# taz.de -- Die Wahrheit: Die Beinharte aus Beinhorn | |
> Ein spontaner Hausbesuch bei der faszinierenden obersten Europäerin | |
> Ursula von der Leyen kurz vor der Europawahl – mit einem Wolf im Bus. | |
Bild: Blumen für die Besucher gibt es nicht – jedenfalls nicht bei der ruppi… | |
Eine halbe Stunde braucht der Bus von der Straßenbahn in Altwarmbüchen nach | |
Beinhorn, Ortsteil von Burgdorf (Niederdeutsch Bortörp) in der Region | |
Hannover. Hier ist Ursula von der Leyen, 65, zu Hause. Eine Klinkervilla | |
mit einigen robusten Außen- und nicht ganz so stabilen Innenwänden, einem | |
Obergeschoss, etlichen Zimmern, einem Ziegeldach, Türen auch, durch die man | |
ins Haus hineingehen, und Fenstern, aus denen man herausschauen kann. Sie | |
nennen sie „Tundrinsheide“ – also die Villa. | |
Die Hausherrin indes wird schon mal Gertrud genannt (Niederdeutsch | |
Röschen). Das aber nur im claninternen Chat. Ihr Spitzname eben. So wie sie | |
in anderen Familien „Digga“ oder „altes Tränentier“ zur Mutti sagen, je | |
nach dem. Sie mit Kosenamen ansprechen, darf nur ihr Gatte, Herr von der | |
Leyen (Niederdeutsch Heiko Echter von der Leyen). | |
Ob dessen Kosungen aber nun „O Gebenedeite“, „Liebstallerseligste“ oder | |
eher so was wie „Du raffiniertes Luder, du“ lauten, muss zunächst offen | |
bleiben. „Die durchtriebenste Oligarchin Europas“ (Hannöversche Rundschau) | |
will das bis zum 9. Juni 2024 unter Verschluss halten. Und die Schmusenamen | |
ihres Mannes danach nur verraten, „wenn ich wieder EU-Präsidentin werde“. | |
Gatte Heiko, er wird am 2. Juni auch schon 69 Jahre alt, hat bereits | |
angekündigt, seine Uschi deshalb dieses Mal nicht zu wählen, wie er lachend | |
behauptet. Dabei kann er sie ja gar nicht direkt wählen, sie tritt | |
namentlich überhaupt nicht an zur Wahl des Europaparlaments. | |
Und dann ist da noch das Pony Dolly. Das hat vor zwei Jahren der Wolf | |
GW950m (Niederdeutsch Isegrimm) gerissen. Sie fanden es morgens tot auf | |
seiner Koppel. Dort hatte es mit einem anderen Pony gestanden, das GW950m | |
verschonte. „Die ganze Familie ist fürchterlich mitgenommen“, hatte Ursula | |
von der Leyen damals mitteilen lassen … nein, nicht wegen des überlebenden | |
Ponys. | |
## Zerfleischtes Pony | |
Dolly wurde 30 Jahre alt und GW950m zum Abschuss freigegeben, was später | |
ein Gericht untersagte. Weshalb der Wolfsrüde heute noch quicklebendig sein | |
und, nun ja, zumindest theoretisch den Bus nach Beinhorn nehmen könnte, um | |
gelegentlich auch das andere Pony zu zerfleischen. | |
Allerdings sind Wölfe wohl von der Beförderungspflicht in öffentlichen | |
Verkehrsmitteln ausgenommen, zumindest in Niedersachsen, dessen | |
Ministerpräsident Ursula von der Leyens Vater Ernst Albrecht (Kosename | |
Percy) in einer, glaubt man dem Magazin Cicero, und seiner Prosa, ganz, | |
ganz schlimmen Zeit war: „Auf den jährlichen Familienfesten wird Charade | |
gespielt und Quadrille getanzt, es werden Polonaisen durch | |
lampiongeschmückte Staudengärten veranstaltet und Bocciarunden auf dem | |
Krokettrasen. Zu jedem Fest führen die Kinder Theaterstücke auf, die von | |
ihrer Mutter geschrieben wurden.“ | |
Genauso wie Isegrimm nimmt aber Albrechts Tochter heute gar nicht den Bus. | |
Sie ist auch momentan überhaupt nicht daheim im heimeligen Beinhorn, | |
sondern in ihrem vergleichsweise garstigen Büro im 13. Stock des | |
Berlaymont-Gebäudes in Brüssel. Dort wollen wir sie besuchen. Müssen | |
allerdings zunächst mal leider draußen bleiben, bis Kollegin Tanja May von | |
der Bild mit ihren Fragen an Frau Präsidentin durch ist; die meisten davon | |
übrigens, wie wir durch die geschlossene Tür hören können, exakt identisch | |
mit unseren: | |
