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# taz.de -- Beamte verherrlichen Nazis in Chats: Rassismus-Razzia bei Hamburger…
> Wohnungen und Diensträume von 15 Beamten werden durchsucht. Innenbehörde
> wirft ihnen vor, sich in Chats rassistisch geäußert zu haben
Bild: Wer das Gewaltmonopol hat, muss sich rechtfertigen: polizeikritische Demo
Hamburg taz | Die Hamburger Polizei ermittelt gegen 15 Beamte, weil sie
rechtsextreme Nachrichten in Internet-Chatgruppen ausgetauscht haben
sollen. Wie die Polizei mitteilte, hat sie am Dienstag die Wohnungen und
Diensträume von sechs aktiven sowie der drei pensionierten Beamten
durchsucht und Datenträger sichergestellt. Gegen alle 15 Beamten wurden
Disziplinarverfahren eingeleitet.
„Jegliche Form von Diskriminierung, Gewaltverherrlichung oder
Fremdenfeindlichkeit werden wir in der Polizei Hamburg nicht akzeptieren“,
versicherte Polizeipräsident Falk Schnabel. Die Polizei werde die Vorgänge
restlos aufklären und verfolgen.
Aufgekommen war der Verdacht nach Angaben der Polizei durch strafrechtliche
Ermittlungen gegen einen Beamten der Wasserschutzpolizei wegen eines
Verstoßes gegen das Waffenrecht. Das Verfahren wurde eingestellt. Ein
weiteres Verfahren richtete sich gegen einen Schutzpolizisten. Letzterer
wurde wegen beleidigender Aussagen in den sozialen Medien zu einer
Geldstrafe verurteilt.
Im Zuge der Ermittlungen beschlagnahmte die Staatsanwaltschaft mehrere
zehntausend Chat-Nachrichten in einem Instant-Messenger-Dienst, die sie an
die 2021 geschaffene Dienststelle für Beschwerdemanagement und
Disziplinarangelegenheiten (BMDA) der Hamburger Polizei weiterleitete.
## Nationalsozialismus verherrlichende Nachrichten
Die noch laufende Auswertung ergab, dass beide Polizisten voneinander
unabhängig „in Einzel- und Gruppen-Chats fremdenfeindliche, rassistische
sowie Gewalt und teilweise den Nationalsozialismus verherrlichende
Nachrichten versandt und empfangen hatten“. Die jetzigen Ermittlungen
richten sich gegen die beiden Beamten und ihre Chat-Partner bei der
Polizei.
Die von der Razzia betroffenen sowie ein weiterer Beamter dürfen ihren
Dienst bis auf Weiteres nicht ausüben. Sie mussten ihre Waffen und
Dienstausweise abgeben und erhielten Hausverbot. „Sollte sich der Verdacht
gegen die Betroffenen bestätigen, haben sie dem Ansehen der Polizei und dem
ihrer Kolleginnen und Kollegen schweren Schaden zugefügt“, sagte
Polizeipräsident Schnabel. Die Polizei stehe für die Werte des
Grundgesetzes. „Wir alle sind aufgefordert, nicht wegzusehen, sondern aktiv
einzuschreiten“, sagte Schnabel.
Erleichtert wird das durch die Dienststelle BMDA. Die [1][Beschwerdestelle,
an die sich alle Bürger wenden können], wurde auf Antrag der Bürgerschaft
2021 eingerichtet. Anlass waren die Konfrontationen zwischen Polizei und
Bevölkerung beim G20-Gipfel 2017 in Hamburg. In der Folge hagelte es
wechselseitig Strafanzeigen. Am Ende wurden zwar viele Demonstranten
[2][angeklagt, aber kein einziger Polizist].
Die Beschwerdestelle kümmert sich um Vorfälle unterhalb der
strafrechtlichen Relevanz. So hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main
vergangenen Juli die [3][Eröffnung eines Strafverfahrens gegen hessische
Polizisten abgelehnt, die jahrelang rechtsextremistisch gechattet hatten]:
Um von strafbarer Volksverhetzung sprechen zu können, müssten die Inhalte
öffentlich verbreitet werden, urteilte das Gericht damals. In einer
geschlossenen Chat-Gruppe sei das aber nicht gegeben.
## Beschwerdestelle kam zum Zuge
Auch für die Hamburger Chats hätten „die ermittelnden Staatsanwaltschaften
eine Strafbarkeit verneint“, schreibt die Polizeipressestelle, so dass dann
die Beschwerdestelle zum Zuge gekommen ist. Dieser hatte die Bürgerschaft
aufgegeben, jährlich Bericht zu erstatten. Allerdings ist erst vor einem
Monat der Bericht zum Jahr 2023 veröffentlicht worden, zeitlich direkt
nachdem der Bürgerschaftsabgeordnete Deniz Celik (Die Linke) eine
entsprechende Anfrage gestellt hatte. Der erste Bericht war im August 2022
erschienen.
Die Dienststelle ist direkt beim Polizeipräsidenten angesiedelt und besteht
aus vier Polizisten sowie drei sozialwissenschaftlich ausgebildeten
Mitarbeitern. 2023 verzeichnete sie 2.573 Eingänge. Darunter fallen nicht
weiter spezifizierte Anliegen und Eingaben, aber auch Lob und 1.059
Beschwerden (plus 11 Prozent gegenüber 2022). Bezogen auf die rund 526.000
Funkeinsätze der Polizei ergibt sich eine Beschwerdequote von 0,2 Prozent.
Etwa die Hälfte der Beschwerden bezog sich auf konkrete Einsätze wie etwa
nach Notrufen. Bei 66 Beschwerden ging es um Rassismus, Diskriminierung und
das Verhalten auf Social Media.
Knapp 200 Beschwerden stufte die Dienststelle als berechtigt oder teilweise
berechtigt ein. Dabei ging es nur in drei Fällen um Rassismus und
Diskriminierung. 23 Beschwerden reichte die BMDA an das Dezernat Interne
Ermittlungen (DIE) weiter, weil sie diese als möglicherweise strafrechtlich
relevant einstufte.
Als Folge der berechtigten und teilweise berechtigten Beschwerden, wurden
die betroffenen Polizisten in 113 Fällen zu Sensibilisierungsgesprächen
eingeladen. Fünf mussten sich einer Fortbildung unterziehen, für zwei
Beamte wurde Dienstunterricht angesetzt.
Wer mit der Polizei in Kontakt treten möchte, kann das – auch anonym –
über die [4][Digitale Beschwerdestelle der Polizei Hamburg] tun.
Mittlerweile ist auch ein anonymisiertes Feedback möglich.
4 Mar 2025
## LINKS
[1] /Gruene-ueber-Beschwerdestelle-der-Polizei/!5875759
[2] /Urteil-im-G20-Rondenbarg-Prozess/!6032364
[3] /Rechtsextreme-Polizeichats-in-Hessen/!6020271
[4] https://www.hamburg.de/service/info/111097607/
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Polizei Hamburg
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
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