| # taz.de -- Abschaffung von legalen Fluchtrouten: In Richtung Abschottung | |
| > Die Finanzverwaltung blockiert die Aufnahmeregelung für Flüchtlinge mit | |
| > Verwandten in Berlin – de facto das Ende des letzten | |
| > Landesaufnahmeprogrammes. | |
| Bild: „Familien gehören zusammen“: Geflüchtete und NGOs demonstrieren auf… | |
| Berlin taz | Die Begrenzung der Migration steht derzeit in Berlin und | |
| bundesweit hoch im Kurs. Eine kleine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Jian | |
| Omar zeigt: Selbst die Fortführung eines für den Senat fast kostenfreien | |
| Aufnahmeprogrammes wird seit Ende 2024 blockiert. | |
| Es handelt sich um die „Aufnahmeregelung für afghanische, syrische und | |
| irakische Flüchtlinge mit Verwandten in Berlin“. Sie ermöglichte es bis | |
| Ende vorigen Jahres Menschen mit Hauptwohnsitz in Berlin, bereits geflohene | |
| Verwandte oder Ehepartner*innen nach Berlin nachzuholen. | |
| „Seit dem 1. Januar 2025 liegt das Programm nun völlig auf Eis“, sagt Jian | |
| Omar, flüchtlingspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion. „Insbesondere | |
| die CDU-geführte Senatsverwaltung für Finanzen blockiert die Verlängerung | |
| des Programms aus ideologischen Gründen.“ | |
| Seit Monaten verweigere die Senatsverwaltung die Zustimmung zur Fortführung | |
| unter Berufung auf „offene Fragen“. Diese Fragen wurden aber laut | |
| Senatsinnenverwaltung längst beantwortet. Der taz liegt ein internes | |
| Schreiben von Innensenatorin Iris Spranger (SPD) an den Finanzsenator | |
| Stefan Evers (CDU) vor, das auf den 19. März datiert ist. Aus ihm geht | |
| hervor, dass sich Sprangers Haus bereits seit dem 8. Juni 2024 um die | |
| Fortführung der Landesaufnahmeregelung bemüht. Vier mal hatten sich | |
| Spranger und ihr Staatssekretär Christian Hochgrebe bereits mit der Bitte | |
| um Einwilligung zur Programmfortführung an die Finanzverwaltung gewendet. | |
| Eine Antwort der Finanzverwaltung steht weiterhin aus. Mit der Beantwortung | |
| der Anfrage sei nach den Osterferien zu rechnen, so die Finanzverwaltung | |
| zur taz. Die „offenen Fragen“ blieben bestehen. Konkret geht es um die | |
| [1][Frage der Finanzierung.] Jian Omar kritisiert, dass das eine | |
| „vorgeschobene Hinhaltetaktik“ sei. Bis auf die Krankenversicherung | |
| verursache das Programm keine Kosten für das Land. Das bestätigte auch die | |
| Sprecherin der Senatsinnenverwaltung. | |
| Vor einem möglichen Visumsantrag ihrer Verwandten mussten die | |
| Antragstellenden beweisen, dass sie finanziell für ihre | |
| Familienmitglieder*innen sorgen können. Außerdem verpflichteten sie | |
| sich, sämtliche Kosten für den Aufenthalt ihrer Verwandten inklusive | |
| Unterbringung zu übernehmen. Außerdem wurden die ankommenden Geflüchteten | |
| im Vorfeld eingehend überprüft – sowohl das Landesamt für Einwanderung | |
| (LEA) als auch die Deutsche Botschaft im Aufenthaltsland der Verwandten | |
| mussten der Aufnahme zustimmen. „Dieses Programm macht wirklich Sinn“, sagt | |
| Jian Omar. | |
| Kritik kommt auch von Nicolay Büttner vom Berliner Netzwerk für besonders | |
| schutzbedürftige geflüchtete Menschen (BNS): „Die CDU versucht seit | |
| Längerem, alle Möglichkeiten zur legalen Zuwanderung zu beenden“, sagt er. | |
