Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- US-Außenpolitik: Transatlantische Scheidung
> Nach wenigen Wochen Trump-Regierung ist das westliche Bündnis mit den USA
> nach einem Dreivierteljahrhundert am Ende. Die Folgen sind kaum absehbar.
Bild: Geschichtliches: Am 27. Juli 1949 unterzeichnete US-Präsident Harry Trum…
Berlin taz | Es ist nichts mehr zu kitten. Das transatlantische Bündnis
zwischen den USA und Europa ist nach 75 Jahren Geschichte. Die
Trump-Regierung hat – nach langer Vorbereitung – in wenigen Tagen
zerschlagen, was andere über Jahrzehnte aufgebaut haben.
Was in den vergangenen Tagen deutlich wurde, [1][zunächst auf der Münchner
Sicherheitskonferenz am vergangenen Wochenende] und dann in den Äußerungen
Donald Trumps aus Washington, geht weit über jenes Beklagen ungleicher
Lastenverteilung innerhalb der Nato hinaus, das seit Barack Obamas
Regierungszeit aus den USA zu vernehmen war.
Auch Obama hatte gefordert, die europäischen Staaten müssten sich mehr um
ihre eigene Sicherheit kümmern. Auch er hatte in Aussicht gestellt, die USA
würden sich strategisch weg von Europa zum asiatischen Raum hin ausrichten.
Der Nato-Beschluss von 2014 beim Gipfel in Wales – alle Länder sollten
anstreben, [2][mindestens 2 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für
Verteidigung auszugeben] – war ein Ergebnis dieser Haltung.
In keinem Moment allerdings stellte Obama infrage, dass die USA ihren
Verpflichtungen insbesondere aus Artikel 5 des Nato-Vertrages, also dem
gegenseitigen Beistand im Falle eines Angriffs auf ein Mitgliedsland,
nachkommen würden.
## Streit gab es immer – aber keinen grundsätzlichen Bruch
Differenzen zwischen Europa und den USA gab es während all der Jahrzehnte.
Als in den 1990er Jahren die Verhandlungen über das Rom-Statut zur
Gründung des Internationalen Strafgerichtshofs in die Endphase gingen,
rangen europäische und US-amerikanische Verhandler – damals noch unter
Präsident Bill Clinton – um jede Zeile. Nur um dann zu erleben, dass die
USA den Vertrag nicht ratifizierten und Clintons Nachfolger, George W.
Bush, die US-Unterschrift wieder zurückzog.
Deutschland und Frankreich stritten sich heftig mit der Regierung von Bush,
als die USA mit der erlogenen Begründung, das Regime von Saddam Hussein
bedrohe die Welt mit Massenvernichtungswaffen, in den Irak einmarschierten.
Obamas Verhandlungsdelegationen auf dem Weg zum internationalen
Klimaabkommen von Paris, das 2016 in Kraft trat, waren ständige
Gegenspieler der Europäer, auch bevor Obamas Nachfolger Donald Trump 2017
dann den Austritt der USA aus dem Abkommen erklärte.
Doch das waren Meinungsverschiedenheiten zwischen Verbündeten, die mehr
verband als eine Unterschrift unter irgendwelchen Verträgen. Die USA hatten
als größte westliche Siegermacht des Zweiten Weltkriegs ihre Vorstellung
rechtsstaatlicher liberaler Demokratien zum Kernstück des westlichen
Selbstverständnisses gemacht. Das galt selbst dann für die Kernländer des
Atlantischen Bündnisses, wenn in der Peripherie im Namen der
Kommunismusbekämpfung Menschenrechte und Demokratie mit Füßen getreten
wurden.
## Überparteilicher Konsens bei Bündnistreue
In all diesen Zeiten herrschte zwar auch in den USA mitunter
Parteiendissens über Detailfragen der Außenpolitik, was in den letzten zwei
Jahrzehnten auch immer wieder die Rolle der Vereinten Nationen betraf. Aber
in Fragen der Bündnistreue und der Identifikation von Freund und Gegner gab
es einen weitgehenden überparteilichen Konsens.
Mit dem Aufstieg der radikalen Rechten, sichtbar spätestens seit dem
Aufkommen der Tea Party zu Beginn der Amtszeit Obamas, begann zunächst der
gesellschaftliche Konsens innerhalb der USA zu zerfallen. In der Folge
zerbrach dann auch der außenpolitische.
Donald Trump, J. D. Vance und Elon Musk stehen [3][für ein Modell der
regellosen Interessendurchsetzung]. Die USA bauen sie zu einem
autoritären Führerstaat um, der Gewaltenteilung nur noch aus den
Geschichtsbüchern kennt. Ideologisch ist ihr Handeln eingebettet in
antifeministische Männlichkeitsideale aus dem frühen 20. Jahrhundert,
gepaart mit der Idee der Aufteilung der Welt in Einflusszonen der
Großmächte. Kein Wunder, dass Wladimir Putin verkünden ließ, er stimme mit
den Ausführungen Trumps zu 100 Prozent überein.
[4][Erstes Opfer dieser neuen Allianz könnte die Ukraine werden.] Viel
schneller als vermutet sehen sich [5][die Europäer jetzt gefordert, ihre
eigenen Demokratien gleich gegen zwei feindliche Großmächte zu verteidigen]
– eine Situation, deren Konsequenzen noch nicht einmal im Ansatz verstanden
sind.
22 Feb 2025
## LINKS
[1] /Muenchener-Sicherheitskonferenz/!6066767
[2] /Trumps-Aussagen-zur-Nato/!5988869
[3] /Denkwuerdige-Sicherheitskonferenz/!6066772
[4] /Reaktionen-aus-der-Ukraine-nach-US-Wahl/!6047592
[5] /EU-Aussenpolitik/!6070982
## AUTOREN
Bernd Pickert
## TAGS
Schwerpunkt USA unter Trump
Nato
Donald Trump
Europäische Union
Verteidigungspolitik
GNS
Italien
Donald Trump
Podcast „Bundestalk“
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
## ARTIKEL ZUM THEMA
Beziehungen zwischen EU und USA: Meloni in der Zwickmühle
In Washington positioniert sich die italienische Ministerpräsidentin
zwischen EU und Trump. Keine leichte Übung.
+++ Die USA unter Trump +++: Trump entlässt den Generalstabschef der US-Streit…
Mit Charles Q. Brown muss der erst zweite Afroamerikaner auf diesem
Spitzenposten seinen Stuhl räumen. Die Nachrichtenagentur AP verklagt das
Weiße Haus wegen des Rauswurfs ihrer Journalist*innen.
Transatlantische Krise vor der Wahl: Haben die Parteien begriffen, worum es geh…
Kurz vor der Bundestagswahl spitzen sich die transatlantischen Konflikte
zu. In den Fernsehduellen kommt das kaum vor. Woran das liegen könnte.
Ukrainischer Kulturminister über Krieg: „Es geht um den Bestand des Westens,…
Mykola Tochytsky war lange ukrainischer Außenpolitiker. Hier spricht er
über Putin-Appeasement, Wiederaufbau und fehlende USAID-Gelder.
Donald Trump zu Ukraine: Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Zuvor hatte der US-Präsident der Ukraine die Schuld am Krieg gegeben.
Erstmals besucht der US-Sonderbeauftragte für die Ukraine Kyjiw.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.