# taz.de -- Hörspiel-Klassiker im Brinkmannjahr: „Köln ist die schmierigste… | |
> Rolf Dieter Brinkmanns Hörspiel „Die Wörter sind böse“ ist ein Klassik… | |
> der Radikalität. Und ein Monument des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. | |
Bild: Rolf Dieter Brinkmann 1969, hier mal ganz aufgeräumt | |
Wir befinden uns im Brinkmannjahr. Am 16. April vor 85 Jahren wurde der | |
Dichter, der als Westdeutschlands bedeutendster gelten darf, in Vechta | |
geboren, am 23. April 1975 kam Rolf Dieter Brinkmann bei einem Autounfall | |
in London ums Leben. | |
Zum Jubiläum ist eine Biografie erschienen ([1][„Ich gehe in ein anderes | |
Blau“]) und eine erweiterte Ausgabe des Großgedichtbandes [2][„Westwärts 1 | |
& 2“] (beide bei Rowohlt). Damit ist das Wesentliche zu den Jahrestagen | |
gesagt. | |
Jetzt hören wir mal, was Brinkmann selber zu sagen hatte, [3][im | |
autobiografischen Hörspiel „Die Wörter sind böse“,] 1973 von Brinkmann | |
sozusagen on the road aufgenommen und 1974 tatsächlich im WDR gesendet: | |
„In der Kälte, hier in Köln, Köln ist die schmierigste Stadt, die ich | |
kenne, die schmierigste, versauteste, dreckigste, blödeste, verschissenste, | |
verpinkeltste, stinkendste Stadt. Eine so tote und öde Stadt, in der alles | |
Leben erstirbt, in der es keine lebendigen Situationen mehr gibt, in der | |
die Leute einander hassen und sich verkriechen.“ | |
## Mal innehalten | |
Man darf das jenseits des Lokaldefätismus als Brinkmanns verallgemeinernde | |
Haltung zur Welt lesen, einer grundkaputten Endwirtschaftswunderwelt, der | |
er dann in seinen Versen immer wieder Augenblicke zu entreißen versuchte, | |
die innehalten lassen, „für einen Moment eine / Überraschung, für einen | |
Moment / Aufatmen, für einen Moment / eine Pause in dieser Straße, / die | |
niemand liebt und atemlos / macht, beim Hindurchgehen. Ich / schrieb das | |
schnell auf, bevor / der Moment in der verfluchten / dunstigen | |
Abgestorbenheit Kölns / wieder erlosch. („EINEN JENER KLASSISCHEN“, aus: | |
„Westwärts 1 & 2“). | |
Brinkmanns Radikalität hat ihm und seinen Zeitgenossen das Leben nicht | |
leichter gemacht. Aber sie hat ihm und seinem Werk ein Nachleben beschert, | |
das noch in [4][Wiglaf Drostes klassischem Diktum „In Deutschland leben | |
heißt knietief durch Kot waten“] nachhallt. „ | |
Die Wörter sind böse“ hat dabei auch Momente von großer Zartheit. Ein | |
Juwel eben und eine Ermahnung: was zumindest mal möglich war in unserem | |
öffentlich-rechtlichen Rundfunk. | |
„1974: Die Wörter sind böse“. 100 aus 100: Die Hörspiel-Collection. ARD | |
Audiothek | |
18 Mar 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://www.rowohlt.de/buch/michael-toeteberg-alexandra-vasa-ich-gehe-in-ei… | |
[2] https://www.rowohlt.de/buch/rolf-dieter-brinkmann-westwaerts-1-2-9783498007… | |
[3] https://www.ardaudiothek.de/episode/100-aus-100-die-hoerspiel-collection/19… | |
[4] https://www.zeit.de/1996/50/wiglaf.19961206.xml/seite-3 | |
## AUTOREN | |
Ambros Waibel | |
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Schwerpunkt 1968 | |
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