# taz.de -- Rechtsextreme Demoversuche in Berlin: Endsieg bis auf Weiteres vers… | |
> Neonazis versuchen ausdauernd, an linken Orten gegen Linke zu | |
> demonstrieren. Jetzt scheint der rechte Anmelder Ferhat Sentürk die Lust | |
> zu verlieren. | |
Bild: Kurz vor Feierabend: der ehemalige AfD-Politiker Ferhat Sentürk demonstr… | |
Berlin taz | Wie oft denn noch? Bereits drei Mal gingen überwiegend | |
jugendliche Neonazis in Berlin seit Dezember gegen „Linksextremismus“ auf | |
die Straße, [1][zuletzt am vergangenen Samstag]. Auf den durch Blockaden | |
diesmal nicht nur frühzeitig gestoppten, sondern gänzlich verhinderten | |
Aufmarsch folgte vom Anmelder Ferhat Sentürk, einem in der AfD | |
gescheitertem Aachener Selbstdarsteller, sogleich die Ankündigung, am 12. | |
April wiederzukommen. Das Ziel, durch die Rigaer Straße zu laufen – | |
Symbolort der autonomen Szene –, haben sie schließlich noch nicht erreicht. | |
Drei Tage nach der blockierten Demo verbreitete Sentürk jedoch Sätze, die | |
hoffen lassen: „Heute ist ein Wendepunkt, einer, der mich aufwühlt, aber | |
auch befreit“, schrieb er auf Social Media. Und: „Ich sehe keinen Sinn mehr | |
in diesem politischen Zirkus.“ | |
Zwar garnierte er die Aussagen mit allerlei Durchhalteparolen, doch schon | |
am Samstag war zu beobachten, dass Sentürk die erneute Niederlage nicht gut | |
verkraftete. Von Minute zu Minute des stundenlangen Wartens wurde er | |
ungehaltener. Gut möglich, dass ihm die Lust tatsächlich vergangen ist. | |
Laut Polizei liegt derzeit keine Anmeldung für einen weiteren Aufzug vor. | |
Der Spuk wäre schneller zu Ende, als zu befürchten war. | |
## Einsicht kann mitunter dauern | |
Dabei kann die Einsicht der extremen Rechten, dass ihre Unterfangen | |
aussichtslos sind, mitunter dauern. Der Hamburger Neonazi [2][Christian | |
Worch] etwa rief ab Anfang der 2000er innerhalb von sechs Jahren zu | |
insgesamt 16 Aufmärschen nach Leipzig – stets wollte er seine Kameraden zum | |
Völkerschlachtdenkmal führen, immer scheiterte er. Für | |
Antifaschist:innen bedeutete das viel Zeit, Aufwand und Gefahren, nur | |
um einen symbolischen Sieg der Rechtsextremen abzuwehren. Selbiges drohte | |
auch in Berlin. | |
Auf die Straße ging hier überwiegend jene [3][extrem rechte, | |
jugendkulturelle Szene], die sich bei Protesten gegen [4][CSD-Paraden in | |
Bautzen] oder Magdeburg im vergangenen Sommer erstmals zeigte. Viele von | |
ihnen fühlen sich neuen bundesweit agierenden Gruppen wie „Jung und Stark“ | |
oder der „Deutschen Jugend Voran“ zugehörig. Die Aufzüge sind im Kern | |
unpolitisch, es gibt nichts, was sie fordern. Stattdessen dienen sie zur | |
Provokation des politischen Gegners, sind Events, die das Gefühl von | |
Einheit und Stärke stiften sollen, laut und provokativ. Dabei erinnern sie | |
mehr an Fanmärsche von Ultras als an politische Demonstrationen. | |
Politisch sind sie bedeutungslos, selbst die AfD lässt sich nicht blicken, | |
doch gefährlich sind die jungen Rechtsextremen allemal. Im Dezember | |
[5][überfielen anreisende Teilnehmer zwei Wahlkämpfer:innen der SPD] | |
und verletzten diese, seit vergangener Woche steht der Berliner | |
[6][DJV-Führungskader Julian M. aufgrund mehrerer Gewaltdelikte vor | |
Gericht]. So politisch irrelevant ihre Aufmärsche sein mögen, sie | |
unbehelligt ziehen zu lassen, hieße, sie in ihrer Hybris zu bestärken, | |
letztlich auch, sie zu neuen Gewalttaten zu motivieren. | |
Die Opferperspektive Brandenburg machte diese Woche zwei militante Angriffe | |
auf einen alternativen Jugendclub in Spremberg Ende vergangenes Jahres | |
öffentlich und betonte, dies sei kein Einzelfall. Besorgt hieß es: „In | |
Brandenburg verfestigt sich eine neue, subkulturell geprägte rechte | |
Jugendkultur mit hohem Gewaltpotenzial.“ Es ist genau jene Szene, der | |
zumindest in Berlin-Friedrichshain erfolgreich der Raum genommen wurde. | |
Ein neuer selbsternannter Anführer, der die Jung-Nazis wieder auf die | |
Straße führt, wird sich finden. Zurücklehnen können sich | |
Antifaschist:innen eh nicht. Schon diesen Samstag ziehen Neonazis der | |
Kleinstpartei „Der Dritte Weg“ durch Hellersdorf. | |
29 Mar 2025 | |
## LINKS | |
[1] /SS-Lieder-und-Rechtsrock/!6077963 | |
[2] /Demo-auf-Nordseeinsel-abgesagt/!5867250 | |
[3] /Rechtsextreme-Jugend/!6024038 | |
[4] /CSD-in-Bautzen/!6029166 | |
[5] /Angriff-auf-SPD-Mitglieder-in-Berlin/!6057431 | |
[6] /Deutsche-Jugend-Voran/!6074835 | |
## AUTOREN | |
Erik Peter | |
## TAGS | |
Rechtsextremismus | |
Schwerpunkt Antifa | |
Schwerpunkt Stadtland | |
Friedrichshain | |
Rigaer Straße | |
wochentaz | |
GNS | |
Schwerpunkt Neonazis | |
taz Plan | |
Schwerpunkt Neonazis | |
taz Plan | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Jung-Nazis wollen demonstrieren: Hitlern ohne Führer | |
Im Juni wollen Neonazis der DJV durch Mitte ziehen – in Abgrenzung zu | |
Ferhat Sentürk. Auch diesen Samstag gibt es eine rechte Demo. | |
Bewegungstermine in Berlin: Antifaschismus muss! | |
In Friedrichshain konnte erneut ein Neonazi-Aufmarsch verhindert werden. | |
Und schon geht es weiter mit Soli-Aktionen gegen rechte Hetze und | |
Rassismus. | |
Kaum Auflagen für Nazi-Demo: Rechtsrock in Friedrichshain | |
Bei der Neonazi-Demo am Samstag wird der Sänger von „Kategorie C“ | |
auftreten. Die Polizei rechnet nicht mit Problemen. | |
Bewegungstermine in Berlin: Die Entnazifizierung von Friedrichshain | |
Erneut wollen Jungnazis durch Friedrichshain laufen. Die Betonung liegt auf | |
„wollen“ – viele Antifas werden sich ihnen entgegenstellen. |