# taz.de -- Gedenkveranstaltung in Biesenthal: Antifaschistische Spurensuche | |
> Auf einem Spaziergang in Biesenthal wird NS-Opfern gedacht. Bald sollen | |
> in der brandenburgischen Kleinstadt die ersten Stolpersteine verlegt | |
> werden. | |
Bild: „Recht große jüdische Bevölkerung“: Historische Aufnahme von Biese… | |
Biesenthal taz | Die Stimmung ist leise und nachdenklich am | |
Sonntagvormittag im brandenburgischen Biesenthal. Eine Person trägt ein | |
Schild, auf dem „Seid nicht gleichgültig“ steht, eine Frau mit einem | |
Cellokasten auf dem Rücken ein Banner mit der Aufschrift: „Biesenthal zeigt | |
Gesicht“. Insgesamt sind 150 Menschen unterschiedlichen Alters | |
zusammengekommen. | |
Elliot Müller ist Teil der Initiative Bunt statt Braun Biesenthal. Für | |
Sonntag hat die Gruppe zu einem Gedenkspaziergang durch die | |
6.000-Einwohner:innen-Stadt rund 40 Kilometer nordöstlich von Berlin | |
eingeladen. Anlass ist der [1][80. Jahrestag der Befreiung] des ehemaligen | |
Konzentrationslagers Auschwitz durch die Rote Armee am 27. Januar. | |
Die 2008 entstandene Initiative recherchiert zu Opfern des | |
Nationalsozialismus, die in Bezug zu Biesenthal stehen, und setzt sich für | |
die Verlegung von Stolpersteinen ein. Biesenthal hatte einst – wie auch | |
andere Orte im Brandenburger Umland – eine recht große jüdische | |
Bevölkerung, erzählt Müller. Die Initiative will ihre Namen und Lebenswege | |
nachvollziehen. | |
Das passt in Biesenthal, wo [2][die AfD bei den Landtagswahlen im | |
vergangenen Jahr 33,2 Prozent holte], jedoch offenbar nicht allen. Vor | |
einem Jahr haben Unbekannte die Erinnerungseiche auf dem jüdischen Friedhof | |
gefällt. Trotz der rechten, antisemitischen Strömungen wollen Müller und | |
ihre Mitstreiter:innen „das Gedenken in den Vordergrund rücken und | |
Aufmerksamkeit auf das Thema lenken“. | |
## Initiative will Stolpersteine in Biesenthal | |
Noch befindet sich kein einziger der rund 1.300 [3][Stolpersteine], die es | |
in Brandenburg gibt, in Biesenthal. Das will die Initiative ändern. Bislang | |
haben sie über 100 Namen von Betroffenen, die in Biesenthal geboren wurden, | |
hier lebten oder anders mit der Stadt verbunden waren, gesammelt. Für sie | |
sollen bald Stolpersteine verlegt werden. | |
Der Spaziergang am Sonntag ist ein Teil dieses Prozesses. Auf ihm werden | |
die Adressen einiger ehemaliger jüdischer Bewohner:innen sichtbar | |
gemacht. Vor einem roten Haus in der August-Bebel-Straße 10, in dem sich | |
heute ein Friseursalon befindet, bleibt die Gruppe im Halbkreis stehen. Vor | |
etwa 90 Jahren wohnte hier das Ehepaar Goldschmidt mit seinen Töchtern. Am | |
3. Februar 1943 wurde die Familie nach Auschwitz deportiert und dort | |
ermordet. | |
## Akribische Archivarbeit | |
Die Informationen hat Elliot Müller in akribischer Archivarbeit und auf | |
Grundlage der Arbeiten der Stadtchronistin Gertrud Poppe gesammelt. Ihre | |
Forschungsergebnisse werden an diesem Tag im Gemeindehaus der evangelischen | |
Kirche ausgestellt. Auch Gertrud Poppe selbst ist vor Ort. Hier ist auch | |
die „Transportliste“ zu sehen, die die Deportation der Familie Goldschmidt | |
zur Folge hatte. | |
Im Februar wird die Initiative einen ersten Antrag zur Verlegung von | |
Stolpersteinen stellen. Müller ist optimistisch, dass der Antrag von der | |
Gemeinde angenommen wird. Auch weil der Bürgermeister Carsten Bruch (CDU) | |
hinter der Idee steht. Aber: „Wir brauchen für die Verlegung der | |
Stolpersteine Geld“, appelliert Müller an die Spaziergänger:innen. | |
Zu dieser Gedenkfeier werden zwar noch keine Stolpersteine verlegt, dafür | |
aber weiße Blumensträuße und Teelichter, um der Opfer zu gedenken. | |
26 Jan 2025 | |
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## AUTOREN | |
Leonore Kogler | |
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