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# taz.de -- Wahl des IOC-Präsidenten: Olympisches Ringen
> Am Donnerstag wird der mächtigste Posten in der Sportwelt vergeben. Es
> gibt sechs Kandidaten und eine Kandidatin und viele drängende Probleme.
Bild: Hang zum Sakralen: der letzte olympische Ring wird bei der Abschlussfeier…
## Die Wahl
Vielleicht ist es der [1][sakralen Neigung des olympischen Sports]
geschuldet, weshalb die Wahl seines Oberhaupts in etwa so undurchsichtig
angelegt ist wie eine Papstwahl. Bestimmt wird dieses nach der auslaufenden
Amtszeit von Thomas Bach am 20. März im Geburtsland der Olympischen Spiele,
genauer im griechischen Costa Navarino – hinter verschlossenen Türen.
Gewählt werden darf nur, wer bereits Mitglied des Internationalen
Olympischen Komitees ist, von ebendiesem Gremium, dem 111 Menschen
angehören. Ihre Vorstellungen durften die Bewerber den IOC-Kollegen nur in
einer auf 15 Minuten und 30 Sekunden begrenzten Präsentation vorstellen.
Nachfragen waren nicht vorgesehen – vermutlich um Irritationen zu
vermeiden.
Jenseits dieser einmaligen Gelegenheit ist es den Kandidaten strengstens
untersagt, für sich und ihr Programm auf öffentlichen Versammlungen zu
werben, auch Wahlvideos sind verboten. Inhaltliche Auseinandersetzungen
sind also unerwünscht, der Hinterzimmerpolitik Tür und Tor geöffnet. Das
verlangen die Vorschriften der olympischen Charta und des Ethikkodexes.
Es gibt Berichte, nach denen Bach IOC-Mitglieder unter Druck gesetzt haben
soll, die von ihm favorisierte Kandidatin Kirsty Coventry zu unterstützen.
Wer würde nicht ein wenig Dankbarkeit für frühere Gefälligkeiten erwarten?
Bösartig wäre es freilich, aus der Skepsis der IOC-Spitze gegenüber
demokratischen Prozessen gleich eine Wesensverwandtschaft mit autoritären
Systemen abzuleiten. Jede und jeder hat doch die Wahl.
## Die Möchtegern-Präsidenten
Das IOC-Wahlvolk kann sich zwischen sieben Alternativen entscheiden. Drei
Namen werden hoch gehandelt: Sebastian Coe, Kirsty Coventry und Juan
Antonio Samaranch junior. Wollte man sich diese Führungselite schöntrinken,
könnte das Ergebnis sein: Der [2][Leichtathletik-Olympiasieger Coe] weiß
nicht nur, für wen er künftig arbeitet, sondern hat sich bereits als
Präsident des Leichtathletikweltverbands für finanzielle Teilhabe der
Athletinnen und Athleten eingesetzt und sich als Olympia-Organisator in
London verdient gemacht.
Die Schwimm-Olympiasiegerin Coventry aus Simbabwe weiß nicht nur, für wen
sie künftig arbeitet, sondern würde als erste Frau auf diesem Posten und
jüngste Kandidatin (41) den Altherrenklub aufmischen. Und der Spanier
Samaranch junior, nun ja, hat sich seit Kindesbeinen mit dem Laden vertraut
gemacht, weil sein Papa zwischen 1980 und 2001 hier der Chef war.
Wobei wir bei der Kehrseite wären. Samaranch senior stand für die radikale
Kommerzialisierung des Sports, die Ausbeutung öffentlicher Haushalte und
für Korruption. Der Banker Samaranch junior plant bereits mit neuem
zwielichtigem Investorengeld.
Coe will als einstiger Vize des Leichtathletikweltverbands nichts vom
Korruptionssystem seines Chefs Lamine Diack mitbekommen haben. Und
Coventry, Mitläuferin unter Thomas Bach, [3][dient als Sport- und
Kulturministerin der Regierung von Simbabwe,] die in Sachen Demokratie,
Pressefreiheit und Korruption besonders miserable Werte aufweist.
## Der Alte
Thomas [4][Bach] heißt [5][der nun abtretende IOC-Präsident,] ist mit 71
Jahren durchaus im rentenfähigen Alter, aber weil er 1976 mit dem Florett
Fechtolympiasieger wurde, gilt er auch als Mann des Sports. Ein Mann von
und für dieses und jenes ist Bach ohnehin: Als „Direktor für Internationale
Beziehungen“ wirkte er bei [6][Adidas], was seine Funktionärskarriere
deutlich beförderte.
Ein paar mehr Konzerne beriet er auch noch: Philipp Holzmann AG, Siemens AG
etc. Dann war Bach noch Präsident der Ghorfa, einer Handelskammer, die
deutschen Firmen bescheinigt, keine Teile aus Israel zu verarbeiten – damit
die dann in arabische Länder exportieren dürfen.
Noch mehr Kritik kassierte Bach, weil ihm [7][enge Beziehungen] zum
russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin nachgesagt werden. Nach der
russischen Invasion 2022 in die Ukraine glaubte Bach, vor Diskriminierung
von Sportlern aufgrund ihrer Herkunft warnen zu müssen. Seine langjährige
politische Heimat FDP verließ er 2023, doch einen Zusammenhang mit der
Kritik an seiner Haltung zu Russland wollte er darin nicht erkennen.
