| # taz.de -- Regierungskrise in Österreich: Keine Koalition zwischen ÖVP und S… | |
| > Der Rücktritt von Kanzler Nehammer stürzt Österreich in eine | |
| > Regierungskrise. FPÖ-Chef Kickl könnte als Gewinner aus dem Chaos | |
| > hervorgehen. | |
| Bild: Tritt nach dem Scheiter der Verhandlungen als Kanzler und ÖVP-Chef zurü… | |
| Wien taz | Turbulente Tage in Österreich: Als am Freitag bekannt wurde, | |
| dass [1][die liberalen Neos die Koalitionsgespräche verlassen], wollten die | |
| konservative ÖVP und die sozialdemokratische SPÖ erst noch | |
| weiterverhandeln. Immerhin hätten sie auch ohne Juniorpartner eine | |
| hauchdünne parlamentarische Mehrheit. | |
| Nach stundenlangen Verhandlungen platzte Samstagabend dann aber die Bombe: | |
| Bundeskanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer kündigte den Ausstieg seiner | |
| Partei sowie seinen Rücktritt an. „In wesentlichen Punkten ist mit der SPÖ | |
| keine Einigung möglich“, erklärte Nehammer in einem [2][Video auf X]. „Ich | |
| werde mich als Bundeskanzler und auch als Parteiobmann der Volkspartei | |
| zurückziehen und einen geordneten Übergang ermöglichen.“ | |
| Unmittelbar zuvor machte schon die SPÖ das Scheitern bekannt. „Die | |
| Sozialdemokratie hat nach dem gestrigen Ausstieg der Neos die Verhandlungen | |
| mit der ÖVP heute fortgesetzt. Diese Verhandlungen wurden von der ÖVP nun | |
| beendet“, sagte SPÖ-Vorsitzender Andreas Babler. Seitdem schieben sich | |
| beide Seiten gegenseitig die Schuld zu. Die jeweils andere Partei habe sich | |
| zu wenig kompromissbereit gezeigt. | |
| Zwar bedankte sich Babler ausdrücklich bei Nehammer, der sich durchaus um | |
| Kompromisse bemüht habe. „Am Ende hat sich in der ÖVP aber jener Flügel | |
| durchgesetzt, der von Anfang an mit der FPÖ geliebäugelt hat“, sagte | |
| Babler. Nehammer ließ die Hintergründe unausgesprochen und stellte sich | |
| keinen Fragen. Klar ist: Mit seinem Rücktritt, der schon in den kommenden | |
| Tagen erfolgen soll, hinterlässt Nehammer einen Scherbenhaufen, nicht nur | |
| in seiner Partei. | |
| ## Kommt jetzt doch die FPÖ in die Regierung? | |
| Das wahrscheinlichste Szenario ist nun tatsächlich eine Zusammenarbeit | |
| zwischen der konservativen ÖVP mit der rechtsradikalen FPÖ. Eine solche gab | |
| es zuletzt von 2017 bis 2019 unter Kanzler Sebastian Kurz, bevor sie | |
| krachend infolge des Ibiza-Skandals gescheitert ist. Bei der Parlamentswahl | |
| letzten September haben sich die Freiheitlichen von ebendiesem erholt und | |
| erreichten mit knapp 29 Prozent Platz eins. Dass mit der FPÖ eine dezidiert | |
| antieuropäische, russlandfreundliche und illiberale Partei an die Macht | |
| käme, wird bisher noch kaum diskutiert. | |
| Inhaltlich trennt ÖVP und FPÖ in vielen Politikfeldern nicht viel. Nun ist | |
| auch Nehammer weg, der eine Zusammenarbeit mit FPÖ-Parteichef Herbert Kickl | |
| ausgeschlossen hatte. Hinter den Kulissen machen einige Schwergewichte der | |
| ÖVP schon lange Druck. Auch jetzt forderte der Tiroler Landeshauptmann, | |
| Anton Mattle von der ÖVP, „rasche Handlungsfähigkeit der Bundespolitik“. | |
| Das lässt sich kaum anders denn als Aufforderung zu einer FPÖ-Koalition | |
| lesen. | |
| Wie es nun weitergeht, liegt nun unter anderem am Bundespräsidenten | |
| Alexander Van der Bellen. Er hatte im Herbst [3][die FPÖ übergangen] und | |
| entgegen der Usancen keinen Regierungsauftrag an sie als erstplatzierte | |
| Partei vergeben. Begründet hat er dieses Vorgehen jedoch schlüssig, nämlich | |
| damit, dass weder SPÖ noch ÖVP zu einer Koalition mit Kickl bereit waren. | |
| ## Gerüchte über Kurz als Nachfolger verbreiteten sich schnell | |
| Fraglich ist, ob Van der Bellen in der jetzigen Lage nicht doch einen | |
| Regierungsbildungsauftrag an Kickl vergibt. Prinzipiell bräuchte Kickl den | |
| aber gar nicht: Gemäß Bundesverfassung müssten sich FPÖ und ÖVP schlicht | |
| zusammenfinden und mit einer gemeinsamen Mehrheit zum Bundespräsidenten | |
| gehen. Dem bliebe realpolitisch aktuell nicht viel anderes übrig, als Kickl | |
| zum Kanzler zu machen. Denkbar wäre, neben Neuwahlen, bloß noch die Lösung | |
| einer Expertenregierung. Eine solche gilt aber als unwahrscheinlich. | |
| Rasch hatten sich am Samstag auch Gerüchte einer neuerlichen Übernahme der | |
| ÖVP durch deren einstige Lichtgestalt Sebastian Kurz verbreitet. In einem | |
| solchen Szenario hätte Kurz wohl auf Neuwahlen gedrängt, in der Hoffnung | |
| neuerlicher Höhenflüge. Die Gerüchte waren aber so schnell wieder vom | |
| Tisch, wie sie aufgekommen waren. Dass ausgerechnet er manchen als | |
| Wunsch-Nachfolge Nehammers galt, sagt einiges über die Verfasstheit der | |
| ÖVP. Kurz war es, der mit zahlreichen Skandalen, autoritären Anwandlungen | |
| und wenig Achtung vor demokratischen Institutionen einen Scherbenhaufen | |
| hinterlassen hat. | |
| Der Sonntag wird möglicherweise ein entscheidender Tag: Ab 10 Uhr tagen die | |
| ÖVP-Gremien. Am Nachmittag steht ein Gespräch Nehammers mit dem | |
| Bundespräsidenten an. Der wiederum dürfte sich im Lauf des Tages auch an | |
| die Öffentlichkeit wenden, wie es denn nun weitergehen soll. Ein Wort | |
| mitzureden wird dabei auch die FPÖ haben. Gut möglich, dass sie angesichts | |
| der aktuellen Turbulenzen auf Neuwahlen drängt. Dann dürfte sie [4][noch | |
| mehr Stimmen einfahren]: Aktuelle Umfragen bescheinigen ihr 35 Prozent und | |
| mehr. | |
| 5 Jan 2025 | |
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| [1] /Liberale-beenden-Gespraeche/!6060499 | |
| [2] https://x.com/karlnehammer/status/1875608844984094740 | |
| [3] /Regierungsbildung-in-Oesterreich/!6044724 | |
| [4] /Landtagswahl-in-Oesterreich/!6051133 | |
| ## AUTOREN | |
| Florian Bayer | |
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