# taz.de -- Koaltionsbildung nach der Berlin-Wahl: Wegner kann weiter träumen | |
> Als ob er das Drehbuch dafür geschrieben hätte: Vieles hat sich in Sachen | |
> künftiger Koalition in Berlin so entwickelt wie vom CDU-Chef erhofft. | |
Bild: Mit Bettina Jarasch und ihren Grünen koalieren? CDU-Chef Kai Wegner kann… | |
BERLIN taz | Das offizielle Interview war vorbei, aber Kai Wegner hatte | |
noch ein bisschen Zeit. In der Sitzecke in seinem Büro skizzierte der | |
CDU-Chef darum, was passieren müsste, damit er nach der | |
[1][Abgeordnetenhauswahl am 12. September] Regierender Bürgermeister wird, | |
der erste von der CDU seit fast einem Vierteljahrhundert. Erste | |
Voraussetzung: Die FDP müsste den Wiedereinzug ins Parlament verpassen, | |
dann würde es sicher zu einer Zweierkoalition reichen. Dann müsste es | |
möglich sein, SPD oder Grüne aus dem Bündnis mit der Linkspartei | |
herauszulocken. Das schien ihm am ehesten machbar, wenn die Grünen stärker | |
würden als die Sozialdemokraten. Weil dann die SPD in jedweder Koalition | |
nur zweite Kraft wäre. | |
Die Sozialdemokraten wurden zwar – äußerst knapp – doch Erste im linken | |
Lager. Aber die Zerwürfnisse der Vorwahlmonate mit den Grünen waren | |
merklich groß. So groß, dass die SPD offenbar eine Juniorpartnerschaft mit | |
der CDU einer rot-grün-roten Koalition vorzieht – obwohl sie erstere nicht | |
anführen würde. Auch das Gezerre um Enteignung dürfte dazu beigetragen | |
haben: Da ist die Linkspartei ihren Wählern fest im Wort, ein | |
entsprechendes Gesetz zu beschließen, während das [2][Gewissen von | |
SPD-Chefin Franziska Giffey] dagegen spricht. | |
Wegners Kalkül war schon vor der Wahl: Sobald die SPD aus dem Linksbündnis | |
ausschert, gäbe das auch den Grünen eine Rechtfertigung für eine Koalition | |
mit der CDU. Und dieses Bündnis, so hat der CDU-Chef es der taz kurz vor | |
der Wahl noch gesagt, wäre seine „Traumkoalition“. | |
Gekommen ist es nun fast genau so. Am Mittwochabend wollte der | |
SPD-Landesvorstand entscheiden, ob er dem Kurs seiner Landesvorsitzenden | |
Giffey folgt und Koalitionsverhandlungen mit der CDU anstrebt. Die | |
Entscheidung sollte nach Redaktionsschluss fallen. | |
Einen Tag später, am späten Donnerstagnachmittag, vielleicht gleichfalls in | |
den Abend hinein, will die CDU beraten, wie sie mit den nun abgeschlossenen | |
Sondierungsgesprächen umgeht. Das letzte von jeweils dreien zwischen CDU | |
und Grünen, CDU und SPD sowie zwischen den bisherigen rot-grün-roten | |
Koalitionspartnern war am späten Dienstagabend zu Ende gegangen. | |
## „In sehr angenehmer Atmosphäre“ | |
Nach dem achteinhalbstündigen Treffen hatten Wegner und | |
Grünen-Verhandlungsführerin Bettina Jarasch vor Journalisten von Lösungen | |
auch „bei dicken Brocken“ gesprochen. Darunter fassten sie auch das Thema | |
Enteignung und den umstrittenen Weiterbau der Stadtautobahn A100. „Sehr, | |
sehr gute Gespräche“ seien das gewesen, sagte Wegner, „in sehr angenehmer | |
Atmosphäre, auch gerade menschlich“. | |
Das passierte auf dem CO2-neutral funktionierenden [3][Euref-Campus in | |
Schöneberg], vor einer idyllischen Backsteinfassade. Bei der SPD ging es am | |
Mittwochabend in und vor ihrer Landeszentrale an der stark befahrenen | |
Müllerstraße ganz anders zu. Heimeliger ist dann schon wieder der Ort, an | |
dem die CDU am Donnerstagabend verkünden will, wie es aus ihrer Sicht | |
weitergehen soll und was sie mit der mutmaßlichen SPD-Offerte macht – das | |
passiert nämlich am lauschigen Lietzensee in Charlottenburg, wo sich die | |
CDU vor drei Jahren [4][mit ihrer Landeszentrale eingemietet] hat. | |
1 Mar 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://wahlen-berlin.de/wahlen/BE2023/AFSPRAES/agh/index.html | |
[2] /Wahlwiederholung-am-12-Februar/!5909665 | |
[3] https://euref.de/ | |
[4] /Archiv-Suche/!5652462&s=CDU+lietzensee&SuchRahmen=Print/ | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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