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# taz.de -- Ungarn auf Abwegen: Ungarisches Parlament stimmt für Pride-Verbot
> Mit dem Verbot dürfte Orbán die Opposition diskreditieren und von anderen
> Themen ablenken wollen. Budapests Bürgermeister kündigt Widerstand an.
Bild: Mit Gesichtserkennungssoftware plant Ungarns Regierung die Durchsetzung i…
Wien taz | Minderheiten wie die LGBTIQ+ Community sind dem ungarischen
Premierminister Viktor Orbán schon lang ein willkommenes Feindbild. Nun
stimmte das Parlament am Dienstagnachmittag einem Gesetzesvorschlag seiner
Fidesz-Partei zu, die darauf abzielt, die jährlichen Pride-Paraden in
Ungarn zu verbieten. Der Vorschlag wurde von der Nationalversammlung, mit
136 Stimmen dafür und 27 dagegen, angenommen.
Bei Verstößen gegen das Verbot drohen künftig Geldbußen für Organisatoren
und Teilnehmer etwa der alljährlichen Budapest Pride von vermutlich bis zu
200.000 Forint (etwa 500 Euro). Das entspricht etwa einem
durchschnittlichen ungarischen Monatslohn.
Der Gesetzentwurf sieht vor, dass zur Identifizierung von Teilnehmern
Gesichtserkennungs-Software eingesetzt werden darf. Formal handelt es sich
um eine Ergänzung des Versammlungsgesetzes, wonach Versammlungen nicht
gegen das bestehende „Kinderschutz“-Gesetz verstoßen dürfen.Obwohl die
Budapest Pride nicht explizit genannt wird, zielt der Entwurf eindeutig
darauf ab.
## Umstrittenes Kinderschutz-Gesetz
Bereits seit 2021 verbietet das ungarische „Kinderschutz“-Gesetz
Minderjährigen den Zugang zu Informationen über nicht-heterosexuelle
Lebensformen. „Eine Schande“ hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der
Leyen das umstrittene Gesetz genannt, das die Zurschaustellung von
„LGBT-Inhalten“ vor Minderjährigen unter Strafe stellt.
Filme wie Harry Potter dürfen seither nicht mehr tagsüber im ungarischen
Fernsehen gezeigt werden, Bücher mit anderen Familienbildern als
Vater-Mutter-Kind müssen mit Warnhinweisen versehen werden.
Ebenso verbot die ungarische Regierung trans Menschen, ihren
Geschlechtseintrag ändern zu lassen. Homosexuellen ist die Adoption von
Kindern ausnahmslos verboten. Die ungarische Führung stellt die
Gleichstellung von LGBTIQ+ als „westliche Dekadenz“ dar, vor die es die
Mehrheitsbevölkerung zu schützen gelte. Ähnliches kennt man aus Russland
und Belarus.
Wichtiger Fixpunkt für die kritische Zivilgesellschaft ist daher die
Budapest Pride, der Höhepunkt des seit 1997 stattfindenden
LGBTIQ+-Festivals. Zehntausende nehmen alljährlich an der friedlichen
Parade teil, die Orbán schon länger ein Dorn im Auge ist. Bereits im
Februar deutete er ein Verbot an und empfahl den Organisatoren, sich nicht
mit den Vorbereitungen zu beschäftigen, da dies „verschwendete Zeit und
Geld“ sei.
Als „Ablenkungsmanöver“ wertet Andrea Pető, Politikwissenschaftlerin am
Institut für Gender Studies der Central European University in Wien, den
neuen Vorstoß. Das Gesetz käme Orbán gleich in mehrfacher Hinsicht zugute.
„Erstens können die Gegner des Verbots nun sämtlich als Unterstützer der
LGBT+-Lobby attackiert werden. Zweitens gewinnt Orbán die öffentliche Arena
von seinem derzeit alles dominierenden Herausforderer Petér Magyar zurück.
Und drittens, weil brennende Themen wie die höchste Inflation der EU oder
das zusammenbrechende Gesundheits- und Bildungssystem keinen Platz
bekommen.“
## Politologin: Ziel ist das Schüren von Angst
Ziel der antiliberalen Regierung sei weniger die tatsächliche Umsetzung,
sondern das Schüren von Angst. Die Bestrafung aller Teilnehmenden der
Budapest Pride etwa sei unmöglich durchzusetzen, sagt Pető. Das Thema werde
nun aber von allen diskutiert.
Der Budapester Bürgermeister Gergely Karácsony, der zur links-grünen
Opposition gehört, kündigte bereits Widerstand an und erklärte auf
Facebook: „Budapest lässt diejenigen, die für ihre Selbstachtung,
Gemeinschaft, Freiheit und die Macht der Liebe einstehen, nicht im Stich.“
Es werde eine Pride geben, „möglicherweise größer als je zuvor.“
18 Mar 2025
## AUTOREN
Florian Bayer
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