# taz.de -- Klage gegen Meloni: Italien verhindert Auslieferung von Folterer | |
> Trotz internationalem Haftbefehl entlässt die italienische Justiz einen | |
> libyschen Folterer. Regierungschefin Meloni versucht, den Konsequenzen zu | |
> entkommen. | |
Bild: Ministerpräsidentin Meloni äußert sich lieber auf Social Media als im … | |
Rom taz | Als Hasenfuß musste Italiens Ministerpräsidentin [1][Giorgia | |
Meloni] sich am Mittwoch von der Oppositionsführerin Elly Schlein schmähen | |
lassen: Die Regierungschefin kniff einfach bei der Parlamentsdebatte über | |
die Frage, warum Italien einen libyschen Folterer laufen ließ, statt ihn an | |
den [2][Internationalen Strafgerichtshof] (IStGH) zu überstellen. Und nicht | |
viel besser erging es den beiden Ministern, die Meloni zur Debatte | |
vorgeschickt hatte: Justizminister Carlo Nordio und Innenminister Matteo | |
Piantedosi. Sie mussten sich von den Oppositionsredner*innen mit | |
den beiden lügnerischen Bösewichtern aus der Pinocchio-Geschichte, mit der | |
Katze und dem Fuchs, vergleichen lassen. | |
Nordio und Piantedosi hatten zu erklären, warum Italien den Haftbefehl | |
gegen den libyschen General Osama Njeem Almasri, seines Zeichens Chef der | |
Kriminalpolizei und Kommandant des Flüchtlingslagers Mitiga, ignorierte, | |
obwohl der IGH ihm zahlreiche Morde und Folterungen vorwirft. Am 18. Januar | |
hatte der IGH den Haftbefehl ausgestellt, am gleichen Tag war der Libyer | |
von Deutschland aus mit dem Auto nach Turin gereist, wo er am 19. Januar in | |
Haft genommen wurde. | |
Doch schon zwei Tage später war Almasri wieder ein freier Mann, da das | |
Justizministerium in Rom es versäumte, den internationalen Haftbefehl zu | |
bestätigen, weshalb die Richter in Italien gezwungen waren, ihn wieder auf | |
freien Fuß zu setzen. Zunächst hatte Justizminister Nordio sich damit | |
herausgeredet, sein Haus habe den Haftbefehl gar nicht erhalten. Nicht er, | |
sondern die Justiz habe den Fall verbockt. | |
An diesem Punkt kam das römische Innenministerium ins Spiel. Kaum war der | |
Libyer raus aus dem Knast, wurde er mit einer Maschine des italienischen | |
Geheimdienstes nach Tripolis ausgeflogen. Dort empfingen ihn begeisterte | |
Gefolgsleute zu einem Freudenfest auf der Piste des Flughafens. | |
Innenminister Piantedosi teilte zu der Blitzaktion mit, er habe gar keine | |
andere Wahl gehabt, schließlich sei Almasri „hochgefährlich“ und habe | |
deshalb sofort aus Italien entfernt werden müssen. | |
## Klage gegen Meloni und verantwortliche Minister | |
So recht passte das nicht zusammen. Erst sorgte die italienische | |
Rechtsregierung mit der Untätigkeit des Justizministers dafür, dass Almasri | |
freikam – und der Innenminister grauste sich dann plötzlich vor dem | |
gefährlichen Mann. Für einen Rechtsanwalt war dies Anlass, gegen die beiden | |
Minister sowie Regierungschefin Meloni Klage einzureichen. Und der leitende | |
Staatsanwalt in Rom musste daraufhin ein Verfahren einleiten, das er – | |
streng nach Gesetz – sofort ans Ministertribunal überwies. | |
Erst jetzt meldete sich Meloni zu Wort, mit heftigen Ausfällen gegen die | |
italienische Justiz, in der voreingenommene Staatsanwälte „unglaubliche“ | |
Verfahren gegen sie auf den Weg bringen würden. Zeit hatte die | |
Regierungschefin allerdings nur für einen Social-Media-Post – den Weg ins | |
Parlament fand sie nicht. | |
Dort glänzte Justizminister Nordio am Mittwoch stattdessen mit einer neuen | |
Version der Geschichte und strafte seine alten Ausreden Lügen. Ja, er habe | |
den Haftbefehl des IGH durchaus gesehen, gab er nun zu – aber er habe | |
dennoch nicht dessen Vollstreckung absegnen können. „40 Seiten auf | |
Englisch“ hätten ihm da vorgelegen, machte er geltend, doch immerhin hatte | |
Nordio dann doch verstanden, dass der Haftbefehl „lückenhaft“ und | |
„widersprüchlich“ gewesen sei. Dabei obliegt den Staaten, die der | |
Konvention für den IGH beigetreten sind, gar nicht die inhaltliche Prüfung | |
der Haftbefehle, sondern nur deren Vollstreckung. | |
Die Wahrheit wurde deshalb nicht von den Ministern, sondern von den | |
Oppositionspolitiker*innen genannt: Italiens Regierung braucht | |
Almasri und das Regime in Libyen, um die Abfahrten der Migrant*innen von | |
Libyen aus unter Kontrolle zu halten, zur Not auch mit Haft, Folter und | |
Mord. Deshalb gab es die flotte Freilassung, samt von Italien spendiertem | |
Freiflug nach Hause. | |
6 Feb 2025 | |
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## AUTOREN | |
Michael Braun | |
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