| # taz.de -- Zwangstindern mit den Wahlplakaten: Verkehrswende? Wisch und weg! | |
| > Beim Radfahren schreien einem die Bilder der Kandidierenden vom | |
| > Straßenrand geradezu entgegen. Mit prima Mobilitätskonzepten werben sie | |
| > nie. | |
| Bild: Zieht beim Radfahren schnell vorbei, aber wirbt nur mit leeren Phrasen: P… | |
| Radfahren hat derzeit was von Zwangs-[1][Tindern]. Alle paar Meter grinst | |
| mir irgendein Gesicht entgegen. Lauter Leute, in deren Profil ich passe, | |
| seit ich vor ein paar Wochen [2][die Wahlbenachrichtigung] hinter den | |
| Magneten an meinem Kühlschrank geklemmt habe. Ich finde die | |
| Partnervorschläge dieses Mal besonders aufdringlich, weil mir selbst | |
| eigentlich gerade nach Beziehungspause ist. | |
| So was in Richtung freundschaftliches Auseinanderziehen für ein paar | |
| Monate, Nachdenken, was schiefgelaufen ist und Überlegen, wie man das ab | |
| jetzt besser hinkriegt. Oder ob man sich lieber trennt. Bei uns muss ja zum | |
| Glück niemand verpartnert sein, [3][alleine leben ist auch okay.] | |
| Aber Wählen ist gefühlte Pflicht. Wenn ich derzeit durch die Stadt radele, | |
| versuche ich deshalb, [4][die Laternenpfahl-Fotos] mit möglichst | |
| liebevollen Augen zu betrachten. Irgendwen werde ich schließlich am 23. | |
| Februar ankreuzen müssen. Und die Gesichterkoalition mit den meisten | |
| Matches wird mich, wird uns dann regieren. Hoffentlich machen sie das für | |
| die Mehrheit gut. | |
| Die [5][Mehrheit der Deutschen besitzt zum Beispiel ein Auto] und will | |
| ungestört herumfahren. Deshalb [6][braucht die rad- oder ÖPNV-fahrende | |
| Minderheit schnell gute Fahrradwege] und zuverlässige Bahnen. Sonst kommt | |
| sie noch auf die Idee, aufs Auto umzusteigen, und die Straßen werden noch | |
| voller! Am besten wären so gute Radwege und Züge, dass viele Menschen ihre | |
| PKW abschaffen – und damit Platz und Freiheit für entschlossene Autofahrer | |
| schaffen. | |
| ## Wende wird gemacht | |
| Leider erzählt meine persönliche Wahlprognosekugel nichts in Richtung einer | |
| so pragmatischen [7][Verkehrswende]. Uns bleiben nur gezielte | |
| Einzelaktionen. Von denen haben mir viele taz-Lesende [8][nach der | |
| Dezember-Kolumne] geschrieben: Ich las von Schulprojektwochen, in denen | |
| nicht nur Rotlicht- und Geschwindigkeitsverstöße gezählt wurden, sondern | |
| sich die Schüler zur Demo auf der anschließend beruhigten | |
| Hauptverkehrskreuzung trafen. | |
| Bekam Post von einem Vater, der eigentlich vor der Schule seiner Kinder | |
| einen Zebrastreifen über die Kreisstraße wollte – und nach dessen Ablehnung | |
| eine Art Toreinfahrt für den Ort erfand. Die gibt es in [9][keiner StVO], | |
| dafür aber inzwischen in der Realität vieler Schleswig-Holsteinischer | |
| Ortschaften. | |
| ## Hartnäckigkeit funktioniert | |
| Eine Mutter änderte via Landtagsabgeordneten die Vorfahrtsregeln an der | |
| Schulkreuzung ihrer Tochter. Ein Vater drehte YouTube-Videos mit Kindern, | |
| in denen diese Gefahrenstellen mit dem Fahrrad meistern. Ein anderer | |
| arbeitete sich in Behörden so hartnäckig empor, bis das | |
| aufgesetzt-blockierende Parken auf dem Gehweg Richtung Schule verboten | |
| wurde. Und ein Elternpaar nervten gängige Auto-Spielteppiche so, dass sie | |
| Spielwiesen samt schiebbaren Fahrrädern fürs Kinderzimmer erfanden. | |
| Kinder ziehen also. Vielleicht könnten wir alle im März unsere neu | |
| gewählten Abgeordneten per Mail begrüßen und mitteilen, dass [10][Kinder | |
| tot zu fahren schlecht fürs Image] ist? Und dass Politik solche Unfälle | |
| auch jenseits vom Einzelkreuzungskampf verhindern könnte? Wer weiß: | |
| Vielleicht tut sich ja doch was! | |
| Ich freue mich jedenfalls auf die Wahl: Zwei Wochen später wird auch das | |
| letzte Plakat abgenommen sein. | |
| 14 Feb 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Kerstin Finkelstein | |
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