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# taz.de -- CDU-Endspurt zur Bundestagswahl: Jetzt zählt nur der Sonntag
> Kai Wegner und Friedrich Merz gelten nicht gerade als dicke Freunde. Beim
> Auftritt des Kanzlerkandidaten in Berlin aber ist davon nichts zu spüren.
Bild: Berlins CDU-Landes- und Regierungschef Kai Wegner begrüßt Kanzlerkandid…
Berlin taz | Man muss eben Prioritäten setzen. Wenn der eigene
Kanzlerkandidat zu einem Wahlkampfauftritt gastiert, dann weiß ein Kai
Wegner als Berliner CDU-Landeschef genau: Das ist jetzt nicht der
Zeitpunkt, inhaltliche oder persönliche Streitereien auszutragen, [1][von
denen es mit Friedrich Merz einige gab und gibt].
Merz kommt am Donnerstagabend in den Gasometer auf den Euref-Campus in
Berlin-Schöneberg, wo außerhalb des Geländes einige Dutzend Menschen „Hoch
die internationale Solidarität“ skandieren und gegen Sozialabbau
demonstrieren.
Für Wegner ist der Euref-Campus ein besonderer Ort. Hier hat er 2019, im
Backsteingebäude gegenüber dem Gasometer, in einer Pressekonferenz
angekündigt, [2][dass er neuer CDU-Landeschef sein wollte.] Den Posten
hatte damals Kulturstaatsministerin Monika Grütters inne, die nicht den
Eindruck machte, ihn abgeben zu wollen. Hier hat er [3][im Frühjahr 2023
die Koalitionsgespräche nach der Wiederholungswahl geführt], die dazu
führten, dass er Berlins Regierungschef wurde.
Nun redet hier also Merz darüber, was anders werden soll mit ihm als
Kanzler, was bislang falsch läuft – und wiederholt sein Versprechen, nicht
mit der AfD zu koalieren. Eine Stunde und durchaus kurzweilig, Kritik am
Rande des Populismus gegen die EU inklusive: Wieder einmal muss dafür die
Vorgabe für nicht abdrehbare Deckel an Plastikflaschen herhalten.
Sticheleien gegen den grünen Wirtschaftsminister Robert Habeck gibt es
auch. Aber die fallen nicht wirklich hämisch aus. Für Habeck, meint Merz
etwa, gingen Unternehmen nicht in Insolvenz, sondern würden nur aufhören zu
produzieren. Es wirkt so, als wolle er eine Tür nicht zuschlagen, falls es
ab Sonntag mit der SPD allein nicht für eine Koalition reicht.
## Tempelhofer Feld spielt keine Rolle
Angesichts Dutzender Polizisten und sonstiger Sicherheitskräfte auf dem
Euref-Campus und im Saal des Gasometers, aus dem früher die Talkshow
„Günther Jauch“ kam, hat Wegner eingangs in Richtung des „lieben Friedri…
gesagt, Berlin sei „ein heißes Pflaster“. Darauf, dass Merz vier Tage zuvor
[4][beim Kanzlerkandidaten-„Quadrell“ bei RTL] ohne Not für zusätzliche
Irritationen beim ohnehin schon umstrittenen Thema Tempelhofer Feld sorgte
– vom Gasometer nur zwei Kilometer entfernt – geht er nicht ein.
Merz stellte es in der Fernsehsendung so dar, als hätten allein Anwohner
verhindert, dass das Feld bebaut werden darf. Dass dafür vielmehr 2014 ein
landesweiter Volksentscheid mit Gesetzeskraft sorgte, schien ihm nicht
präsent oder egal zu sein.
„Ja klar, wenn die Bürgerinnen und Bürger sich weigern, dann muss die
Politik bereit sein, auch gegen den erklärten Willen der Nachbarschaft zu
sagen: Wir weisen das jetzt aber als Bauland aus und werden dort bauen“,
waren seine Worte. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz – sonst an diesem Abend
auf Konfrontationskurs zu Merz – schloss sich dem an.
Wegner hingegen verwies am nächsten Tag darauf, dass man zwar bauen wolle,
dass es dazu aber ein Verfahren gibt und am Ende erneut die Bevölkerung
darüber abstimmen soll. Als Termin dafür ist der Tag der nächsten
Abgeordnetenhauswahl im September 2026 im Gespräch.
All das bleibt ungesagt im Gasometer, und die anwesenden Berliner CDUler
korrigieren ihren Kanzlerkandidaten auch nicht, als der davon spricht, die
Stadt habe zwei Universitäten – tatsächlich sind es vier, hinzu kommen
zahlreiche Hochschulen. Es ist Realpolitik pur, die Wegner an diesem Abend
betreibt: Prioritäten setzen, inneres Grummeln außen vor lassen.
Bis Sonntag ist nicht die von ihm angestrebte, von Merz aber lange
abgelehnte Lockerung der Schuldenbremse das wichtigste Ziel, sondern das
Kanzleramt. Über alles andere kann man dann am Montag wieder reden.
21 Feb 2025
## LINKS
[1] /Berlins-CDU-Chef-fuehrt-Kritiker-an/!5958700
[2] /Kommentar-zum-CDU-Fuehrungsstreit/!5575640
[3] /Zweites-Treffen-von-CDU-und-Gruenen/!5914268
[4] /Quadrell-der-Kanzlerkandidaten/!6066972
## AUTOREN
Stefan Alberti
## TAGS
Friedrich Merz
Kai Wegner
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
CDU Berlin
Berlin-Schöneberg
Koalitionsvertrag
Kai Wegner
Kai Wegner
Franziska Giffey
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