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# taz.de -- Lichtblicke bei Migrations-Abstimmung: Erfrischend stabil
> Am Mittwochabend hat Friedrich Merz im Bundestag die Brandmauer zur AfD
> eingerissen – ein schlechter Tag für die Demokratie. Doch ein paar
> Lichtblicke gab es.
Bild: Spricht einem aus der Seele: Heidi Reichinnek (Die Linke) hält eine Wutr…
Berlin taz | Sehenden Auges provozierte Friedrich Merz am Mittwoch im
Bundestag eine Abstimmung, [1][in der die Union gemeinsam mit der AfD
abstimmte]. Mit einer knappen Mehrheit von 348 zu 344 Stimmen stimmte der
Bundestag für den „Fünf-Punkte-Plan“ der Union. Ein zweiter Antrag mit
Reformvorschlägen zur Migrationspolitik fand keine Mehrheit.
Die Fraktionen der SPD und Grünen sowie der Linken stimmten geschlossen mit
Nein, die Unionsfraktion, FDP und AfD wiederum mit Ja. Das BSW enthielt
sich und stützte damit die knappe Mehrheit des unheiligen Blocks.
Vor und nach der Abstimmung [2][gingen Menschen in ganz Deutschland gegen
Rechts auf die Straße]. In einem Brandbrief hatten sich vor der Abstimmung
schon die evangelische und katholische Kirche an die Unionsparteien
gewendet und davor [3][gewarnt, Anträge für eine Verschärfung der
Asylpolitik mit Unterstützung der AfD durch den Bundestag zu bringen]. Doch
auch im und um den Bundestag gab es ein paar Lichtblicke.
Heidi Reichinnek: „Auf die Barrikaden!“
„Aller politischen Differenzen zum Trotz hätte ich mir nie vorstellen
können, dass eine christdemokratische Partei diesen Dammbruch vollzieht und
mit Rechtsextremen paktiert“, rief die [4][Linken-Gruppenvorsitzende Heidi
Reichinnek in ihrer Wutrede] Friedrich Merz entgegen. „Sie haben dieses
Land heute zum Schlechteren verändert.“
Von SPD und Grünen forderte sie: „Schließt eine Koalition mit dieser Union
aus“ und klagte nochmals Merz an: „Das sind keine Zufallsmehrheiten. Sie
haben diese Mehrheiten gesucht. Zwei Tage nachdem wir der Ermordeten von
Auschwitz gedacht haben, arbeiten Sie mit denen zusammen, die diese
Ideologie weitertragen.“
Allen demokratisch gesonnenen Menschen in Deutschland rief sie zu: „Gebt
nicht auf, sondern wehrt euch, leistet Widerstand gegen den Faschismus in
diesem Land. Auf die Barrikaden!“
Angela Merkel: „Sehenden Auges“
Ex-Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kritisierte das Vorgehen der Union, ihren
Antrag zur Verschärfung der Migrationspolitik mit Stimmen der AfD
durchgesetzt zu haben, [5][in einer am Donnerstag veröffentlichten
Erklärung scharf]. Merz frühere Versprechen, nicht mit der AfD für
Mehrheiten zu sorgen, seien „Ausdruck großer staatspolitischer
Verantwortung“ gewesen. An dieses Versprechen habe sich Merz nicht gebunden
gefühlt und damit „sehenden Auges erstmalig bei einer Abstimmung im
Deutschen Bundestag eine Mehrheit mit den Stimmen der AfD“ ermöglicht. Puh.
Antje Tillmann (CDU): „Prüft alles und behaltet das Gute!“
Die Union stimmte ziemlich geschlossen mit Ja. Nur wenige Abweichler
stimmten gar nicht ab und erhielten der CDU damit ihre Mehrheit. Einzig
[6][die CDU-Abgeordnete Antje Tillmann stimmte gegen den Antrag ihrer
Fraktion] für mehr Zurückweisungen an den Grenzen. In einem [7][Gastbeitrag
in der Thüringischen Landeszeitung] hatte sie schon Anfang Januar „Vorsicht
bei pauschaler Rückführungsforderung“ gefordert. Das Jahr 2015, in dem
besonders viele Syrer:innen nach Deutschland flohen, sei „eine
Erfolgsgeschichte“.
