# taz.de -- Olympische Sponsoren: Die Spiele sollen es bringen | |
> Was wollen die Sponsoren? Lenovo will sich bei den Olympischen Spielen | |
> als globale Marke etablieren, VW will sich in China neu aufstellen. | |
Bild: Mit Coca-Cola unter den Topsponsoren: Der chinesische Konzern Lenovo. | |
PEKING taz "Mein Ziel ist, dass mein Name während der Olympischen Spiele | |
keine Schlagzeilen macht", sagt Xie Leon. "Denn das hieße, dass etwas nicht | |
funktioniert." Xie ist der Olympia-Projektleiter von Chinas größtem | |
Computerhersteller Lenovo, dem einzigen chinesischen unter den zwölf | |
Topsponsoren der Pekinger Spiele. Xi ist dafür verantwortlich, dass die für | |
die Spiele bereitgestellten Computer und Server reibungslos funktionieren. | |
Diese stammen alle vom gleichen Sponsor: Lenovo. 30.000 Geräte, davon | |
24.000 PCs, 2.000 Drucker und 800 Notebooks, stellt der Konzern zur | |
Verfügung und Xie soll mit knapp 600 Ingenieuren und Technikern den | |
reibungslosen Einsatz gewährleisten. | |
Beim Gespräch mit deutschen Journalisten am chinesischen Hauptsitz des | |
Konzerns im Norden Pekings gibt sich Xi vor den Spielen optimistisch. | |
Schließlich habe Lenovo schon bei den Winterspielen in Turin 2006 | |
Erfahrungen sammeln können. | |
Als Topsponsor der Pekinger Spiele stellt sich der Computerhersteller auf | |
eine Ebene mit Weltmarken wie McDonalds oder Panasonic und will sich ein | |
Image als globaler Konzern schaffen. Schließlich waren die Spiele von Tokio | |
1964 für Sony und 1988 in Seoul für Samsung ein wichtiger Meilenstein. | |
Weshalb soll Beijing 2008 nicht das Gleiche für Lenovo bedeuten? "Die | |
Spiele sollen Lenovo in aller Welt als Marke etablieren", erklärt die | |
stellvertretende Marketing-Chefin Alice Li. Und in China solle Lenovo als | |
international erfolgreicher Konzern wahrgenommen werden. Olympia sei ideal | |
für dieses Branding. | |
Der Konzern, der bereits innerhalb Chinas als Sportförderer auftritt, | |
sponsert auch die US-Basketballliga NBA und das Williams-Formel-1-Team und | |
strebt ein jung-dynamisches Image an. Nicht zuletzt wegen der persönlichen | |
Vorliebe seines 44-jährigen Präsidenten Yang Yuanqing setzt Lenovo auf | |
Sport. Das Unternehmen unterstützt auch Einzelsportler wie die beiden | |
deutschen Olympia-Schwimmer Britta Steffen und Markus Deibler. | |
"Unsere Art, unsere Marke zu etablieren, ist es, unsere Produkte zu | |
zeigen", sagt Alice Li. Die Kosten des Olympiasponsorings will sie nicht | |
nennen. Branchenkenner schätzen sie auf 70 bis 80 Millionen Dollar für den | |
Zeitraum von 2004 bis 2008. Dafür hat Lenovo das Recht, weltweit seinen | |
Namen mit den fünf Ringen zu versehen. "Wir wollen eine emotionale | |
Verbindung zwischen den Spielen und der Marke Lenovo herstellen", führt Li | |
weiter aus. Bisher sorgte Lenovo erst einmal durch eine Übernahme für | |
weltweite Schlagzeilen. Ende 2004 kündigten die Chinesen an, die PC-Sparte | |
von IBM zu übernehmen - immerhin dem Erfinder des Personal Computers. Der | |
Deal im Umfang von 1,25 Milliarden US-Dollar wurde 2005 vollzogen und war | |
die bis dahin größte Auslandsübernahme eines chinesischen Unternehmens. Die | |
amerikanische Öffentlichkeit erschrak. Es war das erste Mal, dass ein | |
