| # taz.de -- Komplizierte Wahlprogramme: Bis zu 69 Wörter in einem Satz | |
| > Die Wahlprogramme der Parteien sind zwar kürzer als 2021, aber immer noch | |
| > schwer verständlich. Besonders umständlich formuliert die AfD. | |
| Bild: Inhaltsarme Wahlplakate: Wahlprogramme mit ihren endlosen Schachtelsätze… | |
| Berlin taz | Wissenschaftler*innen der Universität Hohenheim haben die | |
| Wahlprogramme für die anstehende Bundestagswahl auf Verständlichkeit | |
| überprüft. Auf einer Skala von 0 (schwer verständlich) bis 20 (leicht | |
| verständlich) kommen die Wahlprogramme durchschnittlich auf 7,3 Punkte. Das | |
| ist zwar besser als bei der Bundestagswahl 2021, damals lag der Schnitt bei | |
| 5,6 Punkten. Aber bürgernah sieht anders aus. | |
| Denn die Parteien scheinen alles zu nutzen, was das Lesen schwierig macht. | |
| Zum Beispiel Schachtelsätze: 30 bis 40 Wörter pro Satz seien keine | |
| Seltenheit, schreiben die Autor*innen der Analyse. Auch Sätze mit mehr | |
| als 50 Wörtern fänden sich bei vielen Parteien. Sogar einer mit 69 Wörtern | |
| ist ihnen begegnet. | |
| Dabei sollte jeder Satz möglichst wenige Informationen vermitteln, damit | |
| auch Wenig-Leser*innen die Wahlprogramme einfach verstehen können. Hinzu | |
| kommen Wortungetüme wie „Telekommunikationsnetzausbaubeschleunigungsgesetz“ | |
| (FDP) und Fachbegriffe wie „Small Modular Reactors“ (CDU/CSU). Und wussten | |
| Sie, was ein „Quick-Freeze“ ist, von dem die Grünen schreiben? | |
| Immerhin etwas kürzer als beim letzten Mal sind die Wahlprogramme, im | |
| Durchschnitt 25.544 Wörter. Am formal verständlichsten finden die | |
| Forschenden das Programm der Union mit 10,5 Punkten auf dem Hohenheimer | |
| Verständlichkeitsindex, gefolgt von der Linken mit 8,3 Punkten. Am | |
| wenigsten verständlich ist das Programm der AfD mit 5,1 Punkten. | |
| Damit stehen die Wahlprogramme zwar besser da als Doktorarbeiten in der | |
| Politikwissenschaft (1,2 Verständlichkeitspunkte), aber deutlich schlechter | |
| als [1][Haushaltsreden im Deutschen Bundestag] 2023 (15 Punkte). | |
| Zumindest die Haushaltspolitiker*innen der Parteien können somit | |
| anscheinend Verständlichkeit. Was ist also bei den Wahlprogrammen | |
| schiefgelaufen? Kommunikationswissenschaftler Frank Brettschneider spricht | |
| vom „Fluch des Wissens“: Die Themenkapitel seien das [2][Ergebnis von | |
| Expertenrunden]. „Diesen ist meist gar nicht bewusst, dass die Mehrheit der | |
| Wählerinnen und Wähler ihren Fachjargon nicht versteht“, sagt | |
| Brettschneider. Dass die Parteien durchaus verständlicher formulieren | |
| könnten, bewiesen gelungene Passagen in den Einleitungen und im | |
| Schlussteil. Für diese vergaben Brettschneider und sein Team meist mehr als | |
| zehn Verständlichkeitspunkte. | |
| Jetzt die Auflösung: Beim „Quick-Freeze-Verfahren“ werden IP-Adressen, | |
| Telefonnummern und andere Verkehrsdaten bei den Internet- und | |
| Telefonanbietern gesichert, wenn der Verdacht einer erheblichen Straftat | |
| besteht und die Daten mit ihr im Zusammenhang stehen könnten. Die Grünen | |
| wollen dieses Strafverfolgungsinstrument „konsequent ausbauen“. „Small | |
| Modular Reactors“ sind Mini-Atomkraftwerke, auf deren Beforschung die Union | |
| setzt, neben der potenziellen Reaktivierung bereits abgeschalteter | |
| Atomkraftwerke. Und der Bandwurmsatz mit den 69 Wörtern [3][steht im | |
| Programm des BSW]. | |
| 18 Feb 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Franziska Schindler | |
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