„Von welchem Terroristen wären Sie in London, wo Sie Ende der | |
Siebzigerjahre studierten und aus Sorge vor der RAF den Fake-Namen Rose | |
Ladson annahmen, am liebsten entführt worden?“ Antwort: „Ganz klar: | |
Christian Klar. Den fand ich immer am inspirierendsten von den | |
Terrortypen.“ Oder: „Die zigtausend Klicks für ein Verbrennerverbot neulich | |
auf der Website der CDU – die stammten doch von Ihnen, oder?“ Antwort: „J… | |
warum?“ Oder: „Diese italienische Faschistin …?“ Antwort: „Ich würde… | |
mit dem toten Duce reden, wenn es mir nur irgendwie persönlich was nützte.“ | |
## Strafe mit Brennnesseln | |
Endlich sind wir dran. „Haben Sie sich vorher auch die Hände gewaschen?“, | |
schnauzt uns Frau Präsidentin an. Statt: „Hallo?! Wir stellen hier die | |
Fragen!“, sagen wir, „selbstverständlich, Frau Präsidentin, und danach | |
haben wir auch noch ohne Handschuhe einen Sack voll Brennnesseln | |
gepflückt“, worauf die kleine Frau mit der großen Klappe heiser aufstöhnt. | |
„Ach, Sie kennen die Geschichte, wie einmal meine Mutter – die bekanntlich | |
die Ehefrau meines Vaters war – meinen Bruder Harald zur Strafe ohne | |
Handschuhe Brennnesseln pflücken ließ?“ Sie sagt übrigens: | |
„Brrrrrrrrrrennnesseln“, und ergänzt dann ungebeten, was wir, wie die | |
Brennnessel-Story, bereits 2013 im Cicero gelesen hatten: „Fernsehen | |
durften wir Kinder damals kaum. Micky Maus lesen auch nicht.“ | |
„Ist Micky Maus die Liebe Ihres Lebens?“, wollen wir dann von Ursula von | |
der Leyen erfahren, wohl wissend, dass ihr diese Frage ganz ähnlich („Ist | |
Ihr Mann die Liebe Ihres Lebens?“) zuvor schon Unterhaltungschefin May | |
gestellt hatte. Und kriegen prompt was zu hören: „Ich habe keinen Bock, | |
hier dauernd so einen Scheiß gefragt zu werden“, röhrt die EU-Präsidentin. | |
„Nächste Frage!“ | |
„Ihre Familie ist weit weg von Brüssel. Fühlen Sie sich manchmal einsam?“ | |
So einen Scheiß fragen wir die Spitzenfrau der CDU dann lieber nicht. Denn | |
auch das hatte zuvor schon die May von ihr wissen wollen. Statt einen | |
weiteren Anschiss zu riskieren, ziehen wir es vor, Röschens angebliche | |
Antwort einfach bei Bild abzuschreiben: „Einsam fühle ich mich nicht. Ich | |
fühle mich sehr getragen durch meine Familie. Wir haben eine Chatgruppe | |
innerhalb der Familie. Wenn ich Sehnsucht habe, telefoniere ich viel mit | |
den Kindern, das geht in alle Himmelsrichtungen. Als ich im Alter meiner | |
Kinder war, musste man noch runter auf die Straße, in die Telefonzelle, und | |
musste zusehen, dass man genügend Pfennige hatte. Heutzutage greift man zum | |
Handy und kann kurz einen Gruß schicken.“ | |
Dann müssen wir auch schon los, um bis Redaktionsschluss eine freie | |
Telefonzelle zu finden. Wie immer bleibt die bange Frage, ob wir genügend | |
Pfennige eingesteckt haben. Oder ob wir am Ende doch noch zum Handy greifen | |
müssen, um diese Story rechtzeitig in alle Himmelsrichtungen zu kabeln. | |
31 May 2024 | |
## AUTOREN | |
Fritz Tietz | |
## TAGS | |
Ursula von der Leyen | |
Europäische Union | |
Hausbesuch | |
Social-Auswahl | |
Friedrich Merz | |
Bauern | |
Musik | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Die Wahrheit: Auf Hörnchenvisite bei Merz | |
Der Wahrheit-Hausbesuch: Alles über den großen CDU-Chef aus dem | |
sauerländischen Brilon, der beim Frühstück mit knallharten Fragen geröstet | |
wird. | |
Die Wahrheit: Bezahlkarte lacht, bis es kracht | |
Nach den Bauernprotesten: Ampelspitze einigt sich auf neuen Auszahlmodus | |
für die Landwirtschaft. Die schrunden Bauernpranken werden es danken. | |
Die Wahrheit: Tabuthema Tuba | |
Donnerstag ist Gedichtetag auf der Wahrheit. Heute darf sich die geneigte | |
Leserschaft an einem Poem über das Instrument des Jahres erfreuen. |