| # taz.de -- Pressefreiheit in Belarus: Wahl zwischen Gefängnis und Exil | |
| > Autokrat Lukaschenko zeigt grenzenlosen Zynismus gegen Medien. Reporter | |
| > ohne Grenzen hat nun beim Internationalen Strafgerichtshof Klage | |
| > eingereicht. | |
| Bild: Findet sein Land demokratisch: Präsident Lukaschenko bei der Stimmabgabe | |
| Da sage mal jemand, der belarussische autokratische Dauerherrscher | |
| Alexander Lukaschenko könne nicht mit kritischen Journalist*innen | |
| umgehen. Eine Kostprobe davon gab er bei einer mehrstündigen | |
| Pressekonferenz am vergangenen Sonntag. Zu diesem Zeitpunkt durften seine | |
| bis dato säumigen Untertanen noch ihre Stimme bei der Präsidentenwahl | |
| abgeben, was sowieso egal war, [1][weil das Ergebnis, wie immer, schon | |
| vorher feststand]. Am Ende wurden es 86,82 Prozent. | |
| Die Frage eines BBC-Journalisten, ob Wahlen als demokratisch angesehen | |
| werden könnten, wenn [2][seine politischen Gegner*innen entweder im | |
| Gefängnis oder im Exil seien], parierte Lukaschenko wie folgt: Natürlich | |
| sei das demokratisch. Schließlich könne man zwischen Gefängnis oder Exil | |
| wählen. In Belarus werde niemand daran gehindert, sich zu äußern, aber das | |
| Gefängnis sei „für Leute, die ihren Mund zu weit aufreißen, um es deutlich | |
| auszudrücken, für diejenigen, die gegen das Gesetz verstoßen haben“, sagte | |
| Lukaschenko. | |
| Vor allem oppositionelle belarussische Journalist*innen dürften diese | |
| Äußerungen als grenzenlosen Zynismus und mit Grausen zur Kenntnis genommen | |
| haben. Denn auch sie sind von den massiven Repressionen betroffen, mit | |
| denen das Regime seit den Massenprotesten im Zuge der gefälschten | |
| Präsidentenwahlen von 2020 gegen unliebsame Stimmen vorgeht. Erinnert sei | |
| nur an den Fall von Roman Protassewitsch. | |
| Am 23. Mai 2021 hatte Lukaschenko eine Ryanair-Maschine mit dem damaligen | |
| Aktivisten und Blogger an Bord auf dem Weg nach Litauen zur Landung zwingen | |
| und Protassewitsch festnehmen lassen. Zwei Jahre später wurde er, | |
| mittlerweile erfolgreich vom Regime umgedreht, begnadigt. | |
| ## Bis zu 600 Journalist*innen geflüchtet | |
| Doch das ist eher die Ausnahme. Laut Angaben der | |
| US-Nichtregierungsorganisation Komitee zum Schutz von Journalist*innen | |
| (CPJ) sitzen derzeit in Belarus 31 Medienmacher*innen mehrjährige | |
| Haftstrafen ab. (Stand: 1. Dezember 2024). Vielfach lautet der Vorwurf auf | |
| „Extremismus“. Seit 2020 haben zwischen 500 und 600 Journalist*innen | |
| Belarus verlassen. 200 leben als Geflüchtete in Litauen, etwa 300 in Polen. | |
| Besonders in Litauen, aber auch in Lettland, wird die Luft für sie | |
| zusehends dünner, da die betreffenden Länder die Aufenthaltsbedingungen | |
| verschärfen. | |
| Was [3][die inhaftierten Journalisten betrifft], so entblödet sich das | |
| Regime nicht, sie auch jetzt noch zu demütigen. In den vergangenen Wochen | |
| strahlte der belarussische Staatssender ONT unter dem Titel „Freiheit des | |
| Wortes“ eine mehrteilige Dokumentation über drei Journalisten aus, die für | |
| Radio Freies Europa (RFI) gearbeitet hatten. Igor Karnei, Igor Losik und | |
| Andrei Kuznetschik wurden regelrecht vorgeführt. | |
| Am vergangenen Freitag reichte die Nichtregierungsorganisation Reporter | |
| ohne Grenzen (RSF) beim Internationalen Strafgerichtshof (ICC) Klage gegen | |
| Alexander Lukaschenko wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit ein. „Wir | |
| fordern Staatsanwalt Karim Khan auf, Ermittlungen einzuleiten und die | |
| Verantwortlichen vor Gericht zu stellen“, sagte Jeanne Cavelier, Leiterin | |
| der RSF-Abteilung für Osteuropa und Zentralasien. Zusammen mit dem | |
| unabhängigen belarussischen Journalistenverband (BAJ) hat RSF bislang 589 | |
| Fälle ungerechtfertigter Festnahmen von kritischen Medienschaffenden in | |
| Belarus dokumentiert. | |
| 27 Jan 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Barbara Oertel | |
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