Was er behielt, war ein ihm 1994 ausgehändigter Diplomatenpass der
Bundesrepublik Deutschland – um „ein besonderes deutsches Interesse“ beim
IOC zu verfolgen. Das verfolgte er: seit 1991 im IOC, ab 2006 als Präsident
des Deutschen Olympischen Sportbundes und seit 2013 Präsident des IOC. Was
bleibt, ist eine Gedenktafel an seinem früheren Wohnhaus am Sonnenplatz in
Tübingen. Vielleicht gibt es ja mal eine Bachstraße.
## Die Firma
Das IOC ist der wahr gewordene Traum jedes Kapitalisten. Es ist Monopolist
in Sachen globales Multisportevent, ihm gehören die Olympischen Sommer-
und Winterspiele. Zudem hält das IOC noch den Daumen auf etliche andere
Sportereignisse. Im Zeitraum 2017 bis 2021 verbuchte das IOC etwa 7,6
Milliarden Dollar Einnahmen.
Allein die Olympischen Sommerspiele 2024 in Paris verschafften dem Konzern
einen Umsatz von 4,38 Milliarden Euro. Etwa 60 Prozent der Einnahmen werden
durch den Verkauf der [8][Fernsehrechte] generiert, etwa 30 Prozent kommen
von 15 exklusiven [9][Topsponsoren]. Das sind Konzerne wie Coca-Cola,
Samsung oder Airbnb, die mit dem guten Image Olympias werben dürfen, und
das IOC vertreibt für sie bei den Megaevents die Konkurrenz.
Und weil Olympische Spiele eine derartige Aufmerksamkeit genießen, kann das
IOC auch den ausrichtenden Städten einen Großteil der entstehenden Kosten
aufbürden: Die öffentlichen Kassen zahlen und freuen sich an der
Aufmerksamkeit. Aber, heißt es beim IOC, nur zehn Prozent der Einnahmen
verblieben doch im eigenen Laden.
Das heißt, dass die Gehälter des führenden IOC-Personals, die Rede ist von
21 Personen, im Jahr 2022 zusammen 12,47 Millionen US-Dollar ausmachten.
Auch das luxuriöse Anwesen im schweizerischen Lausanne mit einem großen
Olympischen Museum wird hiervon bestritten. Tolle Sache also, zumal das IOC
als gemeinnützig gilt und weitgehende [10][Steuerfreiheit] genießt. Wie
gesagt: ein traumhaftes Unternehmen.
## Die Probleme
Das IOC hat’s auch nicht leicht. Die sportpolitischen Baustellen, die die
IOC-Chefetage in den kommenden Jahren vorfindet, tragen zunächst die Namen
Russland und USA. Nach der russischen Ukraine-Invasion 2022 wurden die
Mannschaften Russlands und Belarus’ [11][ausgeschlossen], teilnehmen dürfen
nur „neutrale Athleten“, die den Krieg nicht aktiv unterstützen.
Russland bemüht sich intensiv mit den Brics+-Staaten, also vor allem
Brasilien, Indien, China und Südafrika, um eine Gegenolympiade, die das
Monopol des IOC brechen sollen. Die „[12][Brics+ Games]“ haben ihre Anfänge
2016, werden aber massiv ausgebaut: 2024 fanden sie im russischen Kasan
statt.
Die USA unter ihrem Präsidenten Donald Trump richten 2028 in Los Angeles
die Olympischen Sommerspiele aus, und Trump kündigte an, trans
Athlet*innen die [13][Einreise zu verweigern]. Das IOC duckt sich
bislang weg. Immer stärker drängen Regime wie Saudi-Arabien oder Katar nach
vorn, die mit Megaevents [14][Sportswashing] betreiben – was dem IOC
keineswegs fremd ist –, die aber die Macht des IOC bedrohen.
Zu den ganz großen Baustellen gehört auch des IOCs zweitgrößtes
Vewertungsobjekt, die [15][Olympischen Winterspiele]. Durch die globale
Erwärmung wird immer mehr mit künstlicher Schneeproduktion und dramatischen
Eingriffen in die Natur operiert – mit ökologischen Folgen. Und auch die
[16][Sommerspiele] sind herausgefordert, wenn Dauerhitze über 40 Grad
Celsius bestimmte Outdoorsportarten verunmöglichen wird.
20 Mar 2025
## LINKS
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[2] /Komitee-der-Olympische-Spiele/!6054463
[3] /Komitee-der-Olympische-Spiele/!6054463
[4] /IOC-Praesident-Thomas-Bach/!5328989
[5] /IOC-Praesident-Thomas-Bach/!5328989
[6] /!1212415/
[7] /Russische-Mitglieder-bleiben-im-IOC/!5846707
[8] /TV-Rechte-fuer-Olympische-Spiele/!5215933
[9] /Olympische-Sponsoren/!5177194
[10] /!212540/
[11] /Olympische-Regeln-im-Ukraine-Konflikt/!5831299
[12] /Russland-bei-Olympia-2024/!5975961
[13] /Trumps-trans-Verbote-im-Frauensport/!6065244
[14] /Sportswashing/!t6018727
[15] /Klimawandel-bedroht-Winterspiele/!5484654
[16] /Sport-in-Zeiten-des-Klimawandels/!5623885
## AUTOREN
Johannes Kopp
Martin Krauss
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