# taz.de -- Marla-Svenja Liebich auf der Flucht: Liebesgrüße aus Moskau | |
> Der Neonazi Marla-Svenja Liebich soll nach eigenen Angaben nach Russland | |
> geflohen sein. Mit Assad und Marsalek wäre er in bester Gesellschaft. | |
Bild: Moskau, Russland: ein Zufluchtsort für Neonazis, Despoten und Betrüger | |
Sven Liebich ist eine rechtsextreme Rampensau. Für seinen neusten | |
aufmerksamkeitsökonomischen Trick lässt er sich gänzlich verschwinden – und | |
seine Social-Media-Follower raten, wohin er geflohen ist. | |
Bis Freitagabend sollte der 54-jährige Neonazi aus Halle eine Haftstrafe | |
antreten: 18 Monate wegen Volksverhetzung, übler Nachrede und Beleidigung. | |
Weil Liebich – bekanntermaßen queerfeindlich – im Januar sein Geschlecht | |
offiziell ändern ließ und inzwischen offiziell Marla-Svenja Liebich heißt, | |
soll er die Haftstrafe in der Justizvollzugsanstalt Chemnitz absitzen – in | |
einem Frauengefängnis. Er versprach eine Art Pressekonferenz vor dem | |
Haftantritt direkt vor dem Gefängnis. | |
Erschienen ist Liebich nicht, sondern untergetaucht. In einer | |
Telegram-Sprachnachricht an seine Fans sagte er, er könne an „dieser | |
schönen Zusammenkunft heute“ nicht teilnehmen, da er sich „in einem | |
Drittland“ befinde. Damit ist Liebich einer [1][von mehr als 500 | |
Rechtsextremen], die in Deutschland per Haftbefehl gesucht werden. Ist | |
Liebich, wie er in den sozialen Medien behauptet, nun in Moskau? Falls es | |
stimmen sollte, wird er schnell Gleichgesinnte finden. | |
Provokation gehört zu Liebichs Geschäftsmodell. Seit 2011 betreibt er | |
[2][einen Online-Gemischtwarenladen] für Hass und Hetze. Je provokanter der | |
Spruch, umso mehr Aufmerksamkeit bekommt er – und Geld. Die Motive reichen | |
von Putin-freundlich bis stramm antisemitisch. | |
Auch seine [3][offizielle Geschlechtsänderung] im Januar gilt als weitere | |
Provokation: Er will sich fortan mit Sonnenhut, Leopardenbluse und runder | |
Sonnenbrille als Dame inszenieren. Und forderte Schmerzensgeld, nachdem | |
Medien ihn missgendert hatten (eine Beschwerde hat der Presserat inzwischen | |
als unbegründet zurückgewiesen). | |
## Stilisierung als Opfer | |
Auch Liebichs Flucht vor der Justiz schlachtet er medial und | |
geschäftsmännisch aus. Er deutet an, in Russland zu sein, teilt | |
KI-generierte Memes von ihm in Moskau – darunter ein James-Bond-Plakat mit | |
dem Konterfei Liebichs, der Aufschrift „Liebesgrüße aus Moskau“ und dem | |
Hashtag #runningwoman. „Ein echter Vorteil: Schon als kleines Mädchen war | |
ich auf einer Schule mit erweitertem Russischunterricht“, schreibt er. | |
Gleichzeitig hätten die USA Interesse bekundet, ihm Asyl zu gewähren, | |
behauptet Liebich weiter. In seinem Webshop verkauft er eine Reihe neuer | |
Motive, inspiriert von seiner Flucht: Eines zeigt ihn vor der | |
Freiheitsstatue in New York. | |
Liebichs Plan geht auf: Medien von der Bild bis zum Spiegel greifen seine | |
Fluchtinszenierung auf, Rechtsextreme wie Martin Sellner und Tommy Frenck | |
feuern ihn an. Liebich selbst kommentiert sein Untertauchen im Stundentakt | |
auf Social Media, er genießt die Jagd, als sei er Protagonist des | |
Spielfilms „Catch Me If You Can“. Statt ins Gefängnis zu gehen, hat er | |
erneut für Aufruhr gesorgt und stilisiert sich als Verfolgter eines | |
Unrechtsregimes. | |
Ob Liebich wirklich in Russland ist – einem tatsächlichen Unrechtsregime –, | |
bleibt unklar. Er wäre in Moskau aber in bester Gesellschaft. Man stellt | |
sich eine WG des Grauens vor: Liebich zusammen mit den anderen Geflohenen | |
und Gesuchten der Welt, die in Putins Diktatur ein neues Zuhause gefunden | |
haben. | |
## In Gesellschaft mit Assad, Marsalek, Snowden? | |
Etwa Baschar al-Assad, der gestürzte Despot und Massenmörder Syriens. | |
[4][Oder Jan Marsalek], jener Wirecard-Manager, der mutmaßlich hinter einem | |
der größten Wirtschaftsskandale der Geschichte stand, jahrelang für den | |
russischen Geheimdienst spioniert und Kontakt zur berüchtigten Miliz der | |
Gruppe Wagner gepflegt haben soll. Vielleicht ist auch Edward Snowden | |
dabei, der NSA-Whistleblower, der die digitale Massenüberwachung der USA | |
enthüllte. Oder Karin Kneissl, die ehemalige, FPÖ-nahe Außenministerin aus | |
Österreich, die sich politisch verfolgt und beruflich „vernichtet“ fühlte | |
und deshalb 2023 nach Russland zog. | |
Man denkt auch an den Familienvater aus Texas, der diesen Frühling | |
ebenfalls nach Moskau mit seiner Frau und drei Töchtern zog, um „Wokeness“ | |
in den USA zu entkommen. Nun [5][wurde er an die Front geschickt], um gegen | |
die Ukraine zu kämpfen – ohne Kampferfahrung, ohne Russischkenntnisse. | |
Seine Frau mache sich große Sorgen, erzählte sie internationalen Medien. | |
Liebich, der seit Kriegsbeginn stolz mit Z-Symbolen posiert und russische | |
Propaganda auf Merchandise druckt, müsste wissen, worauf er sich einlässt, | |
sollte er sich tatsächlich in Russland befinden. | |
31 Aug 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Rechtsextreme-auf-freiem-Fuss/!6060521 | |
[2] /Volksverhetzende-Artikel-im-Onlineshop/!5851348 | |
[3] /Kritik-am-Selbstbestimmungsgesetz/!6106300 | |
[4] /Inside-Austria-Podcast-ueber-Wirecard/!5995974 | |
[5] https://www.watson.ch/international/russland/164297865-us-vater-muss-nach-f… | |
## AUTOREN | |
Nicholas Potter | |
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