# taz.de -- Rekord bei Anfragen an Bund: „Diskriminierung ist ein wachsendes … | |
> Die Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung verzeichnet | |
> einen Höchststand an Anfragen. Sie mahnt eine Reform der Rechtslage an. | |
Bild: Die Unabhängige Beauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, stel… | |
Berlin taz | Immer mehr Menschen suchen in Deutschland Rat wegen | |
Ausgrenzungserfahrungen. 11.405 Anfragen verzeichnete die | |
Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) 2024 – so viele wie nie zuvor. | |
Das geht aus dem [1][Jahresbericht hervor, den die Unabhängige | |
Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, am Dienstag | |
vorstellte]. | |
„Diskriminierung ist ein wachsendes Problem in Deutschland“, sagte Ataman. | |
„Wir haben ein massives Problem mit Rassismus, wir haben ein massives | |
Problem mit Sexismus und wir haben einen massiven Unwillen, Menschen mit | |
Behinderung die gleiche Teilhabe zukommen zu lassen.“ | |
Seit 2019 hat sich die Zahl der Menschen, die sich an die ADS gewandt | |
haben, mehr als verdoppelt: Vor sechs Jahren waren es 4.247 gewesen, 2023 | |
schon 10.772. 43 Prozent der Anfragen betrafen ethnische, rassistische oder | |
antisemitische Diskriminierung, 27 Prozent Benachteiligungen wegen einer | |
Behinderung oder chronischer Krankheit, 24 Prozent das Geschlecht. | |
Besonders im Arbeitsleben meldeten Menschen Erfahrungen mit | |
Diskriminierung. So würden Frauen oft schon bei der Jobsuche benachteiligt. | |
Später sei dann auch Mutterschaft ein „Diskriminierungsrisiko“, wie Ataman | |
bekräftigte. [2][Auch ungleiche Bezahlung] und sexuelle Belästigung gehören | |
weiterhin zum Arbeitsleben vieler Frauen in Deutschland. | |
## Viele Fälle von Transfeindlichkeit | |
Auch in anderen Bereichen erlebten Frauen immer wieder Ausgrenzung: „In den | |
letzten fünf Jahren hat sich die Zahl der Frauen verdoppelt, die | |
Diskriminierung erlebt haben“, so Ataman. | |
Fälle von Transfeindlichkeit traten im erfassten Jahr 2024 ebenfalls | |
gehäuft auf. Ataman sagte, ihr mache „große Sorgen“, dass die Ausgrenzung | |
von trans Personen inzwischen „viel hemmungsloser, viel offener“ betrieben | |
werde als noch vor einigen Jahren. | |
Für die insgesamt gestiegenen Zahlen machte die | |
Antidiskriminierungsbeauftragte auch die AfD verantwortlich: Mit steigenden | |
Zustimmungswerten für die rechtsextreme Partei würden sich mehr Menschen | |
legitimiert fühlen, diskriminierende Bemerkungen zu machen. Ataman sprach | |
sich für die Prüfung eines AfD-Verbotsverfahrens durch das | |
Bundesverfassungsgericht aus. | |
Kurzfristig sei es an der Bundesregierung, Reformvorhaben entschlossen | |
voranzutreiben. „Die Menschen müssen sich darauf verlassen können, dass die | |
Regierung Wort hält und den Schutz vor Diskriminierung entschieden | |
verbessert“, sagte Ataman. Union und SPD hatten im Koalitionsvertrag eine | |
Stärkung und Verbesserung des Diskriminierungsschutzes verabredet. | |
## „Nicht mal europäische Mindeststandards“ | |
Dazu soll das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) reformiert werden, | |
das seit 2006 im Arbeitsleben sowie bei Alltagsgeschäften vor Ausgrenzungen | |
aufgrund von Alter, Behinderung, Geschlecht, Religion oder Weltanschauung, | |
sexueller Identität sowie „Rasse“ und „ethnischer Herkunft“ schützen … | |
Die Vorgängerregierung hatte entsprechende Reformpläne nicht umgesetzt. | |
Das AGG sei „eines der schwächsten Antidiskriminierungsgesetze in Europa“, | |
so Ataman, es erfülle in Teilen nicht einmal europäische Mindeststandards. | |
In Deutschland werde „Falschparken konsequenter geahndet, als andere | |
Menschen zu diskriminieren“. Das Gesetz decke viele Formen der | |
Diskriminierung nicht ab. So gilt das gesetzlich verankerte | |
Diskriminierungsverbot nicht für [3][staatliche Stellen wie Ämter, Polizei | |
oder die Justiz]. | |
Rund ein Viertel der Anfragen entfällt jedoch auf diesen öffentlichen | |
Bereich. „Menschen sind im Restaurant besser vor Diskriminierung geschützt | |
als auf dem Amt“, sagte Ataman. Dieser ungleiche Standard müsse „dringend | |
reformiert werden“. Außerdem solle der Bund zivilgesellschaftliche | |
Initiativen wie etwa Beratungsangebote stärker fördern. | |
Kritik übte Ataman an Überlegungen, das Amt des Antiziganismusbeauftragten | |
abzuschaffen. „Ich würde mir wünschen und halte es für wichtig, dass es | |
diese Stelle und dieses Amt weiter gibt“, sagte sie. Die verschiedenen | |
Regierungsbeauftragten seien eine wichtige Errungenschaft. Der Nutzen | |
dieser klar identifizierbaren Ansprechpartner*innen für | |
Bürger*innen sei hoch: „Ich finde, das sollte es uns wert sein.“ | |
3 Jun 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/aktuelles/DE/2025/2025… | |
[2] /Frauenarmut-und-Gender-Pay-Gap/!6066820 | |
[3] /Diskriminierung-durch-Beamtinnen/!6086111 | |
## AUTOREN | |
Sönke Gorgos | |
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