# taz.de -- SPD Gespräch über die Koalition: Heimspielsieg in Niedersachsen | |
> Die SPD-Spitze wirbt in Hannover bei der Parteibasis für den | |
> Koalitionsvertrag. Die Dialogkonferenz verläuft wie erwartet – in | |
> Zimmerlautstärke. | |
Bild: Selten war die Bank so schlecht besetzt wie bei diesem Heimspiel | |
Berlin taz | In Niedersachsen ist die Welt für die SPD noch einigermaßen in | |
Ordnung. Die Sozialdemokratie regiert seit 12 Jahren. Die Partei ist | |
einigermaßen intakt, was nicht für alle Flächenländer gilt. Es ist kein | |
Zufall, dass die Parteispitze den [1][Koalitionsvertrag] am Montagabend in | |
Hannover vor rund 600 GenossInnen zur Debatte stellt. Und auch nicht, dass | |
Verteidigungsminister Boris Pistorius, Parteichef Lars Klingbeil, | |
SPD-Generalsekretär Matthias Miersch und Arbeitsminister Hubertus Heil | |
allesamt aus Niedersachsen kommen. | |
Klingbeil gibt gleich den Ton vor: Verantwortung. Deutschland, das stärkste | |
Land in Europa, brauche eine stabile Regierung. „Das dürfen wir nicht | |
verbocken“, so der Appell des Parteichefs. Wenn Schwarz-Rot am Nein der | |
SPD-Basis scheitere, dann könne dies Schlimmstes „für die Wahlen 29 und 33�… | |
bedeuten. Schlimmes im Jahr 33, das es zu verhindern gilt – das drückt alle | |
Knöpfe bei den GenossInnen. Schwarz-Rot, eine Art Antifa-Bündnis, sei der | |
„richtige Weg“, so Klingbeil. Gewissermaßen alternativlos. | |
Die zweite Botschaft, die die Niedersachsen-Riege plus Manuela Schwesig, | |
Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, in den Saal sendet, lautet: | |
Wir haben in den Verhandlungen rausgeholt, was drin war. [2][Vermögens- und | |
Erbschaftsteuer], so Esken, sei „mit denen nicht machbar“. Die | |
Juso-Forderung, Migration und Bürgergeld mit der Union neu zu verhandeln, | |
lehnt Klingbeil ab. Das sei unrealistisch. | |
## SPD-Spitze tritt geschlossen auf | |
Der Auftritt der SPD-Spitze wirkt choreografiert. Die kritische Frage eines | |
älteren Genossen, warum man endlos Schulden für Rüstung mache, aber nicht | |
für Klimapolitik, retourniert nicht Pistorius, sondern Manuela Schwesig. | |
Leider brauche man viel Geld für Verteidigung, aber dank des segensreichen | |
Wirkens der SPD sei man der Klemme – entweder Geld für Kitas oder für | |
Kanonen – mittels Änderung der Schuldenbremse entkommen. Pistorius sieht es | |
ganz genauso. Es passt kein Löschblatt zwischen die fünf | |
SpitzensozialdemokratInnen. | |
Das Affekt-Niveau der Debatte ist eher niedrig. Es gibt skeptische Fragen, | |
Kritik, aber in Zimmerlautstärke, weitgehend ohne schneidende Zuspitzung. | |
Das Fehlen der Pflegereform wird bedauert. Andere zweifeln, ob man der | |
Union in Sachen Abgrenzung von der AfD trauen kann. Letzteres ist | |
allerdings kein Argument gegen, sondern eher für Schwarz-Rot. | |
Fundamentale Kritik kommt von einem Juso aus Hildesheim, der den [3][Streit | |
zwischen Merz und der SPD-Spitze um 15 Euro Mindestlohn] aufspießt. Die | |
SPD-Spitze tue so, als wären 15 Euro beschlossene Sache, während Merz | |
behauptet, das sei Sache der Mindestlohnkommission. Darin schwingt recht | |
deutlich der Vorwurf mit, die SPD-Spitze male den Koalitionsvertrag | |
rosarot. | |
## Mindestlohn bleibt unklar | |
Das ist die schärfste Kritik am Montagabend. Miersch gibt „Hubi“ das Wort | |
und Arbeitsminister Heil wird kurz mal laut. Man soll nicht „auf | |
CDU-Propaganda hereinfallen“ und die Leistung der SPD beim Mindestlohn | |
„kaputt reden“. „Ohne SPD in der Regierung keine Mindestlohnerhöhung“,… | |
Hubertus Heil energisch in den Saal. Die Kommission werde den Mindestlohn | |
bis 2026 auf 15 Euro erhöhen müssen, weil sie sich am Medianlohn | |
orientieren müsse. | |
Die Mindestlohnkommission entscheidet jedoch unabhängig. Merz hat recht mit | |
der Feststellung, dass im Koalitionsvertrag nichts von einer gesetzlichen | |
Anhebung auf 15 Euro steht. Der Mindestlohn kann für die SPD in der | |
Merz-Regierung noch ein heikler Punkt werden. Heils nachdrücklicher | |
Auftritt wird dennoch mit Applaus bedacht. Es ist ein Heimspiel vor | |
gewogenem Publikum. | |
15 Apr 2025 | |
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## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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