# taz.de -- Die Linke und die Zukunft: Nach spektaktulärem Comeback | |
> Nach ihrem spektakulären Comeback hat die Linke mehr Macht in der | |
> Opposition. Bei der Klausur in Potsdam muss sie nun zunächst einiges | |
> ausdiskutieren. | |
Bild: Doppelt so groß im Bundestag, doppelt so viele Mitglieder: Wie macht die… | |
Potsdam dpa | Mehr als doppelt so viele Parteimitglieder wie vor einem | |
Jahr, mehr als doppelt so viele Abgeordnete wie im alten Bundestag: [1][Die | |
Linke] wirkt nach ihrem [2][spektakulären Comeback] wie runderneuert. | |
Erstmals hat die Partei im Bund eine Schlüsselrolle, denn | |
Zweidrittelmehrheiten jenseits der AfD gibt es nur noch mit ihr. An diesem | |
Freitag erklärt die Partei- und Fraktionsspitze nach einer Klausurtagung | |
der neuen Bundestagsfraktion, was sie daraus machen will. Ganz ohne | |
Wachstumsschmerzen geht es dabei für die Linke nicht. | |
Mitte 2024 hatte die Linke 52.127 Mitglieder und stand in Umfragen | |
bundesweit bei etwa 3 Prozent. Dann übernahmen Ines Schwerdtner und Jan van | |
Aken als neue Vorsitzende. Neben anderen Faktoren verhalfen verbrauchernahe | |
Themen wie Mieten und Preise sowie eine starke Mobilisierung gegen rechts | |
der Partei schließlich zu 8,8 Prozent der Stimmen. Heute hat sie nach | |
eigenen Angaben 110.300 Mitglieder. 64 Linke sitzen im neu gewählten | |
Bundestag, nach zuletzt nur 28. | |
Nur 13 Abgeordnete waren schon in der vorherigen Legislatur dabei. Die | |
Linke hat die drei jüngsten Volksvertreter und mit 42,2 Jahren den jüngsten | |
Altersschnitt aller Fraktionen. Viele Neue, viele ohne Parlamentserfahrung, | |
wie bindet man die zusammen? „Das ist eine große Herausforderung“, sagt der | |
Chemnitzer Parteienforscher Benjamin Höhne. | |
Gefragt sind die bisher nur kommissarisch bestimmten Fraktionsvorsitzenden | |
Heidi Reichinnek und Sören Pellmann. Alles machbar, heißt es aus der | |
Fraktion. Die Stimmung bei der Klausur in Potsdam sei nach dem Wahlerfolg | |
im Bund und in Hamburg jedenfalls prächtig. | |
## Differenzen bei Schuldenbremse, Ukraine und Nahost | |
Ganz ohne Rumpeln [3][ging es in den ersten Wochen seit der Bundestagswahl | |
aber nicht]. Die Partei- und Fraktionsführung hatte sich im Streit über das | |
Schuldenpaket für Verteidigung und Infrastruktur rasch festgelegt: nicht | |
mehr in der alten Legislatur, lieber in der neuen Wahlperiode eine | |
umfassende Reform der Schuldenbremse. Doch die Landesregierungen mit | |
Beteiligung der Linken in Bremen und Mecklenburg-Vorpommern hielten sich | |
nicht daran. Im Bundesrat stimmten sie zu. | |
Das hätte sie sich anders gewünscht, sagte Reichinnek später. Aber sie | |
könne auch verstehen, dass die Länder die ihnen zugedachten Mittel aus dem | |
schuldenfinanzierten Sondervermögen von 500 Milliarden Euro dringend | |
bräuchten. | |
Die Linken-Spitze kritisierte die Schuldenpläne auch inhaltlich: viel zu | |
viel Geld für Rüstung. Aber die Linie zu Verteidigung und Ukrainehilfen ist | |
intern noch Debattenstoff. Anders als Parteichef van Aken hat sich zum | |
Beispiel sein Genosse Bodo Ramelow für Waffenhilfen an die Ukraine | |
ausgesprochen. | |
Ein ähnlicher Konfliktherd ist für die Linke der Nahe Osten. Van Aken | |
vermittelte zwar im Oktober eine Kompromissformel zum Gazakrieg. Aber | |
radikale Israelkritik gibt es in der Partei weiter. Wo genau die vielen | |
neuen Mitglieder und Abgeordneten in diesen Streitfragen stehen, ist | |
unklar. | |
„Die Linke wird nicht umhinkommen, auf die veränderten | |
sicherheitspolitischen Herausforderungen neue Antworten zu geben“, meint | |
Parteienforscher Höhne. „Die neue Linke wäre gut beraten, die Gefahren | |
anzuerkennen, die vom russischen Imperialismus ausgehen, und an der neuen | |
Verteidigungspolitik Deutschlands und seiner Bündnispartner konstruktiv | |
mitzuwirken.“ | |
## Staatstragend oder widerständig | |
Ohne die Linke haben Union, SPD und Grüne im Bundestag keine | |
verfassungsändernde Mehrheit mehr, wenn alle weiter Abstand zur AfD halten. | |
Die Union könnte sich gezwungen sehen, ihre Absage an eine Zusammenarbeit | |
mit der Linken zu überprüfen. Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident | |
[4][Daniel Günther (CDU) warb kürzlich im Tagesspiegel] für [5][Gespräche | |
mit der Linken]. Reichinnek sagte dazu [6][im Gespräch mit Anne Will]: „Wir | |
stehen auch für Gespräche mit der Union bereit, ganz klar.“ | |
Wird die Linke also staatstragend, wird sie gar im Bund irgendwann | |
mitregieren? „Eine staatstragende Rolle spielt die Linke bereits auf der | |
Landesebene“, sagt Höhne. „Im Bund würde ich sie auch für möglich halte… | |
wenn die Linke auf einen pragmatischen außen- und sicherheitspolitischen | |
Kurs ginge.“ Der Politologe gibt diese Prognose ab: „Die Linke muss sich | |
entscheiden, ob sie Politik exekutiv mitgestalten und dafür Kompromisse | |
eingehen kann oder sich immer nur mit einer Oppositionsrolle | |
zufriedengibt.“ | |
28 Mar 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Die-Linke/!t5007994 | |
[2] /Die-Linke/!6070937 | |
[3] /Neuer-Aerger-in-der-Linkspartei/!6077942 | |
[4] https://www.tagesspiegel.de/politik/schleswig-holsteins-ministerprasident-g… | |
[5] /Generelle-Reform-der-Schuldenbremse/!6078054 | |
[6] https://politik-mit-annewill.podigee.io/77-was-macht-die-linke-mit-dem-hype | |
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