| # taz.de -- Arktis erhitzt sich: Ein Drittel ist zur CO2-Quelle geworden | |
| > Seit Jahrtausenden bindet die Arktis mit ihren Mooren, Wäldern und | |
| > Tundren Treibhausgase. Mittlerweile hat die Erderhitzung sie stark | |
| > zerstört. | |
| Bild: Karibus im Arctic National Wildlife Schutzgebiet in Alaska | |
| Berlin taz | Die Arktis hat eigentlich immer sehr geholfen beim | |
| Klimaschutz: Jahrtausendelang haben Pflanzen durch Photosynthese CO2 | |
| gebunden. Normalerweise zersetzen Mikroorganismen die abgestorbenen | |
| Pflanzen und Tiere und setzen dabei den gespeicherten Kohlenstoff als CO2 | |
| oder unter Sauerstoffmangel als Methan wieder frei. | |
| Nicht so in der Arktis: Hier ist es so kalt, dass die Überreste teilweise | |
| unzersetzt einfrieren und im gefrorenen Boden eingeschlossen werden, im | |
| sogenannten Permafrost. Die Hälfte des weltweit im Boden gebundenen | |
| Kohlenstoffs [1][steckt deshalb im nördlichen Permafrost]. | |
| Weltweit nimmt die Natur etwa die Hälfte der menschlichen Emissionen auf | |
| und verlangsamt so die Erderhitzung erheblich. Wissenschaftler*innen | |
| fürchten aber zunehmend, dass Ozeane, Wälder, Böden, Moore und Co weniger | |
| Treibhausgase binden können, [2][wenn es heißer auf dem Planeten wird]. | |
| So ist mittlerweile ein Drittel der Arktis zur CO2-Quelle geworden. Das | |
| zeigt eine Studie, [3][die im Fachmagazin Nature Climate Change erschienen | |
| ist]. | |
| ## Senkenleistung der Arktis hat zugenommen | |
| Zwar hat wegen verstärkten Pflanzenwachstums die sogenannte Senkenleistung | |
| der Arktis zwischen 1990 und 2020 zugenommen. Sie bindet also im Sommer, | |
| wenn die Pflanzen wachsen, zunehmend CO2. Aber Teile der arktischen Tundra, | |
| wo vor allem auf Permafrost Sträucher und Moose wachsen, geben mehr CO2 an | |
| die Atmosphäre, als sie herausholen. | |
| Für die Studie haben die Forscher*innen Daten von 200 Messstationen | |
| genutzt, die von 1990 bis 2020 über Alaska, Kanada, Nordeuropa und Sibirien | |
| verteilt CO2-Bindung und -Ausstoß gemessen haben. | |
| Berechnet man die Emissionen von Waldbränden mit ein, ist die | |
| Permafrostregion vielleicht sogar CO2-neutral: Die Pflanzen dort binden | |
| womöglich nur noch etwa so viel CO2, wie auch freigesetzt wird. | |
| „Dass sich der CO2-Senkeneffekt in einigen Regionen der Tundra abschwächt | |
| oder sie vielleicht sogar bereits als CO2-Quelle fungiert – das ist neu“, | |
| sagt Julia Boike, die am Alfred-Wegener-Institut zu Permafrost forscht und | |
| an der Studie mitgeschrieben hat. | |
| ## Winter sind entscheidend | |
| Ein Grund: Die Mikroben, die im Boden Kleinststoffe zerlegen und CO2 | |
| ausstoßen, arbeiten nun auch im Winter weiter. Eigentlich war es ihnen den | |
| Großteil des Jahres über zu kalt. Aber durch die Erderhitzung werden immer | |
| tiefere Bodenschichten immer wärmer und nasser, auch im Winter. Das gefällt | |
| den Mikroben. | |
| „Dass sich diese Prozesse im Winter fortsetzen, ist eine wichtige | |
| Erkenntnis“, sagt Forscherin und Studienautorin Boike. „Die Winter in der | |
| Arktis sind lang, dauern von September bis Mai.“ Dazu kommt, dass das Eis | |
| im Untergrund taut. Auch das kurbelt die Erwärmung des Bodens weiter an. | |
| Vollständig können die Forscher*innen nicht erklären, warum die | |
| Senkenleistung von Teilen der Arktis so stark abgenommen hat. Sie weisen | |
| auch darauf hin, dass die Zahlen zu CO2-Bindung und -Ausstoß mit hohen | |
| Unsicherheiten verbunden sind. | |
| Eine davon: Während in Kanada und Alaska sehr viele Instrumente stehen, um | |
| CO2-Bindung und -Emissionen zu messen, mussten sich die Forscher*innen | |
| für Sibirien auf weniger Daten verlassen. Das sei ein großes Problem, | |
| schreiben die Studienautor*innen, denn in Sibirien wachsen sowohl | |
| CO2-Ausstoß als auch CO2-Bindung am stärksten. Im sibirischen Boden steckt | |
| die Hälfte des im arktischen Permafrost gebundenen CO2. | |
| Forscherin Boike weist darauf hin, dass Waldbrände in der Arktis nicht nur | |
| CO2 freisetzen. Sie schaden auch dem Permafrost, weil intakte Wälder den | |
| Boden isolieren. „Waldverluste können zu erheblicher Erwärmung und | |
| Veränderungen im Wasserhaushalt führen“, erklärt sie. Das beeinflusse die | |
| Stabilität des Permafrosts und wichtige Ökosystemfunktionen wie | |
| Kohlenstoffspeicherung und Feuerdynamik. | |
| 3 Mar 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Indigene-in-Alaska/!6041100 | |
| [2] /17-Klima-Fragen-fuers-Kanzler-Duell/!6065171 | |
| [3] https://www.nature.com/articles/s41558-024-02234-5 | |
| ## AUTOREN | |
| Jonas Waack | |
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