# taz.de -- Mysterium um belarussische Aktivistin: Wo ist Anžalika Mieĺnikava? | |
> Die belarussische Oppositionelle Anžalika Mieĺnikava ist vor einigen | |
> Tagen spurlos aus Polen verschwunden. Jetzt wurde ihr Handy in Belarus | |
> geortet. | |
Bild: Anžalika Mieĺnikava 2024 im Europaparlament, bei einer Veranstaltung zu… | |
Wo ist Anžalika Mieĺnikava? Seit über einer Woche sind alle Verbindungen zu | |
der belarussischen Aktivistin abgebrochen. Jedoch ist das Mobiltelefon der | |
38-Jährigen, die zuletzt in der polnischen Hauptstadt Warschau lebte, jetzt | |
aufgetaucht – und zwar in Belarus. | |
Diese Nachricht postete [1][Pawel Latuschko] auf seinem Telegram-Kanal. Der | |
ehemalige belarussische Kulturminister und Diplomat ist für die Opposition | |
aktiv – als Mitglied des Koordinierungsrats, einer Art repräsentativen | |
Gremiums der Zivilgesellschaft im Exil. Laut Latuschko ist Mieĺnikavas | |
Handy „mit technischen Möglichkeiten“ geortet worden. Er habe die Polizei | |
in Warschau über das Verschwinden seiner Mitstreiterin informiert, es werde | |
aktiv nach ihr gesucht. | |
Mieĺnikava wurde in der belarussischen Kleinstadt Njaswisch geboren. Sie | |
schloss zwei Studien ab: an der Staatlichen Linguistik-Universität in | |
Moskau sowie an der Wirtschaftshochschule in Minsk. Zunächst arbeitete | |
Mieĺnikava im Bereich Kommunikation und Übersetzung. Von 2011 bis 2018 war | |
sie Vize-Generaldirektorin von „Coca-Cola Beverages Belarus“. | |
Sie und ihr Mann Andrei – ein ITler, von dem sie mittlerweile getrennt ist | |
– hätten in Belarus gut verdient. Man habe sich eine Wohnung gekauft, sogar | |
mehrere Familienurlaube im Jahr seien drin gewesen, erzählte Mieĺnikava der | |
belarussischen oppositionellen Zeitung Nascha Niwa im vergangenen Juli. | |
2018 ging sie, mit ihrer zweiten Tochter schwanger, in den | |
Mutterschaftsurlaub. | |
Für Politik interessierte sich Mieĺnikava zu diesem Zeitpunkt noch nicht. | |
Das änderte sich zwei Jahre später, als im Zuge der gefälschten | |
Präsidentenwahlen [2][zigtausende Belaruss*innen wochenlang gegen den | |
autoritären Machthaber Alexander Lukaschenko auf die Straße gingen]. | |
Mieĺnikava kehrte wegen einer Corona-Erkrankung aus Minsk in ihre | |
Heimatstadt zurück und schloss sich dort den Kundgebungen an. Wegen der | |
Beteiligung an einem Protestmarsch sowie an einer Radtour mit Fahnen wurden | |
zwei Geldstrafen fällig. | |
## Auch Mieĺnikavas Töchter sind verschwunden | |
Im September 2020 entschloss sich die Familie, Belarus zu verlassen. Nach | |
einem Zwischenstopp in der ukrainischen Hauptstadt Kyjiw ging es weiter | |
nach Warschau. Da Mieĺnikava polnische Wurzeln hat, erhielt sie relativ | |
schnell einen ständigen Aufenthaltstitel. Von der ostpolnischen Stadt | |
Białystok aus kümmerte sich Mieĺnikava um die Stiftung „Belarus-2020“, d… | |
mit anderen Organisationen für politische Flüchtlinge aus Belarus | |
Unterkünfte organisierte. Im Dezember 2022 gründete Mieĺnikava „Belarus | |
Liberty“. Die Stiftung ist für ihre engen Kontakte zu den | |
„[3][Cyber-Partisanen]“ bekannt, die wiederholt Hackerattacken gegen das | |
Lukaschenko-Regime verübt hat. Im Juli 2024 wurde Mieĺnikava zur Sprecherin | |
des Koordinationsrats gewählt. | |
Ihre Stellvertreterin Stanislawa Glinnik berichtete gegenüber Belsat, einem | |
polnischen TV-Sender für Zuschauer*innen in Belarus, dass sich | |
Mieĺnikava Anfang Februar zwei Wochen Urlaub genommen und sich dann krank | |
gemeldet habe. Mit Mieĺnikava sind auch ihre Töchter Anja (13) und Tanja | |
(7) verschwunden. | |
Am 31. März tauchte auf einem Telegram-Kanal, der mit den belarussischen | |
Sicherheitskräften in Verbindung gebracht wird, ein Foto der Vermissten | |
auf. Darunter stand: „Anžalika Mieĺnikava unterschreibt ein | |
Verhörprotokoll.“ Später fand das belarussische Nachrichtenportal Zerkalo | |
heraus, dass das Foto während eines Interviews mit Mieĺnikava am 19. Juli | |
2024 in Warschau aufgenommen worden war. Es bleibt mysteriös, und die Frage | |
bislang offen: Wo ist Anžalika Mieĺnikava? | |
1 Apr 2025 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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