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# taz.de -- Abhängigkeit von US-Unternehmen: Irlands Angst vor Trump
> Die Wirtschaft Irlands boomt dank US-Tech-Giganten. Doch die Politik des
> neuen US-Präsidenten könnte diesen Erfolg gefährden.
Bild: Trump-Fan beim Besuch des damaligen Präsidenten Trump in Irland 2019
Dublin taz | [1][Irland] ging es noch nie so gut. Die vom Finanzministerium
in Dublin veröffentlichten Zahlen zum Jahresende belegen, dass die
Steuereinnahmen im vergangenen Jahr um fast 23 Prozent auf einen Rekordwert
von 108 Milliarden Euro gestiegen sind. Dieser Anstieg hängt auch mit der
Überweisung von 11 Milliarden Euro von Apple zusammen, nachdem der
Europäische Gerichtshof im September entschieden hatte, dass der
iPhone-Hersteller dem irischen Staat Steuern und Zinsen schuldet.
Und das ist nur eine Einnahmequelle, die die Bilanz der Regierung
aufbessert. Auch die Einnahmen aus der Einkommenssteuer sind mit einem Plus
von fast 2 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahr kräftig gestiegen, was
sich wiederum in höheren Verbraucherausgaben niederschlägt und die
Mehrwertsteuereinnahmen um 1,3 Milliarden ansteigen ließ.
Das alles ist in Washington nicht unbemerkt geblieben. Der neue
US-Präsident, Donald Trump, hat im Wahlkampf damit gedroht, pauschale Zölle
auf alle Importe zu erheben, um die US-Handelsbilanz zu verbessern und die
heimische Produktion anzukurbeln. Irland wäre von einem solchen Schritt
stark betroffen, da es jedes Jahr Waren im Wert von 54 Milliarden Euro in
die USA exportiert, von denen zwei Drittel pharmazeutische Produkte sind,
die zum überwiegenden Teil von US-Unternehmen in Irland hergestellt werden.
## 14 Prozent der Arbeitsplätze
970 US-Unternehmen beschäftigen in Irland direkt 210.000 Menschen und
weitere 168.000 indirekt. Das sind fast 14 Prozent aller Arbeitsplätze.
Diese Unternehmen geben jährlich rund 41 Milliarden Euro in der irischen
Wirtschaft aus, wobei etwa 7 Milliarden Euro für die Löhne der Arbeitnehmer
verwendet werden.
Howard Lutnick, Trumps künftiger Handelsminister, hatte bereits im Oktober
moniert, dass „ausgerechnet Irland einen Handelsüberschuss auf unsere
Kosten“ erziele. „Wir stellen hier nichts mehr her“, sagte er, „selbst
tolle amerikanische Autos werden in Mexiko produziert. Wenn wir diesen
Unsinn beenden, wird Amerika wieder ein wirklich großartiges Land sein.“
Dass Lutnick Irland beim Namen nannte und den Handelsüberschuss und damit
auch den Haushaltsüberschuss mit gestohlenem US-Geld in Verbindung brachte,
verheißt nichts Gutes für die Grüne Insel.
Es ist aber nicht die einzige Bedrohung für Irlands Finanzen. 45 Prozent
der Pharma- und Arzneimittelexporte der Europäischen Union in die USA
entfallen auf Irland. Während der größte Teil der Forschungs- und
Entwicklungsarbeit an pharmazeutischen Projekten oder auch am iPhone in den
USA durchgeführt wird, haben die Unternehmen ihr geistiges Eigentum ab 2015
nach Irland verlagert, sodass sie ihre Steuern in Irland und nicht in den
USA zahlen. Eine Änderung der US-Körperschaftssteuer, die darauf abzielt,
geistiges Eigentum oder Patente zurückzuholen, könnte für Irland
problematischer sein als Zölle, sagt Robert Kelly von der irischen
Zentralbank.
## Anfällige Wirtschaft
Als Trump das letzte Mal an der Macht war, ist Irland glimpflich
davongekommen, was an der Inkompetenz der damaligen Regierung in Washington
lag. Sie führte den sogenannten Gilti-Steuersatz ein, um Einkünfte aus
geistigem Eigentum ins Visier zu nehmen, aber das hat nichts bewirkt.
Diesmal könnte es anders sein, wenn die Regierung mit kompetenten
Technokraten besetzt wird.
Irland ist aber auch ohne Trumps Drohungen anfällig. Eine Wirtschaft ist
instabil, wenn ein Viertel der Staatseinnahmen auf die Körperschaftssteuer
entfällt – und davon mehr als die Hälfte von zehn US-Unternehmen stammt.
Von denen ist Apple der größte Zahlmeister.
„Der Kern des Dilemmas besteht darin, dass wir im Lotto gewonnen haben,
ohne die Zahlen getippt zu haben“, sagt der politische Kommentator Fintan
O’Toole. „Das Ganze hat einen Hauch von Zufall. Wir haben es nicht mit
einer Situation zu tun, die der Staat durch sorgfältige Planung geschaffen
hat. Wenn überhaupt, dann ist das Gegenteil der Fall: Wir haben versucht,
den Jackpot nicht zu knacken.“
Der Staat wollte das Geld von Apple nicht annehmen, wurde aber vom
Europäischen Gerichtshof zu seinem Glück gezwungen. So konnten die
Regierungsparteien im Wahlkampf im November gleichzeitig Steuersenkungen,
Erhöhungen der laufenden Ausgaben und der Investitionsausgaben sowie große
Beiträge zu einem Staatsfonds für Regentage versprechen.
Ob sie den Geldsegen dafür verwenden, endlich das Wohnungsproblem und die
damit verbundene Obdachlosigkeit sowie den dysfunktionalen
Gesundheitsdienst anzugehen, bleibt abzuwarten. Schließlich handelt es sich
um dieselben Parteien, die das Land seit der Staatsgründung vor gut hundert
Jahren regieren und für die Misere verantwortlich sind.
20 Jan 2025
## LINKS
[1] /Irland/!t5008739
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
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