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# taz.de -- Neuer Ärger in der Linkspartei: Frieden war gestern
> Nach der Zustimmung der Länder Bremen und Mecklenburg-Vorpommern im
> Bundesrat zur Grundgesetzänderung rumort es wieder kräftig in der
> Linkspartei.
Bild: Wie schon zu früheren Zeiten, sorgt die Friedenspolitik für heftige Dis…
Berlin taz | Der Frieden in der Linkspartei dauerte nicht lange. Nachdem
Bremen und Mecklenburg-Vorpommern im Bundesrat für die Aufweichung der
Schuldenbremse zugunsten höherer Militärausgaben gestimmt haben, wird jetzt
wieder innerparteilich scharf geschossen. Dass die beiden
Landesregierungen, an denen die Linke beteiligt ist, für das „Schulden- und
Aufrüstungspaket“ von Merz gestimmt hätten, sei „ein historisches
Versagen“, empört sich nicht nur die Europaabgeordnete Özlem Alev Demirel.
Denn: „Der Kampf gegen Kriegskredite und Sozialabbau gehört zusammen.“
Grund für den Unmut ist, dass am Freitag [1][der Bundesrat mit
Zweidrittelmehrheit] einem Grundgesetzänderungspaket zugestimmt hat, das
neben der Einrichtung eines Infrastruktursondervermögens in Höhe von 500
Milliarden Euro und der Schaffung eines größeren finanziellen Spielraums
für die Länder auch eine Lockerung der Schuldenbremse zur Ermöglichung
wesentlich höherer Verteidigungsausgaben enthält.
Nur die vier Bundesländer, in denen das BSW oder die FDP mitregieren,
enthielten sich der Stimme. Die beiden Bundesländer, in denen die
Linkspartei beteiligt ist, stimmten hingegen zu. Damit stellten sich die
Linken in Bremen und Mecklenburg-Vorpommern gegen den Kurs der
Bundespartei, die vehement gegen den „Blankoscheck für unbegrenzte
Aufrüstung“ protestiert hatte.
Mit mehreren [2][Eilanträgen beim Bundesverfassungsgericht] hatte sie sogar
vergeblich versucht, eine Beschlussfassung durch den alten Bundestag zu
verhindern, weil im neuen Union, SPD und Grüne nicht mehr die nötige
Zweidrittelmehrheit haben. Noch am Dienstag warnte Fraktionschef Sören
Pellmann im Bundestag vor einer „Militarisierung in nie gekanntem Ausmaß“.
## Rechtfertigungsversuche aus Bremen und Mecklenburg-Vorpommern
Der Bundesvorstand hatte am Donnerstag [3][in einem Beschluss]
festgehalten, er setze darauf, dass es „zu einer Ablehnung des Finanzpakets
in den links mitregierten Ländern“ kommen werde. In einem offenen Brief
forderten mehrere Kreisverbände, der Linken-Studierendenverband sowie mehr
als 2.500 Mitglieder die Linken in Mecklenburg-Vorpommern und Bremen auf,
„innerhalb der jeweiligen Landesregierung ein klares Nein anzuzeigen“.
Doch die dortigen Ministerinnen und Senatorinnen haben sich anders
entschieden. „Ausschlaggebend für unsere heutige Zustimmung im Bundesrat
war am Ende die Verantwortung für das Bundesland Bremen“, erklärte die
Bremer Linken-Senatorin Claudia Bernhard. Das Paket könne Bremen und
Bremerhaven „einen dringend benötigten finanziellen Spielraum verschaffen,
auch wenn dieser begrenzt ist“.
Angesichts des aktuellen Drucks auf die öffentlichen Finanzen könne „dies
einen spürbaren Unterschied machen“. Deswegen habe die Linke in Bremen nach
intensiven Diskussionen und einer sorgfältigen Abwägung dem Paket
schließlich zugestimmt, auch wenn sie weiterhin Kritik daran habe.
Ähnlich lautet die Begründung in Mecklenburg-Vorpommern. „In
Mecklenburg-Vorpommern ist sich die Linke ihrer Verantwortung bewusst,
Landespolitik im Interesse der Menschen zu gestalten“, heißt es in einer
Stellungnahme der Landtagsfraktionsvorsitzenden Jeannine Rösler. „Die
finanziellen Spielräume, die sich aus der Reform der Schuldenbremse
ergeben, sowie die Mittel aus dem Sondervermögen müssen für dringend
erforderliche Investitionen in die öffentliche Infrastruktur, insbesondere
Schulen und Kitas sowie Krankenhäuser, und den Klimaschutz verwendet
werden.“
Darüber hinaus verweist Rösler auf die Erklärung, die das Land
Mecklenburg-Vorpommern im Bundesrat zu Protokoll gegeben hat. „Die
limitierte Bereichsausnahme für Verteidigungsausgaben im Rahmen der
Schuldenregel wird von den Koalitionspartnern uneinheitlich bewertet“, ist
da zu lesen. „Die Landesregierung nimmt mit Respekt die differenzierende
und ablehnende Haltung des Koalitionspartners Die Linke zur Kenntnis.“ Aber
in der Gesamtabwägung unterstütze das Land „aus landespolitischer
Verantwortung sowie aus Landesinteresse das Gesetzespaket“.