| Mit der Blockierung der Berliner Aufnahmeregelung für Verwandte wird nun | |
| seit Monaten auch das letzte aktive Landesaufnahmeprogramm in ganz | |
| Deutschland ausgebremst. | |
| Auch im [2][Koalitionsvertrag des Bundes] zwischen Union und SPD wurde die | |
| Einstellung aller freiwilligen Bundesaufnahmeprogramme vereinbart. Diese | |
| Entwicklung sei wenig überraschend, sagt Büttner. Dass der | |
| zivilgesellschaftliche Aufschrei ausgeblieben sei, schockiere ihn jedoch. | |
| „Es geht um Berliner*innen, die ihre Verwandten zu sich holen wollen.“ | |
| Im Jahr 2024 hatten 1.662 Menschen beim LEA eine Interessenbekundung zur | |
| Aufnahme von Verwandten abgegeben. Nur an 523 von ihnen wurde eine | |
| Vorabzustimmung zwecks Visumserteilung vergeben. | |
| Die Gründe für diese Diskrepanz sind laut Sprecherin der | |
| Innensenatsverwaltung vielfältig. Einige Menschen würden die Kriterien | |
| nicht erfüllen, beispielsweise lebten sie noch an ihren Heimatorten oder | |
| seien bereits in sichere Staaten geflohen. In anderen Fällen hätten die | |
| Berliner Antragstellenden die finanziellen Voraussetzungen nicht erfüllen | |
| können. Gleichzeitig, so die Sprecherin, hätten auch nicht alle | |
| Antragstellenden im Jahr 2024 einen Termin beim LEA bekommen. | |
| „Es gibt große Hürden bei der Antragstellung“, erklärt Jian Omar. Das | |
| größte Problem sei, dass die Sachbearbeiter*innen des LEA und der | |
| Deutschen Botschaft den Grad der „Not und Bedrängnis“ der Verwandten | |
| feststellen müssten. Dies würde zu teilweise willkürlichen Ablehnungen | |
| führen. | |
| So etwa bei Jenny L. Die junge Frau erzählt der taz, sie habe beim LEA eine | |
| Verpflichtungserklärung abgegeben, um für den Bruder ihres syrischen | |
| Partners zu bürgen. Seit Kriegsausbruch in Syrien habe ihr Partner versucht | |
| den Bruder aus Syrien nach Deutschland zu holen. „Doch alle Versuche sind | |
| gescheitert“. | |
| In ihrem Fall lag es an der falschen Verpflichtungserklärung. Als Grund für | |
| den Antrag hatte L. „Arbeitsaufnahme“ angegeben.Für die Sachbearbeiterin | |
| beim LEA war das ein Ausdruck fehlender „Not und Bedrängnis“. Als L. den | |
| Fehler korrigierte, sei es schon zu spät gewesen: der Antrag wurde | |
| abgelehnt. Dass der Bruder ihres Partners schon vor Jahren vor dem | |
| syrischen Militärdienst in den Libanon geflohen ist, war plötzlich nicht | |
| mehr relevant. „Es war deutlich, dass die Aufnahme nicht gewollt ist“, sagt | |
| L. | |
| Auf der Website des LEA ist die Aufnahmeregelung noch zu finden. Unten auf | |
| der Seite steht, [3][Visumanträge müssten bis zum 31.12.2024 gestellt | |
| werden]. | |
| Jian Omar kritisiert: „Migrationspolitisch bewegt sich unser Land in | |
| Richtung Abschottung.“ Wenn man die sogenannte illegale Migration beenden | |
| wolle, brauche es Alternativen, wie die Bundes- und | |
| Landesaufnahmeregelungen, meint er. „Aber diese will man nun stoppen.“ | |
| 15 Apr 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.tagesspiegel.de/berlin/rechtsgutachten-liegt-vor-berliner-senat… | |
| [2] /Zivilgesellschaftliche-Foerderung-bedroht/!6079058 | |
| [3] https://www.berlin.de/einwanderung/einreise/gefluechtete/artikel.872605.php | |
| ## AUTOREN | |
| Klarissa Krause | |
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