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# taz.de -- Donald Trump gegen den Rechtsstaat: Flood the zone with Schmitt
> Wer das Land rettet, bricht kein Gesetz – Trumps Spruch erinnert an den
> Nazi-Juristen Carl Schmitt. Der ist bei rechten Vordenkern in den USA
> beliebt.
Bild: Gegen die Gewaltentrennung: Auch das Kapitol ist vor Donald Trump nicht s…
Diesen Satz ließ [1][US-Präsident Trump] auf der Plattform von Elon Musk
verlauten: „He who saves his Country does not violate any Law.“ Wer sein
Land rette, der verletze damit kein Gesetz, schrieb Trump auf X. Der Satz
wird oft dem französischen Herrscher Napoléon Bonaparte zugeschrieben –
womöglich zu Unrecht. Zu Recht allerdings fühlten sich manche an den
deutschen Rechtsphilosophen Carl Schmitt erinnert. Also an den
„Kronjuristen“ [2][des Dritten Reichs], der insbesondere in der
Anfangsphase der Hitler-Herrschaft das Führerprinzip rechtfertigte.
Ende Juni 1934 hatte Hitler in der sogenannten „Nacht der langen Messer“
politische Feinde und Rivalen in der Nazi-Herrscherclique ausgeschaltet und
bis zu 200 Menschen umbringen lassen. Zu der Mordaktion äußerte sich
Schmitt im August in der Deutschen Juristen-Zeitung: „Der Führer schützt
das Recht vor dem schlimmsten Mißbrauch, wenn er im Augenblick der Gefahr
kraft seines Führertums als oberster Gerichtsherr unmittelbar Recht
schafft.“
Schmitt zitiert dann aus einer Rede Hitlers: „In dieser Stunde war ich
verantwortlich für das Schicksal der deutschen Nation und damit des
Deutschen Volkes oberster Gerichtsherr.“
Nun schreiben wir nicht das Jahr 1933 und Donald Trump ist nicht Adolf
Hitler. Doch braucht es auch nicht viel Fantasie, um das [3][Echo der
Geschichte] zu hören. Der starke Mann, der eine vermeintlich kränkelnde
Nation wieder zu alter Glorie bringen will. Der sich nicht nur gegen Feinde
im Ausland, sondern auch gegen solche im Inneren wehrt. Und dem unabhängige
Gerichte oder parlamentarische Kontrolle dabei lästig sind. So machte auch
Schmitt seinerzeit den Parlamentarismus des Rechtsstaats Weimarer Republik
verächtlich.
## Trumps Vordenker lesen Schmitt
Trump folgt mit seinen Posts weiter dem Bonmot seines Verbündeten Steve
Bannon: Flood the zone with shit. In diesem Fall kann man nicht davon
ausgehen, dass er vorher die Werke eines deutschen Rechtsphilosophen
studiert hat. Jedoch wissen wir, dass die neurechten Vordenker in den USA
ihren Schmitt sehr wohl gelesen haben.
So etwa der Philosoph [4][Curtis Yarvin]. In einem [5][Interview] zieht
Yarvin Schmitt heran, um zu einer Kritik des Rechtsstaats auszuholen: „Wenn
man sich mit der Frage der Rechtsstaatlichkeit beschäftigt, stellt man
fest, dass es sich immer um die Herrschaft eines Menschen handelt, der
behauptet, das Recht auslegen zu können“. Mit anderen Worten: Es braucht
immer einen Richter, der Recht spricht.
Dieser Umstand stößt auch J.D. Vance auf. Jenem Vance, der sich in der
Vergangenheit [6][wohlwollend über Yarvin äußerte]. Vor einer Woche empörte
sich der Vizepräsident auf X über einen Richter, der Elon Musk und seinem
Bürokratie-Abbau-Gremium DOGE den Zugriff auf sensible Zahlungsdaten des
Finanzministeriums verweigerte. „Die Richter dürfen die legitime Macht der
Exekutive nicht kontrollieren“, schrieb Vance in einem direkten Angriff auf
die Gewaltenteilung.
Kaum subtiler untergraben Trump und Co das Parlament. [7][Wie der New York
Times-Kolumnist Ezra Klein bemerkte], verliert der Kongress seine ihm in
der Verfassung zugedachte Kontrollfunktion, denn die dort vorherrschende
Republikanische Partei denkt kaum mehr daran, das Handeln des Präsidenten
zu überwachen. Sie macht sich stattdessen zum Büttel und Erfüllungsgehilfen
des Großen Vorsitzenden.
## Auf dem Weg in die Monarchie?
Die USA unter Trump scheinen damit ganz auf Yarvins Kurs zu sein, der eine
amerikanische Monarchie fordert. Spannend ist, dass Yarvin sich als Vorbild
auch auf den demokratischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt bezieht, in
dessen Amtszeit von 1933 bis 1945 der Weg hin zur „imperialen
Präsidentschaft“ begann.
Auch befeuern rechte Juristen und Thinktanks in den USA schon länger die
„unitary executive theory“. Ihr zufolge darf der Präsident angeblich mit
unbeschränkter Macht über die Exekutive walten. Ob die konservative
Mehrheit der Richter am Obersten Gerichtshof diese Theorie anwenden wird,
könnten [8][Verfahren dort] bald zeigen.
„Die Wunde schließt der Speer nur, der sie schlug“, sagt Richard Wagners
Parsifal. Und vielleicht hilft gegen den „Schmittianer“ Trump nur Schmitt
selbst. Schmitt prägte auch das Konzept der „Freund-Feind-Unterscheidung“
als zentrales Moment des Politischen, worauf 2005 schon die linke
Theoretikerin Chantal Mouffe ansprang.
Ja, Polarisierung ist nicht nur schlecht, weil sie die bestehenden
Gegensätze und existentiellen Gefahren für die Demokratie zumindest klar
hervortreten lässt. Während die Linke noch überlegt, wofür sie eigentlich
steht, kann sie heute zumindest wissen, gegen wen sie kämpft.
18 Feb 2025
## LINKS
[1] /Ukraine-Verhandlungen-in-Saudi-Arabien/!6066844
[2] /Neues-Buch-ueber-Aufstieg-der-NSDAP/!6025793
[3] /Trump-und-die-Ukraine/!6066736
[4] /Hippe-Neoreaktionaere-in-New-York-City/!5939891
[5] https://rage-culture.com/en/conversation-with-curtis-yarvin/
[6] https://www.theguardian.com/us-news/2024/dec/21/curtis-yarvin-trump
[7] https://www.nytimes.com/2025/02/16/opinion/ezra-klein-podcast-congress-audi…
[8] https://www.spiegel.de/ausland/donald-trump-benoetigt-erstmals-hilfe-des-su…
## AUTOREN
Leon Holly
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Schwerpunkt USA unter Trump
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