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# taz.de -- AfD-Anfrage zu Geflüchteten-Hilfe: Diskreditierung mit Methode
> Die Berliner AfD versucht, die Arbeit von psychosozialen Zentren mit
> Geflüchteten schlechtzureden. Die betroffenen Organisationen wehren sich.
Bild: Viele Geflüchtete brauchen psychosoziale Unterstützung: Zeichnungen von…
Berlin taz | Die AfD versucht, mit einer parlamentarischen Anfrage die
Berliner Angebote an psychosozialer Unterstützung für Geflüchtete zu
diskreditieren und Angst vor Gewalttaten durch Geflüchtete zu schüren. In
der Schriftlichen Anfrage von Ende Januar ([1][Nr. 19/21585]) will sie
unter anderem wissen, wie viele Asylbewerber „mit psychischen Erkrankungen“
seit 2014 nach Berlin gekommen seien, wie viele „Vorfälle durch
offensichtlich psychisch gestörte Täter“ es gegeben habe, welche
Einrichtungen in Berlin sich um solche Menschen kümmern – und was diese
kosten.
Nun wehren sich die angesprochenen Vereine Xenion und Zentrum Überleben,
die als Psychosoziale Zentren Beratungen und Therapien für traumatisierte
geflüchtete Menschen anbieten, sowie das Berliner Netzwerk für besonders
schutzbedürftige Menschen (BNS), das Fachstellen in dem Bereich
koordiniert. In einer gemeinsamen Erklärung heißt es, man beobachte mit
Sorge „die zunehmende Diskreditierung zivilgesellschaftlicher Arbeit
mithilfe der Instrumentalisierung parlamentarischer Befugnisse durch rechte
Parteien“.
Mitgemeint ist hier auch [2][die CDU-Anfrage im Bundestag von voriger
Woche], in der die staatliche Unterstützung von NGOs, die sich gegen rechts
positionieren, offen infrage gestellt wurde. „Inmitten einer in weiten
Teilen faktenfreien Debatte über Asyl und Migration versucht die
AfD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, psychosoziale Unterstützung für
traumatisierte Geflüchtete zu hinterfragen“, heißt es in der Erklärung.
Solche Anfragen haben Methode, erklärt Judith Heinmüller von der Berliner
Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR). Seit Jahren lasse sich
beobachten, wie rechtsextreme und rechtspopulistische Kräfte „ideologisch
motiviert gegen Vereine und Initiativen vorgehen, die sich für
gesellschaftlich marginalisierte Gruppen einsetzen“. Parlamentarische
Anfragen seien häufig nur ein Baustein in größeren „Diffamierungskampagnen,
mit denen das Engagement für Menschenrechte, Demokratie und eine offene
Gesellschaft umfassend bekämpft“ und durch Infragestellung der finanziellen
Zuwendungen Zweifel an diesem Engagement gestreut werden sollen.
## Was die Menschen brauchen
Schon der Ton der Anfrage, in der von „psychisch gestörten“ oder „psychi…
kranken“ Asylbewerbern die Rede ist, sei unangemessen und diffamierend,
erklärt Janina Meyeringh vom Geschäftsleitungsteam bei Xenion. Es gehe
schließlich um Menschen, die in ihrer Heimat schwere
Menschenrechtsverletzungen erlebt hätten und traumatisiert seien, sagte sie
am Montag der taz.
„Die wichtige Frage ist: Was brauchen diese Menschen, damit sie ihr Trauma
verarbeiten können? Dies hängt maßgeblich von den Lebensbedingungen danach
ab“, erklärt die Psychotherapeutin. Viele Geflüchtete entwickelten erst
hier psychische Folgeerkrankungen aufgrund ihrer unsicheren Lebenssituation
und sozialen Isolation, der permanenten Angst vor Abschiebung, alltäglichen
Rassismuserfahrungen. „Umso wichtiger sind die sozialen
Unterstützungsangebote von Xenion, Zentrum Überleben und anderen.“
Die Infragestellung dieser Arbeit durch die AfD sowie die
migrationsfeindliche Stimmungsmache von Teilen der Politik insgesamt
brauche daher eine starke gesellschaftliche Antwort, so Meyeringh. „Wir
lassen uns davon nicht einschüchtern und freuen uns über den breiten
solidarischen Rückhalt von vielen Menschen und Organisationen aus der
Zivilgesellschaft.“ Tatsächlich hat die Veröffentlichung der Anfrage samt
der Stellungnahme Ende voriger Woche [3][auf Instagram] mehrere hundert
Likes bekommen, darunter von Moabit hilft und der Awo Berlin-Mitte.
Die Linken-Abgeordnete Elif Eralp sagte der taz: „Die AfD nutzt das
parlamentarische Fragerecht nicht, um Informationen zu erhalten, sondern
vor allem, um Organisationen wie das BNS und Xenion, die ihre Arbeit
gewissenhaft machen und Geflüchtete unterstützen, zu denunzieren und gegen
sie zu hetzen.“
## Solidarität unter Demokraten
Solche Angriffe von rechts auf die Zivilgesellschaft zu erkennen und sich
als Demokrat_innen geschlossen dagegen zu stellen, sei sehr wichtig,
erklärt Heinmüller von der MBR. Für die betroffenen Vereine und Träger sei
insbesondere der Rückhalt aus Politik und Verwaltung wichtiger denn je.
„Sie erleben die Infragestellung ihrer Arbeit durch Rechtsextreme
regelrecht als Zermürbungstaktik“, die sie oft viel Zeit kosteten. Und: „Je
stärker sie auch gesamtgesellschaftlich Signale der Verunsicherung oder
Entsolidarisierung infolge der Angriffe wahrnehmen, desto mehr fürchten sie
auch um ihre Existenz.“
Was die Integrationsverwaltung von der Anfrage hält, geht aus der letzten
Antwort deutlich hervor. Die Träger seien „aus langjähriger Zusammenarbeit
als kompetente Partner*innen bekannt“, schreibt Staatssekretär Aziz
Bozkurt (SPD). Ihre Arbeit sei aus gesundheitspolitischer und
teilhabespezifischer Sicht wichtig, „nicht zuletzt, um eine langfristige
oder generationenübergreifende Belastung und Behandlungsnotwendigkeit
auszuschließen“, was das Land am Ende viel teurer käme.
4 Mar 2025
## LINKS
[1] https://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/19/SchrAnfr/S19-21…
[2] /551-Fragen-im-Bundestag/!6069900
[3] https://www.instagram.com/p/DGnHFbEqDz_/?img_index=1
## AUTOREN
Susanne Memarnia
## TAGS
Schwerpunkt Flucht
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Friedrich Merz
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