# taz.de -- Missbräuchliche Geschlechtsänderung: Reine Provokation | |
> Die verurteilte Neonazifigur Sven Liebich hat ihren Personenstand ändern | |
> lassen. In den Frauenknast kommt Liebich deshalb nicht unbedingt. | |
Bild: Vorwurf Volksverhetzung: Neonazifigur Sven Liebich auf einer Demo in Chem… | |
Berlin taz | Die rechtsextremistische Provokationsfigur Sven Liebich hat | |
ihren Personenstand von männlich auf weiblich ändern lassen. Als neuen | |
Vornamen wählte Liebich Marla-Svenja. [1][Da Liebich möglicherweise bald | |
ins Gefängnis muss], stellen viele Medien die Frage, ob Liebich nun ins | |
Frauengefängnis müsste. Doch das ist unwahrscheinlich. Wer das Geschlecht | |
nur zu Provokationszwecken ändert, wird im Strafvollzug voraussichtlich | |
weiter als Mann behandelt. | |
Liebich ist seit Jahrzehnten in Halle rechtsextremistisch aktiv, leitete | |
eine Kameradschaft, meldete Demonstrationen an, hetzte in Blogs und betrieb | |
einen Onlineshop. Dort konnte man etwa einen Baseballschläger mit der | |
Aufschrift „Abschiebehelfer“ kaufen. Jetzt also will Liebich als Frau | |
behandelt werden. Beim zuständigen Standesamt im sächsischen Schkeuditz | |
ließ Liebich Ende vergangenen Jahres Personenstand und Vornamen ändern. | |
Während dafür früher zwei Sachverständigengutachten vorgelegt werden | |
mussten, genügt seit dem 1. November 2024 eine Erklärung gegenüber dem | |
Standesamt. So ist es im neuen Selbstbestimmungsgesetz der zerbrochenen | |
Ampelkoalition geregelt. Den Betroffenen sollen so entwürdigende Prozeduren | |
erspart bleiben. Schon 2008 wurde das Vorgängergesetz für verfassungswidrig | |
erklärt. | |
Der Name Marla-Svenja Liebich wird nicht nur bei Behörden geführt. Auch der | |
Wikipedia-Eintrag Liebichs lautet auf den neuen Vornamen. Laut Gesetz kann | |
Liebich frühestens in einem Jahr den Personenstand erneut ändern. Wohl kaum | |
jemand glaubt, dass Liebich das neue Gesetz nutzte, um endlich ein | |
Coming-out als Frau zu realisieren. Die [2][Mitteldeutsche Zeitung], die | |
zuerst über den Fall berichtete, traf Liebich mit Vollbart an, der gilt als | |
männliches Attribut. Noch 2023 warnte Liebich vor „Transfaschismus“ und | |
hatte zuvor queere Menschen als „Parasiten der Gesellschaft“ beschimpft. | |
## Keine Folge des Selbstbestimmungsgesetzes | |
Als brisant gilt, dass Liebich möglicherweise bald die erste Haftstrafe | |
verbüßen muss. Bisher war es immer bei Verfahrenseinstellungen, Geld- oder | |
Bewährungsstrafen geblieben. Doch das Landgericht Halle hat Liebich im | |
letzten Sommer wegen 18 Fällen von Volksverhetzung und anderen | |
Äußerungsdelikten zu einer achtzehnmonatigen Freiheitsstrafe ohne Bewährung | |
verurteilt. Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig; Liebich hat | |
Revision beim Oberlandesgericht Naumburg eingelegt, über die noch nicht | |
entschieden ist. Eine weitere Haftstrafe droht in Leipzig. Dort hat das | |
Amtsgericht Liebich zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten ohne | |
Bewährung verurteilt. Auf einer Coronademonstration hatte Liebich mit | |
anderen einen Fotografen angegriffen. Hier steht das Berufungsurteil des | |
Landgerichts Leipzig aus. | |
In beiden Fällen gilt: Die Änderung des Personenstands ändert nichts an der | |
strafrechtlichen Verantwortlichkeit. Sollten die Verurteilungen aber | |
bestehen bleiben, dann wäre die Frage, in welcher Vollzugsanstalt Liebich | |
die Strafen verbüßen muss. Diese Frage ist nicht neu und keine Folge des | |
Selbstbestimmungsgesetzes. Auch bisher gab es trans Personen im | |
Strafvollzug. Auch bisher gab es trans Frauen mit Penis, die im | |
Frauengefängnis einsitzen. Wie bisher handelt es sich jeweils um | |
Einzelfallentscheidungen. | |
Das Justizministerium in Sachsen-Anhalt betont, dass es weder einen | |
Automatismus gebe noch ein Wahlrecht. Bei Gesprächen vor Haftantritt werde | |
geprüft, ob eine „missbräuchliche“ Änderung des Personenstands vorliegt. | |
Für Aufsehen sorgte jüngst eine Umfrage der Zeitung Die Welt bei | |
Landesjustizministerien. Danach gab es in den letzten Jahren vier sexuell | |
motivierte Übergriffe durch zwei trans Frauen in Sachsen und Niedersachsen | |
auf weibliche Mitgefangene. | |
Auch wegen solcher Fälle wird die Justiz die Provokateursperson Liebich | |
wohl kaum in einem Frauengefängnis unterbringen. Liebich tat laut Bild | |
inzwischen kund, mit „strafbewehrten Unterlassungsansprüchen“ gegen alle | |
vorgehen zu wollen, die Liebich als Mann bezeichnen oder mit dem abgelegten | |
Vornamen ansprechen. Liebich kann sich dabei im Ansatz auf das | |
Selbstbestimmungsgesetz stützen, das ein ausdrückliches Offenbarungsverbot | |
eingeführt hat. Es gibt allerdings eine Ausnahmeklausel für Fälle des | |
„öffentlichen Interesses“. | |
17 Jan 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Urteil-wegen-rechtsextremer-Hetze/!6027665 | |
[2] https://www.mz.de/lokal/halle-saale/rechtsextremist-sven-liebich-frau-ident… | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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