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# taz.de -- Marketing für Schokoriegel: Süß mit einer Note von süß
> Schokolade, Biskuit und Nusscreme – die Grundzutaten eines Schokoriegel
> sind begrenzt. Wie verkauft man sie also ohne echtes
> Alleinstellungsmerkmal?
Bild: Süß-karamellig und süß-nussig umschlossen von süß-schokoladig
Seit etlichen Jahren steht bei mir im Regal der posthum erschienene Roman
„Der bleiche König“ von [1][David Foster Wallace]. Ungelesen. Die
Kombination fragmenthaft/unvollendet/über 600 eng bedruckte Seiten hielt
mich bisher davon ab. Geschafft habe ich dafür die 87 Taschenbuchseiten von
Wallace’ Kurzgeschichte „Mister Squishy“, und die hallen bis heute nach.
Die Haupthandlung beschreibt extrem detailliert eine
Fokusgruppenuntersuchung für einen neuen Schokoriegel mit dem
marketingtechnisch riskanten Namen „Felonies!“ (Kapitalverbrechen). In
Opposition zur „putzigen Namensgebung herkömmlicher Pausenriegel mit ihren
zahlreichen Ns und Doppel-Os“ soll dieser vor allem 18- bis 39-jährige
Männer ansprechen.
Tatsächlich stelle ich mir [2][Süßwarenmarketing] ziemlich kniffelig vor.
Die Reihe der Grundzutaten ist begrenzt (Schokolade, Biskuit, Nusscreme,
Krokant, Karamell und wenige weitere), und wenngleich man sie auf
überraschend viele Arten kombinieren kann, das Ergebnis ist geschmacklich
eben fast immer: süß mit einer Note von süß. Das kann man schwer als
Alleinstellungsmerkmal verkaufen, es sei denn, man packt noch [3][die
ausgedachte] Piemont-Kirsche oder [4][eine Mischung aus Pistaziencreme und
Kadayif] mit rein.
Irgendwann fiel mir dann – vielleicht inspiriert von „Mister Squishy“ –
auf, dass in meiner Jugend sehr viele Hersteller versuchten, ihr Produkt
mit einem bestimmten Verwendungsmoment zu verdrahten.
## Schokolade ohne Verwendungszusammenhang
Die Süßware für die Vormittagspause ist Knoppers („morgens halb zehn in
Deutschland“). Die für den Abend trägt’s gleich im Namen: After Eight. Wi…
man sich bedanken, verschenkt man Merci. Zu Einladungen von Freunden nimmt
man Ferrero Küsschen mit. Wenn die Familie gemeinsam spielt, bringt Mutti
irgendwann Toffifee ins Spiel. Und falls man feststeckt und aus
Zuckermangel hangry zu werden droht, ist – „Wenn’s mal wieder länger
dauert“ – Snickers der Retter.
Ich kann leider nicht sagen, ob das immer noch so läuft, weil mich nur noch
wenig Süßwarenwerbung erreicht. Aber dafür war ich äußerst amüsiert, als
mir vergangene Woche eine Mini-Pralinenpackung von Lindt in die Hände fiel.
Drin waren Dinge wie Nuss-Becherli, Nougat-Waffelherz, Vollmilch mit
Krokant, außen drauf stand: „Einfach mal so“.
Einfach mal so. Alles kann, nichts muss. Schokolade ohne
Verwendungszusammenhang. Wenn die für viel Agenturhonorar erdachten
Verpackungsbotschaften noch wolkiger sind als Wahlplakate, [5][auf denen
einfach nur „Zuversicht“ steht] – dann ist wirklich alles egal. Dann sind
wir komplett frei.
Vielleicht sollte ich endlich mal anfangen, „Der bleiche König“ zu lesen.
10 Feb 2025
## LINKS
[1] /Essays-von-David-Foster-Wallace/!5536400
[2] /Werbeverbot-fuer-Suessigkeiten/!6014596
[3] https://www.swr.de/swrkultur/leben-und-gesellschaft/frei-erfunden-die-piemo…
[4] /Virale-Dubai-Schokolade/!6047213
[5] /Absurde-Wahlplakate/!6062180
## AUTOREN
Michael Brake
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