# taz.de -- Union will Fusionsreaktor für Strom: Fantastisch, aber nutzlos | |
> Kernfusion könne im Strommix nicht mal zum Tragen kommen, wenn es | |
> technisch möglich wäre. Das sagen wissenschaftliche Berater des | |
> Bundestags. | |
Bild: Kommt der Strom bald aus dem Fusionsreaktor? Wohl eher nicht | |
Berlin taz | Die Kernfusion wird für die deutsche Stromversorgung in | |
Zukunft keine Rolle spielen. Zu diesem Ergebnis kommt das Büro für | |
Technikfolgen-Abschätzung im Deutschen Bundestag [1][in einer Studie]. | |
„Um die schwankende Einspeisung von Solar- und Windstrom auszugleichen, | |
sind schnell regelbare Kraftwerke mit niedrigen Investitionskosten nötig“, | |
heißt es darin. Selbst wenn Fusionskraftwerke ab Mitte des Jahrhunderts in | |
großem Maßstab zur Verfügung stünden, könnten sie diese Aufgabe absehbar | |
nicht erfüllen. | |
Die Union hatte im November [2][eine „Neue Energie-Agenda für Deutschland“ | |
vorgelegt]. In Deutschland müsse „der erste an das Netz angeschlossene | |
Fusionsreaktor der Welt“ entstehen, heißt es darin. | |
Zudem finden sich lauter alte Forderungen der Konservativen: Die Union will | |
die EEG-Umlage abschaffen, eine „fachliche Bestandsaufnahme“ zur erneuten | |
Nutzung der abgeschalteten Atomkraftwerke durchführen, die Beheizung der | |
Häuser wieder „technologieoffen“ gestalten (also weg von der Wärmepumpe) … | |
und mehr Geld in die Erforschung der Kernfusion stecken. | |
## Zu unflexibel für das erneuerbare Stromsystem | |
Seit den 1950er Jahren wird die Kernfusion erforscht, also jenes | |
[3][Prinzip zur Energiegewinnung, das der Sonne nachempfunden ist]. | |
Atomkerne von Wasserstoff und Helium verschmelzen und geben dabei ungeheure | |
Mengen von Energie ab. Das Potenzial ist fantastisch: 1 Gramm Wasserstoff | |
gibt etwa dieselbe Menge Energie frei wie die Verbrennung von 8 Tonnen | |
Erdöl. Oder 11 Tonnen Kohle. | |
In Deutschland gibt es Forschungsstandorte etwa in Greifswald und München. | |
Tatsächlich soll ein erster Versuchsreaktor ab kommendem Jahr in Frankreich | |
aufgebaut werden. In Betrieb gehen wird dieser aber frühestens nach 2034. | |
Der praktische Nutzen für die Stromversorgung hält sich aber laut dem Büro | |
für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag in Grenzen. Das Büro | |
ist eine selbstständige wissenschaftliche Einrichtung, die parteiunabhängig | |
den Deutschen Bundestag und seine Ausschüsse in Fragen des | |
wissenschaftlich-technischen Wandels berät. | |
Die Argumentation zur Kernfusion: Fusionskraftwerke seien im künftigen | |
Energiesystem Deutschlands zu unflexibel, um damit die Erzeugung jederzeit | |
der Nachfrage anzupassen, schreiben die Forscher. „Zum anderen braucht es | |
Reservekapazitäten zur Überbrückung von gelegentlich auftretenden Perioden | |
mit geringem Dargebot an Sonne und Wind (Dunkelflauten von einigen Tagen).“ | |
Dafür seien Fusionskraftwerke, die nur manchmal laufen, schlichtweg zu | |
teuer. | |
Nach Daten der Bundesnetzagentur ist die installierte Kapazität an | |
Erneuerbaren Energien im vergangenen Jahr in Deutschland auf knapp 190 | |
Gigawatt (GW) gestiegen. Im Vergleich zum Vorjahr entsprach das einem Plus | |
von zwölf Prozent. Damit ist der volatile Grünstrom mit mehr als 50 Prozent | |
Basis der deutschen Stromversorgung. „Ein Bedarf an Kraftwerken, die über | |
das gesamte Jahr konstant Strom einspeisen, besteht in einem solchen | |
Stromsystem nicht“, schreiben die Autoren. | |
10 Jan 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://www.tab-beim-bundestag.de/news-2025-01-kernfusion-fortschritte-und-… | |
[2] /Energieplaene-der-Union/!6045460 | |
[3] /Experte-zu-Durchbruch-bei-Kernfusion/!5902887 | |
## AUTOREN | |
Nick Reimer | |
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