# taz.de -- Die Wahrheit: „Wonderful, Sista!“ | |
> Jens Spahn ist als CDU-Politiker erstmals Protagonist eines packenden | |
> New-Adult-Romans. Lesen Sie hier den finalen dritten Teil. | |
Bild: Nervös bis peinlich berührt: Jens Spahns romanesker Mutterbesuch in Ber… | |
Was bisher geschah: Ex-Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hätte | |
sich für das Berlinwochenende mit Mutter Ulla und Ehemann Daniel gern einen | |
ruhigeren Verlauf gewünscht (siehe Die Wahrheit vom 4. und 14. Januar). | |
Doch seine Mutti wusste ihn zu überraschen – mit ihrem schrägen Mutterwitz | |
genauso wie mit ihren Englischkenntnissen. Und dann war da noch diese | |
verschleierte Szene-Kellnerin. Für den Burka-Allergiker Spahn die reine | |
Zumutung. Erst recht, als seine Mutter fragte, was sie wohl drunter tragen | |
würde … | |
Kaum dass sich die Burka-Kellnerin nach einem kurzen Lüften ihres Gewands | |
wieder vollständig bedeckt hatte, war es Ulla, die begeistert ausrief: | |
„Wonderful, Sista. Thank you very much.“ Dann wanderte ihr Blick zum | |
Kuchenbüffet: „Could I please have a slice of that delicious blackberry | |
tart?“ Sie zeigte mit dem Finger drauf. „It looks simply divine.“ | |
Nachdem die Kellnerin in der Küche des „Hipstars“ geeilt war, um die | |
Bestellungen auszuführen, herrschte am Ecktisch der Spahns kurz Stille. | |
Dann konnte Daniel nicht mehr. Er brach in schallendes Gelächter aus. | |
„Ulla, das ist ja fantastisch. Woher kommt denn plötzlich dein perfektes | |
Englisch?“ Mutter Spahn strahlte. „Ach, das habe ich in den letzten Monaten | |
ein wenig aufgefrischt. Und ehrlich gesagt“, sie wandte sich ihrem Sohn zu, | |
„macht es mir einen Heidenspaß, so ein bisschen Eindruck zu schinden.“ | |
Jens verschränkte die Arme. „Ein bisschen Eindruck? Ich störe mich eher | |
daran, dass in Berliner Szene-Restaurants fast ausschließlich nur auf | |
Englisch bedient wird. Besonders skurril wird es, wenn ich mitbekomme, wie | |
sich Gast und Kellner auf Englisch unterhalten, beide aber einen fetten | |
deutschen Akzent erkennen lassen. Zwei Deutsche, die sich in der deutschen | |
Hauptstadt auf Englisch unterhalten – ist das cool und kosmopolitisch? Oder | |
nicht doch eher peinlich provinziell?“ | |
„Jaja, ich weiß,“ seine Mutter gähnte demonstrativ. „Ich habe deinen | |
‚peinlich provinziellen‘ Artikel zu dem Thema gelesen.“ Spahn schnaubte. | |
„Mich ärgert es nun mal, wenn in Teilen der deutschen Hauptstadt die | |
deutsche Sprache immer weiter ins Hintertreffen gerät.“ Ulla lachte | |
herzlich. „Ach, Jens, du bist so ein ernster Junge. Entspann dich doch mal. | |
Berlin ist so exciting, und ich will das in vollen Zügen genießen.“ | |
## Hundert Euro für den Stehgeiger | |
Der Rest des Cafébesuchs verlief in eher harmonischen Bahnen. Daniel | |
orderte einen zweiten Cappuccino und Ulla lobte den Kuchen. Nur als | |
plötzlich ein Stehgeiger ins Café kam, um den Gästen aufzuspielen, und Ulla | |
zu dessen Klängen eine Weile sehr ausdrucksstark durch den Gastraum tanzte, | |
gefror Jens’ Laune noch einmal sichtlich. Erst recht, als sie anschließend | |
drauf bestand, dass er dem Musiker einen Hunderter in den Hut legte. | |
Doch Jens gehorchte, wenn auch widerstrebend. Längst hatte er das Gefühl, | |
dass dieses Wochenende ganz anders werden würde. Und als sie am Abend zu | |
dritt in jener schicken Bar gelandet waren, wo Ulla, das volle Glas | |
Weißwein in der Hand, lauthals eine Schnurre nach der anderen zum Besten | |
gab – auf Englisch! –, war dieses Gefühl zur endgültigen Gewissheit | |
geworden. | |
Jens beobachtete die blamable Szene schweigend. Das war also seine Mutter: | |
lebenslustig, energiegeladen und in ihrem Element. Hatte er sie sein Leben | |
lang falsch eingeschätzt? In diesem Moment legte Daniel eine Hand auf Jens’ | |
Arm und flüsterte: „Sie hat recht, du solltest dich entspannen. Sie ist | |
hier, weil sie das Leben liebt. Und weil sie dich liebt – genau so, wie du | |
bist.“ | |
Jens’ Blick traf Daniels, und er spürte plötzlich eine tiefe Wärme, die ihn | |
durchflutete. Er hob sein Glas, nickte erst Daniel und dann seiner Mutter | |
zu. „Auf uns. Und auf dieses Wochenende, das besser wird, als ich je | |
erwartet hätte.“ Seine Mutter jubelte: „Cheers, guys. Cheers!“ | |
Jens leerte sein Glas in einem Zug und lehnte sich dann zum ersten Mal an | |
diesem Tag zurück. Ja, dachte er, es ist alles perfekt. Und nicht mal die | |
hellblaue Burka mit dem engmaschigen Augennetz, die sich seine Mutter am | |
Nachmittag bei diesem Neuköllner Damenausstatter gekauft hatte und seitdem | |
mit koketter Anmut trug, würde daran etwas ändern. | |
(Wird nicht fortgesetzt) | |
21 Jan 2025 | |
## AUTOREN | |
Fritz Tietz | |
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