Reimar Paul | |
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