# taz.de -- Disziplinarklage gegen Ulrike B.: Bremer Bamf-Chefin soll Pension v… | |
> Im Strafprozess rund um den „Bamf-Skandal“ blieb 2021 wenig übrig von den | |
> Vorwürfen gegen Ulrike B. Das Amt legt dennoch eine Disziplinarklage | |
> nach. | |
Bild: Angeklagt sein, das kennt sie schon: Ulrike B. (sitzend) 2021 während de… | |
Bremen taz | Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) zieht | |
Ulrike B. weiter vor Gericht: Nachdem die Behörde der suspendierten | |
ehemaligen Leiterin der Bremer Bamf-Außenstelle schon disziplinarrechtlich | |
die Bezüge gekürzt hat, ist nun auch noch eine Disziplinarklage gegen B. | |
anhängig. | |
Die ermöglicht, die schärfsten Mittel des Beamten- und Disziplinarrechts zu | |
anzuwenden: eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis und den Verlust der | |
Pensionsansprüche. Die Klage wurde bereits im vergangenen August beim | |
Bremer Verwaltungsgericht eingelegt, wie der Spiegel am Freitag berichtete. | |
Beim sogenannten „Bamf-Skandal“ war 2018 kolportiert worden, dass in der | |
Bremer Außenstelle unter Leitung von B. massenhaft Asylanträge falsch | |
beschieden wurden – systematisch seien Asylbewerber*innen zu Unrecht | |
Aufenthaltserlaubnisse erteilt worden. Medien und Politiker*innen | |
sprachen von „bandenmäßiger Kriminalität“, Vorwürfe der Korruption stan… | |
im Raum. | |
Viele Medien hatten ihr Urteil vielfach schon getroffen, zeitweise durfte | |
die Bremer Außenstelle des Bamf gar keine Asylanträge mehr bearbeiten. | |
Bremer Staatsanwälte wandten sich an Medien mit ehrenrührigen | |
Falschmeldungen über B.s Privat- und Liebesleben. | |
## Vorwürfe hatten kaum Substanz | |
Erst als der Strafprozess 2021 näher rückte, wurde klar: Die Vorwürfe | |
hatten kaum Substanz. War ursprünglich von mehr als tausend Fällen und von | |
drohender Haftstrafe die Rede, wurde am Ende keine einzige | |
ausländerrechtliche Straftat in der Anklageschrift zugelassen. | |
Eine Innenrevision von 80.000 Fällen, die das Bremer Bamf beschieden hatte, | |
zeigte zudem: Nur etwa 50 Entscheidungen waren klar falsch – die Bremer | |
Behörde hatte damit eine [1][bessere Quote als der Bundesschnitt]. | |
Übrig blieben in der Anklageschrift zum Strafprozess nur [2][knapp zwei | |
Dutzend Vorwürfe:] Darin ging es um mögliche Vorteilsnahme (der | |
Mitangeklagte Anwalt Irfan C. hatte eine Hotelübernachtung von B. für 65 | |
Euro gezahlt), um mögliche Vertuschung (einige Mails, die gelöscht oder in | |
andere Ordner verschoben worden waren) und um möglichen Geheimnisverrat (B. | |
hatte Anwälten Dokumente weitergeleitet, etwa standardisierte Fragebögen | |
für Asylantragsstellende, die nicht öffentlich, sondern als Verschlusssache | |
für den Dienstgebrauch klassifiziert waren). Verurteilt wurde nichts davon: | |
Der Prozess wurde eingestellt, gegen eine Zahlung von 10.000 Euro durch | |
Ulrike B. | |
Ob es in der Disziplinarklage darum gehen wird, genau diese Vorwürfe | |
aufzuarbeiten, oder ob weitere Punkte im Raum stehen, ist nicht klar: Weder | |
das Bamf noch der Anwalt von Ulrike B. sprechen aktuell darüber, welche | |
Punkte im Verfahren verhandelt werden könnten. | |
Auch das Verwaltungsgericht kann sich noch nicht äußern, obwohl die | |
Disziplinarklage schon im vergangenen August eingegangen ist: Die | |
Klageschrift ist laut Verwaltungsgericht umfangreich – von über 300 Seiten | |
ist die Rede; ob es überhaupt noch in diesem Jahr zu einer Verhandlung | |
kommt, ist unklar. | |
Wenn es irgendwann losgeht, kann auch das Verfahren selbst sich noch | |
ziehen: Da das Strafverfahren 2021 eingestellt wurde, gibt es für das | |
Verwaltungsgericht auch kein Bindungsurteil. Die Disziplinarkammer müsse | |
alles selbst aufarbeiten, so Richter Jens Bogner als Sprecher des Gerichts. | |
Schon bisher werden der suspendierten B. die monatlichen Bezüge um die | |
Hälfte gekürzt; B. klagt dagegen in einem Eilverfahren, die Entscheidung | |
selbst [3][konnte vom Bamf] aber zunächst ohne Gerichtsurteil getroffen | |
werden. Das unterscheidet dieses mildere disziplinarrechtliche Mittel von | |
dem scharfen Schwert „Entfernung aus dem Beamtenverhältnis“, das nach altem | |
Recht, unter das B. noch fällt, nur durch ein Gericht ausgesprochen werden | |
kann. | |
Ein Ende des Beamtenverhältnisses würde für die ehemalige Leiterin der | |
Bremer Behörde die Aberkennung des Ruhegehalts bedeuten. Das heißt nicht, | |
dass sie im Ruhestand überhaupt kein Geld bekäme: Das Bamf müsste die | |
mittlerweile 65-Jährige [4][nachträglich in der gesetzlichen | |
Rentenversicherung versichern]. Einen finanziellen Nachteil bedeutet das | |
für B. aber auf jeden Fall. | |
18 Mar 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Bremer-Bamf-Prozess/!5763392 | |
[2] /Prozessauftakt-Bamf-Skandal/!5760564 | |
[3] /Laengere-Dauer-von-Asylverfahren/!6074052 | |
[4] https://www.michaelbertling.de/disziplinarrecht/nachversicherung.htm | |
## AUTOREN | |
Lotta Drügemöller | |
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