junges, unbekanntes chinesisches Unternehmen nach einer amerikanischen | |
Traditionsmarke griff. Umgekehrt sind die Chinesen seitdem stolz auf | |
Lenovo. | |
Der Name Lenovo tauchte überhaupt erstmals 2003 auf. Bis dahin hieß die | |
1984 an der chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften in Peking mit | |
25.000 Dollar staatlichem Kapital gegründete Firma noch Legend. Der neue | |
Name - aus Legend und novo ("neu") zusammengesetzt - sollte die neue Ära | |
symbolisieren und steht wie das Firmenmotto "New World, New Thinking. | |
Lenovo" für den globalen Aufstieg des Konzerns und seiner Heimat. | |
Heute hat das Unternehmen 23.500 Beschäftigte und machte 2007 einen Umsatz | |
von 14,6 Milliarden US-Dollar, 40 Prozent davon im Großraum China. Im | |
zweiten Quartal 2008 stieg der Gesamtumsatz um 10,5 Prozent, in China gar | |
um 22 Prozent. Auch in Europa, dem Nahen Osten und Afrika konnte er | |
deutlich zulegen. In den USA hingegen ging er um 4,8 Prozent zurück. Lenovo | |
ist heute hinter HP, Dell und Acer der viertgrößte PC-Hersteller der Welt. | |
Der Hauptsitz wurde nach der Übernahme der PC-Sparte von IBM von Peking an | |
deren Sitz Raleigh im US-Bundesstaat North Carolina verlegt. Dies und die | |
Tatsache, dass fünf der zwölf Lenovo-Vorstandsmitglieder US-Amerikaner | |
sind, sollen den Konzern verwestlichen und zugleich seine chinesischen | |
Wurzeln und Eigentümer in der globalen Wahrnehmung in den Hintergrund | |
drängen. | |
Doch Lenovo steht immer noch unter dem Einfluss des chinesischen Staates. | |
Den größten Anteil von 42 Prozent der Aktien hält die Legend-Holding. Die | |
gehört zu immerhin zwei Dritteln der staatlichen Akademie der | |
Sozialwissenschaften, so dass die Regierung in Peking letztlich die | |
Kontrolle hat. Lenovo-Manager machen keinen Hehl daraus, dass von ihnen die | |
Unterstützung der Spiele erwartet wurde. | |
Als erster Olympia-Sponsor überhaupt hat Lenovo die aktuelle olympische | |
Fackel konstruiert. Der Konzern setzte sich dabei gegen 300 Konkurrenten | |
durch. Somit wirbt auch die Fackel für den Konzern, der selbst zu den | |
Sponsoren des Fackellaufs zählt. | |
Das Risiko, dass Lenovos Olympiawerbung weniger mit Sport als vielmehr mit | |
Chinas Politik in Verbindung gebracht wird und dies im Westen zu einem | |
Imageproblem statt einem positiven PR-Effekt führen könnte, mag | |
Marketingvizechefin Li nicht sehen. Auf Fragen nach den Auswirkungen der | |
Proteste beim Fackellauf und des Drucks von Menschenrechtsgruppen auf den | |
Konzern wird sie einsilbig. Die Frage, wie sie persönlich Proteste im | |
Zusammenhang mit den Spielen empfinde, will sie gar nicht beantworten. | |
Vielmehr schaut sie zu ihrem PR-Berater einer renommierten amerikanischen | |
Agentur, der hinter den fragenden Journalisten steht und mit dem Daumen | |
nach unten zeigt. Später räumt er im persönlichen Gespräch ein, sein Job | |
sei, dafür zu sorgen, dass Fragen nach Verbindungen zwischen Sponsoring und | |
Politik nicht beantwortet werden. | |
Mit genau diesen Fragen tut sich auch der Wolfsburger Volkswagen-Konzern | |
schwer. Auch VW erhofft sich von den Pekinger Spielen einen großen | |
Werbeeffekt. Doch die Strategie ist eine völlig andere. Volkswagen tritt | |
international nicht als Olympiasponsor in Erscheinung, sondern konzentriert | |
