| # taz.de -- Regierungsbildung in Österreich: Was mit Kickl droht | |
| > An der FPÖ von Herbert Kickl führt kaum noch ein Weg vorbei. Mit der | |
| > russlandfreundlichen Partei droht dem Land ein Umbau zum illiberalen | |
| > Staat. | |
| Bild: Griff nach dem Kanzleramt: Herbert Kickl im Präsidentenpalast in Wien | |
| Wien taz | 2024 war das Jahr der FPÖ: stärkste Kraft bei der EU-Wahl im | |
| Frühjahr, stärkste Kraft auch bei der Parlamentswahl im Herbst. Nach | |
| Jahrzehnten stellen die Blauen nun auch wieder den Vorsitzenden einer | |
| Landesregierung. Die FPÖ regiert mittlerweile in fünf von neun | |
| österreichischen Bundesländern mit. Bald könnte mit dem Burgenland, das am | |
| 19. Januar wählt, ein sechstes folgen. | |
| Seit seinem [1][Wahlsieg Ende September] kann sich FPÖ-Chef Herbert Kickl | |
| also zurücklehnen. Sowohl die konservative ÖVP als auch die | |
| sozialdemokratische SPÖ schlossen eine Zusammenarbeit mit ihm aus. Dass | |
| Kickl, der 2021 zum Bundesparteiobmann aufstieg, selbst ausgewechselt wird, | |
| war und ist undenkbar. Der strahlende Wahlsieger genießt Rückhalt in der | |
| eigenen Partei wie auch in der Wählerschaft. | |
| Doch der wichtigste Triumph steht noch aus, wenn er jetzt auch zum Greifen | |
| nah ist: das Kanzleramt. Droht Österreich damit eine autoritäre Wende? Wenn | |
| es nach der FPÖ geht, dann ja. Die Partei macht keinen Hehl daraus, | |
| Österreich zum illiberalen Staat nach dem Vorbild Ungarns umbauen zu | |
| wollen. Die FPÖ hat zwar keine absolute Mehrheit wie Ungarns Viktor Orbán. | |
| Wie schnell es auch ohne eine solche gehen kann, sah man aber 2015 in | |
| Polen. Dort begann die PiS damals, das Land zum illiberalen Staat | |
| umzubauen, etwa durch die Bekämpfung kritischer Medien. | |
| Kickl hat Ähnliches vor. Für Zeitungen soll es etwa eine neue | |
| Förderstruktur „unabhängig von ideologischen Festlegungen“ geben. Schon | |
| jetzt hat sich die FPÖ ihren eigenen Kosmos an eigenen oder parteinahen | |
| Medien aufgebaut, wie FPÖ TV. Sie sollen künftig wohl auch von den in | |
| Österreich üppigen Regierungsinseraten profitieren. Den | |
| öffentlich-rechtlichen Rundfunk ORF möchte die FPÖ zusammenstutzen. | |
| Geflüchtete sollen laut FPÖ-Wahlprogramm mittels „Pushbacks“ an der | |
| Einreise gehindert werden. Zudem soll das Asylrecht ausgesetzt werden, | |
| „solange Österreich überdurchschnittlich belastet ist“. Das wäre wohl | |
| verfassungs- und menschenrechtswidrig, weshalb Kickl zu „Notgesetzen“ | |
| greifen will. Außerdem sollen der Familiennachzug gestoppt sowie | |
| Asylzeiträume verkürzt werden. Bei „nachhaltiger Integrationsverweigerung“ | |
| soll Zugewanderten die österreichische Staatsbürgerschaft wieder entzogen | |
| werden. | |
| Den „politischen Islam“ will die Partei verbieten, den von ihr titulierten | |
| „Gender- und Woke-Wahnsinn“ ebenso. Die FPÖ fordert überdies eine | |
| „Meldestelle gegen politisierende Lehrer“, die „die gebotene Neutralität | |
| vermissen lassen“. Gemeint sind etwa Lehrpersonen, die „einseitig“ über … | |
| menschengemachten Klimawandel unterrichten. Aus dem „Green Deal“ der EU | |
| will sie aussteigen. | |
| ## Freundschaft mit Putin | |
| Auch in der EU würde die FPÖ für Wellen sorgen: Als einzige Partei | |
| Österreichs gibt sie sich offen russlandfreundlich. Schon 2016 hatte sie | |
| einen Freundschaftsvertrag mit Putins Partei abgeschlossen, den sie auch | |
| infolge des großflächigen Ukrainekriegs ab 2022 nicht aktiv beendete. Die | |
| FPÖ will unbedingt die Neutralität Österreichs beibehalten und diese | |
| russlandfreundlich auslegen. Sie fordert etwa ein Ende der [2][Sanktionen | |
| gegen Russland] und will im Europäischen Rat gegen Sanktionen stimmen. | |
| Ob sich all das umsetzen lassen wird, hängt in hohem Maße von den | |
| Entscheidungen der kommenden Stunden und Tage ab. Auch von der ÖVP, die als | |
| einzige Partei den Regierungspartner geben würde. Die bisherige | |
| FPÖ-Regierungsarbeit aus den Bundesländern zeigt, dass die ÖVP die FPÖ | |
| wenig einhegen konnte oder wollte. | |
| Die Konservativen gingen auch bei umstrittenen Vorhaben wie der Bezahlkarte | |
| für Asylwerber und Gender-Verboten mit. Gleiches könnte nun auf Bundesebene | |
| drohen. | |
| 5 Jan 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Florian Bayer | |
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