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# taz.de -- EU-Richtlinie gescheitert: Wie Deutschland mehr Schutz vor Diskrimi…
> Einheitlichen Schutz vor Diskriminierung in der EU wird es vorerst nicht
> geben – wegen der Blockade aus drei Ländern.
Bild: Zwei junge Menschen bei einer Pride-Parade in Bukarest
Berlin taz | Eine queere und behinderte Person im rumänischen Bukarest wird
in einem Fitnessstudio abgelehnt. Man wolle dort keine queere Personen und
auch die Behinderung wird als Grund der Ablehnung genannt. Wenn die Person
sich dagegen wehren will, hat sie nicht den gleichen Schutz vor
Diskriminierung wie in Brüssel oder Berlin.
Diesen Missstand sollte die sogenannte 5. EU-Antidiskriminierungsrichtlinie
beheben. Doch das Vorhaben ist vom Tisch – die EU-Kommission hat im Februar
die Antidiskriminierungsrichtlinie aus ihrem Arbeitsprogramm gestrichen.
Der Grund: „Keine Einigung in Sicht“, heißt es dort. Fast 17 Jahre wurde
das Vorhaben blockiert, einen solchen EU-weiten Schutz vor Diskriminierung
einzuführen. Hauptverantwortlich für das Aus ist neben Tschechien und
Italien Deutschland. [1][Seit 2008 blockiert Deutschland mit einem Veto im
Rat der EU] das Vorhaben, in dem nur einstimmig abgestimmt werden kann.
Die Richtlinie sieht vor, dass der [2][EU-weite Diskriminierungsschutz im
Zivilrecht erweitert wird]. Derzeit sind dort nur die Merkmale „Rasse“ bzw.
ethnische Herkunft und Geschlecht enthalten. Durch die Aufnahme der
Merkmale Alter, sexuelle Orientierung, Religion, Weltanschauung und
Behinderung sollten Lücken beim Schutz vor Diskriminierung geschlossen
werden. Ein erweiterter rechtlicher Schutz scheint angesichts
Studienergebnissen der EU-Agentur für Grundrechte von 2024 dringend
geboten. Dort heißt es, dass mehr LSBTIQ-Personen in Europa offener mit
ihrer Identität umgehen würden. Gleichzeitig seien sie mehr Gewalt,
Belästigung und Mobbing ausgesetzt als zuvor. Besonders gefährdet seien
jüngere Personen.
## Deutschland blockiert seit Jahren
Aber warum blockierte die Bundesregierung dieses Vorhaben? In Deutschland
selbst ist mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ein breiter
Diskriminierungsschutz gegeben – inklusive der Merkmale, die auf EU-Ebene
fehlen. Anpassungen hätte es für Deutschland demnach kaum gegeben. Auf eine
Anfrage der taz antwortet eine Sprecherin des Bundesministeriums für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ): „Das BMFSFJ hat sich
innerhalb der Bundesregierung vehement für eine Verabschiedung der
EU-Antidiskriminierungsrichtlinie eingesetzt. Leider kam es innerhalb der
Ampel-Regierung zu keiner Einigung.“
Als Bremser traten offenbar FDP-geführte Ministerien auf, wie der
[3][Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter e.V. in einer
Stellungnahme] zur Entscheidung der Kommission kritisiert. 2008 äußerte
Deutschland öffentlich noch Subsidiaritätsbedenken: Entscheidungen über
solche Rechtsvorschriften sollten im nationalen Recht und nicht im EU-Recht
geregelt werden.
Das EU-Parlament schreibt, dass Tschechien, Italien und Deutschland
hauptsächlich aus finanziellen Gründen das Vorhaben blockiert hätten. Diese
finanziellen Bedenken dürften eine Rolle für die deutsche Blockade spielen,
sowie die Sorge, dass die Wirtschaft zu stark belastet wäre, wenn sie zur
Barrierefreiheit verpflichtet würde.
## Verbände und Antidiskriminierungsbeauftragte für Richtlinie
Die Liste der Institutionen, die von Deutschland die Aufgabe der
Blockadehaltung fordern, ist lang: Darunter sind diverse Verbände, die sich
für von Diskriminierung betroffene Personen einsetzen, aber auch alle
Sozialminister:innen der Bundesländer. Ferda Ataman, die unabhängige
Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, zählt ebenso zu den
Kritiker:innen. „An die nächste Bundesregierung appelliere ich dringend,
die Blockade der Antidiskriminierungspolitik endlich zu überwinden“, sagt
Ataman der taz. Deutschland müsse aus dem europapolitischen Abseits raus.
„Gerade in Zeiten, in denen autoritäre und illiberale Kräfte Europa
angreifen und die Gesellschaften spalten wollen, ist ein robuster
Diskriminierungsschutz nötiger denn je.“
Im Koalitionsvertrag der kommenden Bundesregierung steht nun geschrieben,
dass der Diskriminierungsschutz gestärkt werden soll. Was das konkret
heißt, ob sie auch die EU-Richtlinie unterstützen, bleibt jedoch offen.
14 Apr 2025
## LINKS
[1] /Deutschland-blockiert-EU-Richtlinie/!5215094
[2] https://www.europarl.europa.eu/legislative-train/theme-area-of-justice-and-…
[3] https://www.bsk-ev.org/service/aktuelles/detail/eu-kommission-beerdigt-anti…
## AUTOREN
David Honold
## TAGS
Richtlinie
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