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# taz.de -- Politische Krise in Südkorea: Südkoreas Errungenschaften stehen a…
> Nach Präsident Yoon Suk Yeol wurde nun auch sein Vertreter Han Duck Soo
> vom Amt suspendiert. Das Machtvakuum in Seoul verschärft sich damit
> weiter.
Bild: Der abgesetzte Interimspräsident Han Duck-Soo verlässt am Freitag das R…
Seoul taz | Am Freitag ist in Südkorea ein Ausnahmefall eingetreten, der
den Gründern der Verfassung derart abwegig schien, dass sie dafür keine
eindeutige Lösung vorgeschrieben hatten: Erstmals in der Geschichte des
Landes wurde nämlich zusätzlich zum Präsidenten auch dessen
Interimspräsident des Amtes enthoben.
Und nur wenige Minuten vor der Abstimmung im südkoreanischen Parlament
stritten die verfeindeten politischen Lager noch hitzig über den modus
operandi: Reicht eine einfache Mehrheit für die Suspendierung von Han Duck
Soo? Oder benötigt die Amtsenthebung eine Zweidrittelmehrheit der insgesamt
300 Abgeordneten, wie es bereits bei [1][Yoon Suk Yeol] der Fall war?
Am Ende entschied sich der Sprecher der Nationalversammlung für die erstere
Variante. Und damit gab er den Oppositionspolitikern freie Hand, da sie
insgesamt 192 Sitze kontrollieren. Alle von ihnen stimmten am Ende für eine
Amtsenthebung von Han. Dieser akzeptierte die Entscheidung – immerhin.
Dennoch gilt die politische Zukunft des Landes mehr ungewisser denn je. Die
Nummer drei der Regierung, Vize-Premier und Finanzminister Choi Sang Mok,
muss nun übergangsweise die Staatsgeschäfte übernehmen. Dieser versprach
auch in einer ersten Stellungnahme an sein Volk, dass er die Sicherheit
Südkoreas gewährleisten werde. „Ich glaube, wir können die Krise
überwinden“, sagte Choi zudem.
## Staatskrise verschärft sich
Es fühlte sich jedoch so an, als grüße erneut das sprichwörtliche
Murmeltier: Denn vor nicht einmal zwei Wochen hielt sein Vorgänger Han Duck
Soo eine ganz ähnliche Rede. Doch seither hat sich Südkoreas Staatskrise
nur weiter verschärft.
In einer ersten Amtshandlung hat Choi Sang Mok bereits mit dem Generalstab
telefoniert, um die Alarmbereitschaft der südkoreanischen Truppen
sicherzustellen. Das schlimmstmögliche Szenario wäre nämlich, [2][dass
Nordkorea das Machtvakuum in Seoul für eine Militäroperation ausnutzen
könnte]. Wahrscheinlich ist dies nach wie vor nicht, doch mit jedem
weiteren Tag ohne handlungsfähige Regierung erhöhen sich die Anreize für
Machthaber Kim Jong Un.
Wirtschaftlich hat die Staatskrise bereits sehr reale Folgen. Der
Währungskurs des südkoreanischen Won ist auf den niedrigsten Stand seit
2009 gesunken. Das Geschäftsklima ist so schlecht wie zuletzt auf dem
Höhepunkt der Corona-Pandemie. Ausländische Unternehmer sind geschockt:
Südkorea, die einstige Vorbilddemokratie, geht zumindest vorerst im
politischen Chaos unter. Errungenschaften, für die Generationen an
Koreanern gekämpft haben, stehen nun auf dem Spiel.
„Korea steht an einem Scheideweg. Das Volk und die politische Führung
müssen sich nun entscheiden, welchen Weg sie einschlagen wollen: den Weg
der Rechenschaftspflicht, der Reformen und der Einheit – oder den Weg der
Spaltung, des Misstrauens und der Unruhen“, argumentiert Chun In Bum,
südkoreanischer General im Ruhestand, in einem Essay in der „Korea Times“:
„Die Welt schaut zu“. Doch was die internationale Staatengemeinschaft zu
sehen bekommt, dürfte an der Reputation Südkoreas empfindlich kratzen.
## Rücktritt wegen technischen Details
Ein Rückblick: Der Grund für die Amtsenthebung Han Duck Soos hängt vor
allem mit einem technischen Detail zusammen. Derzeit prüft das
Verfassungsgericht in einem finalen Prozess, ob der suspendierte Präsident
Yoon Suk Yeol endgültig seine Macht verliert – oder gar wieder zurück ins
Amt darf.
Für eine Amtsenthebung benötigt es in der derzeitigen Konstellation
sämtliche sechs Richterstimmen. Die Opposition pochte daher darauf, dass
Han die derzeit drei vakanten Richterstellen rasch nachbesetzt, um die
Chancen einer Amtsenthebung zu erhöhen. Han weigerte sich jedoch mit dem
Argument, die Nominierung würde seine Kompetenzen als Interimspräsident
überschreiten.
Viele Koreaner sind der ideologischen Grabenkämpfe leid. Doch um die Krise
zu überwinden, braucht es wohl mehr als Neuwahlen und einen Machtwechsel.
Denn ein ums andere Mal dürfte sich der Teufelskreis aus
Regierungsblockade, Amtsenthebung und Strafverfolgung wiederholen.
Unlängst argumentieren nicht wenige Politikwissenschaftler, dass man das
politische System Südkoreas ganz grundsätzlich reformieren müsse. Einige
ziehen dabei auch das deutsche Modell mit der Teilung von Bundestag und
Bundesrat als Inspiration in Betracht – angesichts der derzeitigen
Regierungskrise in Berlin mutet dies durchaus ironisch an.
27 Dec 2024
## LINKS
[1] /Regierungskrise-in-Suedkorea/!6051391
[2] /Nordkoreas-Soldaten-in-Russland/!6057945
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
## TAGS
Amtsenthebungsverfahren
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