| # taz.de -- Tanz und Musik für Klein und Groß: Geschrumpft wird nachmittags u… | |
| > Das Format Schrumpf! der Musikerin Daniella Strasfogel richtet sich an | |
| > Familien mit Kindern. Bald feiert es sein fünfjähriges Jubiläum. | |
| Bild: Liegt das Ziel immer vor uns?, fragt das Tanzstück „rückwärts“ von… | |
| Ridwan Rasheed und Waris Olanrewaju Rasheed sind zwei Brüder aus Nigeria. | |
| An einem Sonntagnachmittag in den Sophiensælen stand Waris als DJ hinter | |
| dem Mischpult, flankiert von Percussion, während Ridwan begann, das | |
| Publikum zum Tanzen zu animieren. | |
| Am Platz, zwischen den Sitzreihen. Hände vorschieben, Arme schwenken, in | |
| die Luft springen, Ausfallschritte nach rechts und nach links: | |
| Schweißtreibend war das und nicht einfach in der Enge. Erwachsene und | |
| Kinder hüpften, warfen vorsichtig die Arme; manche der kleinen | |
| Zuschauer:innen fühlten sich auch im Sitzen sicherer. | |
| Fünfjährige, Zehnjährige, Zwölfjährige – sie waren mit ihren | |
| Erziehungsberechtigten eingeladen, das Tanzstück „Whisper of Woods“ von | |
| [1][Christoph Winkler] kennenzulernen. | |
| Drei Tage zuvor fand die Premiere in den Sophiensælen statt, jetzt gab es | |
| eine – geschrumpfte – Fassung. Geschrumpft? Tatsächlich nennt Daniella | |
| Strasfogel ihr spezielles Familienformat mit liebevoller Ironie „Schrumpf!“ | |
| Man muss nicht alles verstehen | |
| Zuerst stellte sie die fünf Tänzer:innen von „Whispers of Woods“ vor, | |
| die dann mit dem Tanz schnell Kontakt zum Publikum bekamen. Und während | |
| alle wieder langsam Atem schöpften, erzählte Daniella Strasfogel etwas über | |
| das Konzept des Stücks. Eine tricky Angelegenheit, denn einerseits geht es | |
| um einen in Afrika verorteten Mythos von einem künstlich geschaffenen | |
| Pferd, das erst nützlich ist, bald aber zerstörerische Kräfte entwickelt. | |
| Andererseits thematisiert die Performance ihre eigene Entstehung aus einem | |
| Dialog zwischen dem Choreografen Christoph Winkler und einer KI. Am Ende | |
| stellt sich heraus, dass man der KI nicht alles glauben darf, vieles hat | |
| sie erfunden. Oder war es der Choreograf? | |
| Ein Überbau, der Zweifel säen kann, an allem, was man sieht. Als dann aber | |
| die Tänzer:innen einen halbstündigen Ausschnitt zeigten, spielte diese | |
| Metaebene keine große Rolle, der Tanz aus einer Mischung von traditionellem | |
| und zeitgenössischen Material riss einfach mit. | |
| Strasfogel fragte im Anschluss die Kinder, ob es sie gestört habe, dass die | |
| erzählte Geschichte nicht unbedingt der Wahrheit entsprach. Schlau wie | |
| Füchslein antworteten sie, dass es genug Spannendes und Schönes zu sehen | |
| gab, um sich um diese Frage nicht zu scheren. Es zeigte sich im Gespräch | |
| auch, man muss nicht alles verstehen, um von der ästhetischen Erfahrung zu | |
| profitieren. Das gilt übrigens für die erwachsenen Zuschauer:innen | |
| ebenso, denn wahrscheinlich versteht niemand die Liedtexte auf Yoruba. | |
| Keine Lust auf Kindertheater | |
| Ein Tanz- oder Musikstück im Schrumpfformat hat vielleicht einige Federn | |
| gelassen, aber es steckt noch genug drin für Kinder und Erwachsene. | |
| Daniella Strasfogel, die das Projekt vor fünf Jahren initiiert hatte, | |
| wollte eben kein Kindertheater machen, sondern die Grenze zwischen Kunst | |
| für Kinder und Kunst für Erwachsene auf andere Weise durchlässiger machen. | |
| Sie selbst ist Musikerin, spielt die Violine, hat das Kaleidoskop-Ensemble | |
| mitgegründet und an vielen Performances gearbeitet. Irgendwann stellte sie | |
| sich die Frage, wie sie ihre Arbeit den eigenen Kindern vermittelt. Warum | |
| sie sie aus Angst, diese würden stören, nicht zu Proben und Aufführungen | |
| mitnahm. Das lag auch an den fehlenden Rahmenbedingungen für ein | |
| entspanntes Zuschauen. | |
| So kam sie auf die Idee des Formats Schrumpf! –, gut auch für Eltern, die | |
| gerne mal zur Neuen Musik wollen, aber abends nicht wegkönnen. Geschrumpft | |
| wird meist um 15 Uhr am Nachmittag, samstags oder sonntags. | |
| Die Logistik ist aufwendig. Nicht nur die Künstler:innen, auch die | |
| Bühnen der Freien Szene müssen kooperieren. Strasfogel sucht nach Konzerten | |
| Neuer Musik oder Tanzstücken an Spielstätten, die dann kurz nach der | |
| Premiere einen Termin für Schrumpf! einplanen wollen. Mit jeder neuer | |
| Spielstätte gewinnt Schrumpf! auch ein neues Publikum. | |
| Bald fünf Jahre alt | |
| Zur Feier des fünfjährigen Bestehens – mit Senatsförderung – wird im Mä… | |
| noch zweimal geschrumpft. Am 8. März geht es in den [2][Uferstudios um | |
| „rückwärts“ von Luna Park]. Das ist ein tänzerisches Forschungsprojekt, … | |
| beim konkreten Rückwärtsgehen ansetzt, um dann gesellschaftliche | |
| Rückwärtsbewegungen zu untersuchen, erzählt der Choreograf Kosmas | |
| Kosmopoulos der taz. | |
| Liegt das Ziel immer vorne? Oder müssen wir auch manchmal zurück?, fragt er | |
| in dem Stück. An dem Format Schrumpf! ist Kosmopoulos schon deshalb | |
| interessiert, weil Luna Park eine Partnerschaft mit der | |
| Gesundbrunnen-Grundschule im Wedding hat. Da gehört es zu ihrer | |
| Philosophie, dass Künstler:innen von Schüler:innen lernen und | |
| umgekehrt. | |
| Dann folgt ein Ausflug in die Musik mit dem Zafraan Ensemble, am 15. März | |
| im Dock 11. Harfe, Saxofon und Kontrabass sind auf jeden Fall dabei und | |
| Musiker:innen, die neugierig sind auf die Fragen der Kinder. Was genau das | |
| Zafraan Ensemble für Musik der Gegenwart dann in seiner [3][Konzertreihe | |
| „On the Road]“ spielen wird, das erfährt Daniela Strasfogel auch erst | |
| kurzfristig: Schrumpf! lebt auch davon, mit heißer Nadel gestrickt zu sein. | |
| 7 Mar 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Choreograf-ueber-Theorie-und-Praxis/!5725589 | |
| [2] https://www.uferstudios.com/de/dance/veranstaltungen/e29d35f4-1147-44ca-9b7… | |
| [3] https://zafraanensemble.com/archive/projects/on-the-road-konzertreihe | |
| ## AUTOREN | |
| Katrin Bettina Müller | |
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