sich mit seiner Olympia-Kampagne ganz auf China, das 2008 zu ihrem weltweit | |
größten Markt werden dürfte. Schließlich will VW dort jetzt erstmals mehr | |
als eine Million Autos verkaufen - und damit mehr als in Deutschland. 2007 | |
waren es in China noch 910.000 gewesen. Der Autokonzern, der in China | |
Marktführer ist, produziert dort seit 1984. 35.000 Mitarbeiter arbeiten in | |
sieben Werken, Hauptstandorte sind Shanghai und Changchun. Volkswagen ist | |
offizieller Automobilpartner der Pekinger Spiele und befördert VIPs, | |
Sportler und Funktionäre mit rund 5.000 Fahrzeugen der Marken VW, Audi und | |
Skoda zu Veranstaltungen und Wettkämpfen. Zudem unterstützt VW Chinas | |
Nationales Olympisches Komitee und die Olympiamannschaft. Zuvor wurde auch | |
der landesweite Fackellauf mit 1.000 Fahrzeugen samt Fahrern unterstützt. | |
Angaben über den finanziellen Umfang des Sponsorings macht VW nicht, sie | |
dürften ähnlich hoch sein wie bei Lenovo. | |
Versuche deutscher Tibet-Aktivisten, den Konzern nach der Niederschlagung | |
der tibetischen Revolte im März zur Rücknahme seiner Unterstützung des | |
Fackellaufs durch Tibet zu drängen, konnte dieser ohne großen Imageverlust | |
in Deutschland vereiteln. Denn VW wird hierzulande kaum mit den Spielen | |
assoziiert. Auf die Kritik angesprochen sagt der Chef von VW-China, | |
Winfried Vahland, nur: "Ich stehe zu Olympia." Ein Rückzug vom Sponsoring | |
sei auch deshalb kaum möglich, weil dies nur im Einklang mit den | |
chinesischen Joint-Venture-Partnern machbar sei. Vahland sagt es nicht, | |
doch ein Rückzug hätte innerhalb Chinas wohl zu einem größeren Imageschaden | |
geführt, als in Deutschland wegen der Tibetkrise zu fürchten war. | |
Das Olympia-Sponsoring von VW hat laut zuständigem Marketingdirektor Pan | |
Qing mehrere Ziele. So diene es neben dem Werbeeffekt in China auch der | |
Restrukturierung des Geschäftes vor Ort. VWs Marktanteil war nach Chinas | |
WTO-Beitritt 2001 und der damit einhergehenden Marktöffnung schneller und | |
tiefer gesunken, als die Wolfsburger erwartet hatten. "Die Pekinger Spiele | |
bieten Werbemöglichkeiten wie zehn Fußballweltmeisterschaften", sagt Pan. | |
Zweifel am olympischen Sponsoringgeschäft lassen weder VW noch Lenovo | |
erkennen, zumindest werden sie nicht eingeräumt. Lenovo-Chef Yang Yuangqing | |
sagte kürzlich, der Konzern hätte seine Ziele erreicht und sei | |
international bekannter geworden. Die IOC-Partnerschaft sei strategisch | |
ebenso richtig gewesen wie die Übernahme der PC-Sparte von IBM. Im letzten | |
Dezember hatte Lenovo allerdings schon angekündigt, das Olympiasponsoring | |
nicht mehr fortzusetzen. | |
Dann dürfte Lenovo eher dem Beispiel Volkswagen folgen. Ob dies aus | |
strategischer Einsicht erfolgt oder aus einer Niederlage bleibt offen. Denn | |
die Winterspiele 2010 in Vancouver und die Sommerspiele 2012 in London | |
sponsert ausgerechnet Acer, Lenovos direkter Konkurrent aus dem von Peking | |
als abtrünnige Insel betrachteten Taiwan. Acer ist international viel | |
bekannter als Lenovo. Und wahrscheinlich zahlten die Taiwaner dem IOC | |
einfach mehr. | |
18 Aug 2008 | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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