Tillmanns inzwischen 25-jähriger syrischer Ziehsohn, der als 15-Jähriger
allein in Erfurt angekommen sei und für den sie die Vormundschaft
übernommen habe, beginne gerade seine Meisterausbildung zum dringend
gebrauchten Industriemechaniker.
## Volker Wissing (fraktionslos): Volker hört die Signale!
Nur ein einziger Liberaler zeigte Gewissen und rang sich zu einem Nein
durch. Und der ist nicht mehr in der FDP-Fraktion: Verkehrsminister Volker
Wissing, der nach dem Bruch seiner Partei mit der Ampelkoalition wiederum
[8][mit der FDP gebrochen hatte], sitzt ohne Fraktion im Bundestag.
„Unerwartet, trotzdem da: Volker Wissing, Antifa“, schrieb dazu [9][die
Fridays-For-Future-Aktivistin Luisa Neubauer auf Bluesky]. An anderer
Stelle hieß es [10][„Volker hört die Signale“].
## Stefan Seidler (fraktionslos): „Unverantwortliche Symbolpolitik“
Stefan Seidler (SSW), Vertreter der dänischen Minderheit, stimmte wie
Verkehrsminister Volker Wissing mit Nein. In [11][seiner kurzen Rede teilte
er dazu ordentlich aus]: Die von der AfD übernommenen Forderungen der CDU
seien „unwürdige Schnellschüsse“, um Umfragewerte zu verbessern.
Berechtigte Sorgen der Bürger würden durch Merz Manöver zum „Spielball
populistischer Wahlkampfrhetorik“. An die Union gerichtet forderte er
„statt Placebos“ menschenwürdige Lösungen, die vor Ort wirken.
## Niklas Wagener (B90/Grüne): „Nicht mit dem Finger zeigen“
Der grüne Aschaffenburger [12][Niklas Wagener fand in seiner Rede über das
Gedenken seiner Heimatstadt die richtigen Worte]: „Die Bürger erwarten,
dass die demokratische Mitte gemeinsam Vorschläge vorlegt und nicht mit dem
Finger aufeinander zeigt.“ Viele Bürger:innen würden die Wut über den
Missbrauch des Vorfalls für den eigenen Wahlkampf teilen.
Wagener sprach über den bedrückenden Moment auf einer Trauerfeier, in dem
ein Mädchen aus Afghanistan vor 3000 Betroffenen glaubte sagen zu müssen,
dass nicht alle Afghan:innen böse sind. „Dass ein 12-jähriges Mädchen
glaubt, sich für das Verbrechen eines 28-jährigen psychisch-kranken
Asylbewerbers entschuldigen zu müssen ist tragisch und vor allem
grundfalsch.“
30 Jan 2025
## LINKS
[1] /-CDU-bildet-Mehrheit-mit-AfD-/!6066084
[2] /Nach-dem-Fall-der-Brandmauer/!6066264
[3] /Gotteshaeuser-kritisieren-Asyldebatte/!6065889
[4] https://www.bundestag.de/mediathek?videoid=7628540#url=aHR0cHM6Ly93d3cuYnVu…
[5] /Merkel-zur-CDU-Kooperation-mit-AfD/!6066217
[6] /Bundestagsabstimmung-gegen-Migration/!6066188
[7] https://www.tlz.de/politik/article408043679/antje-tillmann-nimmt-abschied-v…
[8] /-Ampelkoalition-zerbricht-/!6047497/
[9] https://bsky.app/profile/luisaneubauer.bsky.social/post/3lgvwpbtch22s
[10] https://www.reddit.com/r/Staiy/comments/1id2gn2/volker_h%C3%B6rt_die_signa…
[11] https://www.bundestag.de/mediathek?videoid=7628554&url=L21lZGlhdGhla29…
[12] https://www.bundestag.de/mediathek?videoid=7628536#url=aHR0cHM6Ly93d3cuYnV…
## AUTOREN
Raoul Spada
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