# taz.de -- Klagen gegen Correctiv-Recherche: Rechtsstreits zum Rechtsextremen-… | |
> Wer behauptet, beim Potsdamer Treffen sei es um die „Ausweisung“ von | |
> Deutschen gegangen, wird verklagt. Das bedeutet nicht, dass es harmlos | |
> war. | |
Bild: Potsdamer Geheimtreffpunkt von Rechtsextremisten: Das Landhaus Adlon | |
Die [1][Correctiv-Enthüllung] über das Potsdamer Geheimtreffen von | |
Rechtsextremisten beschäftigt [2][immer wieder die Gerichte]. Inzwischen | |
greifen Teilnehmer der Veranstaltung auch die zentrale Correctiv-Aussage | |
an, bei dem Treffen sei über einen „‚Masterplan‘ zur Ausweisung von | |
deutschen Staatsbürgern“ diskutiert worden. | |
Der [3][Correctiv]-Bericht hat deshalb so große Wirkung erzielt, weil die | |
enthüllten Remigrations-Pläne auch Deutsche mit Migrationshintergrund | |
betrafen. Der eingeladene österreichische Rechtsextremist Martin Sellner | |
wolle die Ansiedlung von Ausländern „rückabwickeln“, hieß es, und dabei | |
gehe es ihm auch um „nicht assimilierte Staatsbürger“. | |
Dass deutsche Staatsbürger im rechtlichen Sinne „ausgewiesen“ werden | |
sollen, dass ihnen also das Aufenthaltsrecht in Deutschland genommen werden | |
soll, das steht freilich nur am Ende des Correctiv-Artikels in der | |
Zusammenfassung. Dort ist die Rede von einem „‚Masterplan‘ zur Ausweisung | |
deutscher Staatsbürger“, obwohl Sellner laut Correctiv-Artikel nur | |
erklärte, man müsse einen „hohen Anpassungsdruck“ auf die Menschen ausüb… | |
zum Beispiel über „maßgeschneiderte Gesetze“. Was das genau heißen soll, | |
ist unklar. | |
Correctiv selbst erklärte schon im Februar 2024 in einem Gerichtsverfahren, | |
dass auf dem Potsdamer Treffen nicht über Ausweisungen von Deutschen | |
gesprochen worden sei. „Im Gegenteil: Die deutsche Staatsbürgerschaft hat | |
Sellner ausdrücklich als juristische Sperre für eine Ausweisung anerkannt“, | |
heißt es im Schriftsatz des Correctiv-Anwalts, „dementsprechend entwickelte | |
sich unter den Teilnehmern auch keine Diskussion darüber.“ | |
## Randständige Details und Kernaussagen | |
Rechtsanwalt Carsten Brennecke, der einige Teilnehmer des Potsdamer | |
Treffens vertritt, klagte gegen Correctiv zunächst aber nicht auf | |
Unterlassung der Masterplan-Äußerung. Er sah wohl wenig Chancen vor | |
Gericht, weil die Rechtsprechung ungenaue und unvollständige Formulierungen | |
in Überschriften und Zusammenfassungen meist akzeptiert, wenn der | |
dazugehörige Artikel korrekt berichtet. Die ungenauen Formulierungen gelten | |
dann nicht als Tatsachenbehauptung, sondern als Meinungsäußerung. | |
Anfangs klagte Brennecke deshalb nur wegen randständiger Details, etwa zu | |
Wahlrechtsfragen. Teilweise gewann er, teilweise verlor er. Correctiv | |
betonte, die Kernaussagen des Berichts seien unbeanstandet geblieben. | |
Später verklagte Brennecke Medien wie NDR und ZDF, wenn diese von Plänen | |
einer „Ausweisung“ oder gar „Deportation“ deutscher Staatsbürger schri… | |
Das Landgericht Hamburg untersagte diese Formulierungen, weil sie falsch | |
sind. | |
Im Dezember 2024 ging es vor Gericht erstmals um die Kernaussagen des | |
Correctiv-Berichts. Die AfD-Abgeordnete Beatrix von Storch hatte sie als | |
„dreckige Correctiv-Lüge“ bezeichnet. Das Landgericht Berlin II hielt dies | |
für eine zulässige Meinungsäußerung, weil der Correctiv-Bericht zumindest | |
einen falschen Eindruck erweckt habe. | |
## Gefahr einer Klage | |
In zwei der taz vorliegenden Klagen wagt Brennecke nun doch noch den | |
Versuch, Correctiv auch die Formulierung verbieten zu lassen, in Potsdam | |
sei es um einen „‚Masterplan‘ zur Ausweisung deutscher Staatsbürger“ | |
gegangen. Dass dies keine bloße Meinungsäußerung von Correctiv war, ergebe | |
sich aus den zahlreichen Übernahmen von Medien, die darin eine Tatsache | |
sahen, so die Klage. | |
Unabhängig davon, wie dieser Prozess ausgeht: Wichtig ist, dass Medien im | |
Zusammenhang mit dem Potsdamer Treffen nicht von „Ausweisung“, | |
„Deportation“ oder „Ausbürgerung“ deutscher Staatsbürger sprechen. So… | |
besteht die große Gefahr, dass sie erfolgreich verklagt werden. | |
Zulässig wäre aber wohl die Formulierung, dass es in Potsdam um eine Art | |
„Vertreibung“ nicht assimilierter Deutscher ging. Brenneckes juristische | |
Erfolge heißen also keineswegs, dass das Potsdamer Treffen harmlos war. | |
10 Jan 2025 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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