## Kritik des Bundesgeschäftsführers
Linken-Bundesgeschäftsführer Janis Ehling geißelte hingegen den
Bundesratsbeschluss. „Die heute beschlossenen einseitigen Ausnahmen der
Schuldenbremse sind falsch und demokratiefeindlich“, sagte er. Die Linke
lehne „diese blinde Rüstungsspirale und diese Absage an eine soziale
Demokratie ab“.
Seine Parteifreunde in Bremen und Mecklenburg-Vorpommern würden das
politisch ebenso sehen und hätten „das per Protokollnotiz auch zum Ausdruck
gebracht“, versuchte Ehling sie in Schutz zu nehmen. Aber er fügte hinzu:
„Konsequenterweise hätte aus Sicht der Bundespartei auch eine Ablehnung im
Bundesrat erfolgen müssen.“
Hatte sich die Partei in den vergangenen Wochen und Monaten mit öffentlich
ausgetragenen Streitereien auf Social Media-Plattformen wie „X“ auffällig
zurückgehalten, scheint es damit jetzt vorbei zu sein. „Dass Bundesländer
mit Beteiligung meiner Partei, die Linke, ihre Zustimmung zu den
Kriegskrediten nicht verweigern, ist ein schwerer Fehler und untergräbt
unsere friedenspolitischen Positionen“, twitterte die
Ex-Bundestagsabgeordnete Susanne Ferschl.
Der frühere Thüringer Landtagsabgeordnete Frank Kuschel schrieb: „Das
Abstimmungsverhalten aus Bremen und MV ist enttäuschend und durch nichts zu
rechtfertigen, zumal diese sechs Stimmen nicht mal ausschlaggebend gewesen
sind.“ Nur zwei von zahlreichen Proteststimmen.
## Das doppelte Dilemma der Linken
Die Linkspartei befindet sich in einem doppelten Dilemma: Auch in
Konkurrenz zur Kremlpartei BSW versucht die Linke zum einen als konsequente
Friedenspartei zu erscheinen. Zugleich tritt sie für eine generelle
Abschaffung der Schuldenbremse ein. Auch das würde der Regierungsmehrheit
jenen „Blankoscheck für unbegrenzte Aufrüstung“ bescheren, den die Partei
eigentlich entschieden ablehnt. Um eine schlüssige Antwort darauf, wie sie
angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Bundestag mit diesem Widerspruch
umgehen will, hat sich die Linke bislang gedrückt.
Zum anderen verweist insbesondere das Abstimmungsverhalten der Länder, in
denen die FDP mitregiert, auf ein weiteres Problem: Wenn die
Grundgesetzänderungen im Bundesrat gescheitert wären, hätte das die
Aufrüstungspläne von Union und SPD keineswegs verhindert. Die Folgen wären
vielmehr fatal nicht nur für den finanziellen Spielraum der Länder, sondern
vor allem für den Bundeshaushalt gewesen.
Die von den angehenden Koalitionären – und auch den Grünen – für notwend…
erachtete Steigerung der Militärausgaben wäre in direkte Konkurrenz zu
Ausgaben beispielsweise im Sozial- oder auch Klimaschutzbereich gestellt
worden und damit zu deren Lasten gegangen. Genau das intendierte die FDP –
und auch die AfD. Beide sind für starke Aufrüstung, aber unter Einhaltung
der Schuldenbremse.
Tatsächlich könnte vor diesem Hintergrund eine Ablehnung im Bundestag als
politisches Zeichen gegen Aufrüstung und die pragmatische Zustimmung der
von den Linken mitregierten Länder im Bundesrat auch einfach nur als zwei
Seiten einer Medaille gesehen werden.
Ob es klug gewesen ist, von den Linken in Bremen und
Mecklenburg-Vorpommern, allzu realpolitisch kein Veto einzulegen, obwohl es
letztlich gar nicht auf die Stimmen der beiden Länder angekommen ist, ist
eine andere Frage.
Im Mai kommt die Linke in Chemnitz zum Bundesparteitag zusammen. Es dürfte
einigen Gesprächsbedarf geben.
21 Mar 2025
## LINKS
[1] /Bundesrat-stimmt-Finanzpaket-zu/!6077180
[2] /Geplante-Grundgesetz-Aenderungen/!6075136
[3] https://www.die-linke.de/partei/parteidemokratie/parteivorstand/parteivorst…
## AUTOREN
Pascal Beucker
## TAGS
Bundesrat
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